Corona-Hilfen und Werbeaktionen
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Auf Einladung von Bundeslandwirtschaftsministerin Julia Klöckner kamen am 15. September Vertreter von Erzeugern, der Verarbeiter und des Lebensmittelhandels zusammen, um über die desolate Lage des Schlachtschweinemarkts zu beraten. Mit dabei waren die Agrarministerinnen von Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, wo zusammen rund 60 Prozent von Deutschlands Schweinen stehen.
Beim Ferkel fehlen 30 Euro
Die wirtschaftliche Lage der deutschen Schweinehalter sei aktuell prekär, teilt das BMEL mit. Niedrige Preise für Schweine und Ferkel, gestiegene Futtermittelkosten, ein kritischer Absatz und erhöhte Verbrauchererwartungen an Umwelt- und Tierschutz „stellen die Betriebe vor große Herausforderungen“, heißt es in der Mitteilung. In Baden-Württemberg bedeutet das konkret: Ferkelerzeuger bekommen für ein Ferkel noch knapp über 20 Euro und für ein Kilo Schweinefleisch 1,25 Euro. Die Erzeugungskosten liegen jedoch bei rund 50 Euro für Ferkel und bei 1,60 Euro je Kilo Schweinefleisch.
Als Gründe der rückläufigen Absatzzahlen nennt das BMEL unter anderem Exportbeschränkungen in viele Drittländer infolge der Afrikanischen Schweinepest (ASP), eine wetter- und Corona-bedingt schwache Grillsaison sowie ebenfalls Corona-bedingt geringere Absatzzahlen in der Gastronomie und bei Veranstaltungen. Marktbeobachter wie die Bonner Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) erwarten, dass die Erzeugerpreise für Schweinemäster und Ferkelerzeuger in diesem Jahr nicht mehr nennenswert steigen werden. Eine Entlastung an der Preisfront erwarten die Fachleute erst 2022.
Absatzförderung soll kommen
Julia Klöckner appellierte beim Branchengespräch Fleisch deshalb: „Alle in der Wertschöpfungskette müssen an einem Strang ziehen und gemeinsam Lösungen finden.“ Die Agrarpolitik habe nach ihren Angaben erreicht, dass trotz ASP der Handel mit vielen Drittländern wieder möglich sei. Zudem sei in Deutschland die Antragsfrist für die Corona-Überbrückungshilfen bis Ende Dezember verlängert worden.
Die Ministerin nimmt auch die EU in die Pflicht. Klöckner wörtlich: „Ich habe die europäische Kommission aufgefordert, kurzfristig Krisenmaßnahmen zu prüfen. Konkret geht es etwa darum, den Beihilfehöchstbetrag in Höhe von 20.000 Euro pro Betrieb, bezogen auf einen Zeitraum von drei Steuerjahren für nationale Fördermaßnahmen nach der sogenannten De-minimis-Regelung, deutlich anzuheben.“
Gleichzeitig will Klöckner Perspektiven schaffen für die tierhaltenden Betriebe. Das geht ihrer Meinung nach nur über den Umbau der Nutzierhaltung hin zu Tierwohlställen. Den Umbau des Systems habe sie eingeleitet. Vom Konzept bis zur Finanzierung liege dafür jetzt alles auf dem Tisch. „Denn ich will, dass die Betriebe auch in Zukunft hier in Deutschland wettbewerbsfähig erzeugen können“, sagte sie.
Kurzfristig soll eine Absatzförder-Initiative den deutschen Schweinefleischmarkt entlasten. Klöckner mahnte, dass dabei die Erzeugerpreise nicht noch mehr unter Druck kommen sollten. Außerdem regte sie eine Branchenkommunikation Fleisch an, wie es das Format bereits in der Milchbranche gebe.
Finanzämter haben Spielraum
In den Ländern könnten die Finanzämter den akut bedrohten Betrieben unter die Arme greifen, wie die Agrarministerinnen aus Niedersachsen und Nordrhein-Westfalen, Barbara Otte-Kinast und Ursula Heinen-Esser, bestätigten. Beispielsweise durch Stundung, Herabsetzung oder Erlass der Unternehmenssteuern. Wichtig sei, dass die Betriebsleiter umgehend den Kontakt zum Finanzamt suchten. Ausstiegsprämien für Schweinehalter wollten alle drei Agrarministerinnen nicht unterstützen. Das sei das falsche Signal an junge Hofnachfolger. Zudem sei der Nutzen begrenzt. Die wegfallenden Produktionsmengen würden umgehend durch Importe ersetzt.
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