
Digitales Potenzial im Ländle heben
Nach fünfjähriger Forschungsarbeit präsentierte das Projekt DiWenkLa am 31. Januar 2025 an der Universität Hohenheim Ergebnisse zur Digitalisierung in der kleinstrukturierten Landwirtschaft. Praxiserfahrungen aus dem Ackerbau, vorgestellt von Rolf Weber (HfWU), zeigten das Potenzial moderner Technologien für kleinere Betriebe. Johannes Munz (HfWU) beleuchtete in seinem Vortrag die ökonomischen Aspekte digitaler Lösungen. Dr. Matthias Nachtmann von BASF rundete den Ackerbauteil mit Einblicken in das Projekt „Better Yield“ ab, das zeigt, wie Digitalisierung gleichzeitig Produktivität und Nachhaltigkeit steigern kann.
von Jonas Klein erschienen am 31.01.2025Die teilflächenspezifische Düngung zeigt vielversprechende Ergebnisse für eine nachhaltigere Landwirtschaft, wie Rolf Weber von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen (HfWU) auf der DiWenkLa-Ergebniskonferenz berichtete. In vierjährigen Praxisversuchen in Baden-Württemberg konnte durch die präzise, digitale Ausbringung von Düngemitteln der Ertrag in Ackerkulturen um durchschnittlich 5,6 Prozent gesteigert werden.
„Der Stickstoff wird dort ausgebracht, wo die Wachstumsbedingungen für die Pflanzen optimal sind“, erklärte Weber. Dies führt nicht nur zu besseren Erträgen, sondern reduziert auch den CO2-Fußabdruck um 5,1 Prozent, da das System effizienter arbeitet: Bei gleichem Input wird mehr Output erzielt.
Genaues Düngen mit Förderung
Allerdings stellt die Wirtschaftlichkeit besonders für kleinere Betriebe eine Herausforderung dar. Die erforderliche Technologie ist kostenintensiv, sodass sich die Investition nicht für jeden Betrieb rechnet. Das Land Baden-Württemberg reagiert darauf mit einer Förderung von 50 Euro pro Hektar für teilflächenspezifische Stickstoffdüngung im Rahmen des FAKT 2-Programms. „Diese Förderung ermöglicht es vielen Betrieben, kostendeckend zu arbeiten“, so Weber.
Weniger Wirkung bei guter Flächenkenntnis
Die Forschungsergebnisse zeigen jedoch auch: Die Effektivität der Technologie variiert stark zwischen den Betrieben. Während einige Landwirte Ertragssteigerungen von bis zu acht Prozent erzielen, fallen die Zugewinne bei anderen geringer aus. Besonders bei den in Baden-Württemberg typischen kleinen Betrieben, die ihre Flächen sehr gut kennen, ist der Mehrwert der digitalen Technologie nicht immer eindeutig sichtbar.
Weber betonte abschließend die Komplexität der Digitalisierung im Ackerbau: „Die Nutzung digitaler Technologien ist beratungsintensiver als gedacht. Nicht alles funktioniert auf Anhieb.“ Dennoch sieht er in der digitalen Transformation einen wichtigen Baustein für eine nachhaltigere Landwirtschaft - vorausgesetzt, die Rahmenbedingungen stimmen und die Förderung wird fortgesetzt, bis die Technologie so weit ausgereift ist, dass in jedem Fall merkliche Vorteile bei der Düngeeffizienz erzielt werden.
Wirtschaftlichkeit hängt an Betriebsfläche
Die ökonomische Bewertung digitaler Technologien in der Landwirtschaft zeigt eine deutliche Diskrepanz zwischen Potenzial und Realität, wie Johannes Munz von der HfWU auf der DiWenkLa-Ergebniskonferenz erläuterte. Während die Digitalisierung als Lösungsansatz für viele Probleme in der Landwirtschaft gesehen wird, sind die Adoptionsraten in Baden-Württemberg bislang gering.
