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Gegen Kirschessigfliege und Käferlarven

Biologischer Schutz von Heidelbeeren

Im Verbundprojekt HOPE werden Formulierungen für den biologischen Pflanzenschutz von Heidelbeeren entwickelt. Das Projekt hat zwei große Ziele: die Entwicklung einer neuartigen, sprühbaren Virusformulierung gegen die Kirschessigfliege und die Entwicklung eines „Attract & Kill“-Verfahrens zur Bekämpfung von Käferlarven, die die Pflanzenwurzel schädigen.

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Heidelbeeren erleben einen regelrechten Boom: Die Anbaufläche in Deutschland ist in den vergangenen zehn Jahren von etwa 1400 Hektar auf über 3000 Hektar gewachsen. Seit einigen Jahren sind jedoch besonders viele Beerenkulturen durch das vermehrte und immer frühzeitigere ober- und unterirdische Auftreten von Schadinsekten bedroht. Viele Anbauer von Sonderkulturen sehen sich mit steigenden Bekämpfungsproblemen und hohen Verdienstausfällen konfrontiert. Denn Insektizide sind teils bereits verboten, und auch Endverbraucher und Handel wünschen rückstandsfreie Ware. Zudem erhöhen steigende Temperaturen und neue Schädlinge Ernteausfälle. Besonders mehrjährige Kulturen wie die Heidelbeere, die erst ab zehn Jahren stabile Erträge liefert, sind stark betroffen.

Nicht-chemische Schädlingsbekämpfung

Es gilt, neue Bekämpfungsstrategien zu entwickeln, um auf chemische Mittel weitestgehend verzichten zu können. Genau hier setzt das Projekt „Entwicklung holistischer Formulierungsverfahren für den biologischen Pflanzenschutz von Beerenobst“, kurz „HOPE“, an: Dessen Ziel ist, Heidelbeeren biologisch und rückstandsfrei vor Schädlingen zu schützen. An der Fachhochschule (FH) Bielefeld wird das Projekt von Prof. Dr. Patel durchgeführt. 

Ein Virus gegen die Kirschessigfliege

Oberirdisch schädigt besonders die Kirschessigfliege (Drosophila suzukii) die Heidelbeeren: Die Fliege legt ihre Eier in die reifen Früchte. Diese sind dann, gut vor chemischen Insektiziden geschützt, Brutstätte einer neuen Fliegengeneration. Die Beeren sind so für den Handel unbrauchbar. Bei der Bekämpfung der Kirschessigfliege setzen die Forscherinnen und Forscher auf ein spezielles Virus, das nur die Fliegen befällt, ansonsten aber ungefährlich ist, wie Désirée Jakobs-Schönwandt, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Professor Patel, erklärt: „Kürzlich wurden neue Virenstämme spezifisch gegen die Kirschessigfliege isoliert, die eine Kontrolle aussichtsreich erscheinen lassen.“

Jedoch büßen die Viren bereits nach kurzer Zeit ihre Wirksamkeit ein, wenn sie nicht in entsprechende Form gebracht werden. Fachleute sprechen hier vom Formulieren. Damit ist gemeint, dass die Wirkstoffe, in diesem Fall Viren, in eine anwendbare Form überführt werden und somit vor Umweltfaktoren und enzymatischem Abbau im Insekt geschützt sind. Außerdem ist es möglich, geeignete Polymere der Formulierungen so zu wählen, dass sich die Kapseln als Träger (Carrier) in bestimmten Bereichen des Insektes auflösen, beziehungsweise an verschiedene Zelltypen anhaften.

Zudem bedarf es noch eines angepassten Verfahrens, um die Viren auf die Pflanzen aufzubringen und die Wirkung im Darm des Insekts gewährleisten zu können. In diesem Fall ist geplant, ein Spray mit einer neuartigen Virusformulierung zu entwickeln. Auch dieser Entwicklungsschritt liegt bei der FH Bielefeld in Abstimmung mit den Praxispartnern. „Dabei möchte ich betonen, dass hier an der FH Bielefeld keine Anwendung an Pflanzen stattfindet. Wir entwickeln Formulierungen, also innovative Verpackungen“, ergänzt Prof. Patel.

Mit Pilzen gegen Dickmaulrüssler und Engerlinge

Auch im Boden droht den Heidelbeerpflanzen Unheil. Hier bringen die Larven des gefurchten Dickmaulrüsslers und weitere sogenannte „Engerlinge“ durch ihren Fraß an den Wurzeln ganze Heidelbeerreihen zum Absterben. Da Heidelbeersträucher erst nach zehn Jahren einen stabilen Ertrag liefern, ist der finanzielle Schaden hier mitunter immens. Zur Bekämpfung des gefurchten Dickmaulrüsslers und von Engerlingen im Boden sei eine maßgeschneiderte Attract-and-Kill-Strategie besonders erfolgsversprechend, meldet die Forschungsgruppe an der FH Bielefeld. Auch hier liegt der Fokus der Forschung auf einer neuartigen Formulierung. In diesem Fall kein Spray, sondern ein Granulat zur Applikation in den Boden.

Attract-and-Kill bedeutet so viel wie „Anlocken und Töten“. Die Larven werden bei diesem Verfahren im Boden durch die Freisetzung von CO2 aus der Kapsel angelockt und dann durch eine Kill-Komponente – in diesem Fall handelt es sich um einen für die Insekten tödlichen Nutzpilz – sicher abgetötet. Ein Aspekt bei der Entwicklung ist, den Nutzpilz möglichst kostengünstig zu kultivieren. Dazu sollen Rest- und Rohstoffe aus der Landwirtschaft genutzt werden. Des Weiteren besteht die Aufgabe, die Attract-and-Kill-Wirkung in den gegebenen Bodenbedingungen durch eine geeignete Zusammensetzung der Formulierung erfolgreich zu etablieren.

Erste Prototypen werden im Labor getestet

Sobald erste einsatzfähige Komponenten entwickelt wurden, werden sie im Labor, im Gewächshaus und auf geschützten Feldflächen getestet. Dazu sind Freilandversuche bei Projektpartnern geplant. Die Vorversuche im Gewächshaus werden vom Fraunhofer-Institut in Gießen übernommen. Es wurden bereits erste Prototyp-Formulierungen entwickelt, die im Labor auf Wirksamkeit und auf gewünschte Eigenschaften der Formulierung getestet werden. Dabei wird darauf geachtet, ob sich die Formulierungen beispielsweise beim gewünschtem pH-Wert auflösen oder wie lange sie unter simulierten Umweltbedingungen stabil sind. Diese neuartigen Formulierungen werden so konzipiert sein, dass sie auf diverse Arten von Nutzpflanzen übertragbar sind, sofern diese von denselben Schädlingen bedroht sind. Zudem sollen die Formulierungen an bestimmte Parameter anpassbar und somit flexibel in der Anwendung sein.

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