Eine umfassende Analyse marktreifer Technologien - von Sensorsystemen bis zu automatischen Lenksystemen - ergab, dass die Betriebsgröße ein entscheidender Faktor für die Wirtschaftlichkeit ist. „Die teilflächenspezifische Düngung und automatische Lenksysteme kommen für Betriebe in Baden-Württemberg am ehesten in Frage“, erklärte Munz. Diese Technologien rechnen sich ab einer Betriebsgröße von 100 bis 150 Hektar. Für andere digitale Lösungen wie teilflächenspezifische Aussaat liegt die Rentabilitätsschwelle eher im Bereich von 250 bis 300 Hektar - deutlich mehr als die durchschnittliche Betriebsgröße von 60 Hektar in Baden-Württemberg.
Vorhandene Ausstattung zeigt Richtung
Am Beispiel des Landkreises Heilbronn demonstrierte Munz, dass die Wirtschaftlichkeit nicht nur von der Technologie selbst und der Flächenausstattung abhängt. Konkret ging es um die teilflächenspezifische Düngung und automatische Lenksysteme, wobei die Anschaffung einer automatischen Lenkung generell günstiger und der Einstieg damit einfacher ist. „Entscheidend für den Nutzen sind aber auch das Ertragsniveau, die Fruchtfolge und vor allem die bereits vorhandene technische Ausstattung“, erklärte der Fachmann. Ein Betrieb, der beispielsweise nur noch eine Freischaltung für ein automatisches Lenksystem benötigt, steht wirtschaftlich besser da als einer, der zum Beispiel komplett neu in eine teilflächenspezifische Düngung investieren muss.
Überraschend: Die Lernkosten, also der Zeitaufwand bis zum routinierten Umgang mit der Technologie, spielen für die Wirtschaftlichkeit eine untergeordnete Rolle. Munz sprach sich für gezielte Fördermaßnahmen statt pauschaler Unterstützung aus: „Eine 40 Prozent-Förderung mit der Gießkanne erreicht die wirklich benachteiligten Betriebe nicht.“ Als mögliche Lösung nannte er überbetriebliche Kooperationen, bei denen sich mehrere Betriebe die Technologie teilen oder Dienstleister nutzen, um das Investitionsrisiko zu minimieren.
Kosten und CO2-Fußabdruck mindern
Dr. Matthias Nachtmann von der BASF, Vorsitzender der Friends of Digital Farming, präsentierte Praxisergebnisse zur Produktivitätssteigerung durch digitale Technologien. Der 2019 von Teilnehmern der Agrar-Wertschöpfungskette gegründete Verein Friends of Digital arbeitet laut Nachtmann nach dem Ansatz: „Wir denken vom Ende her - vom effizienten Arbeitsprozess beim Landwirt“.
Anhand eines Praxisbeispiels aus Baden-Württemberg demonstrierte er das Potenzial der digitalen Transformation: Auf 125 Hektar Qualitätsweizen konnte durch variable Düngung und den Einsatz von Nitrifikationshemmern sowohl der CO2-Fußabdruck als auch die Produktionskosten reduziert werden. „Auf drei von vier Flächen konnten wir günstiger produzieren und gleichzeitig CO2 einsparen“, berichtete Nachtmann.
Allerdings zeigte sich auch die Bedeutung präziser Datengrundlagen: Eine der Testflächen wies deutlich schlechtere Ergebnisse auf, weil die Vergleichszonen für die Düngung nicht optimal platziert waren. Laut Nachtmann ist für die Applikation daher essenziell, dass die Daten für digitale Technologien im Ackerbau präzise, aktuell und plausibel sind, um solche Fehler zu vermeiden und die Einsparpotenziale nicht verpuffen zu lassen. Für die Zukunft sieht er die Notwendigkeit, Bewertungsmethoden und Inputdaten zu harmonisieren. Bei der Bewertung von CO2-Ausstößen ist die Harmonisierung eine häufige Forderung, da unterschiedliche Forschungsprojekte und Bundeslänger jeweils andere Rechengrundlagen und Modelle nutzen.
Datengrundlage kann Mehrerlös bringen
Die Herausforderung liegt nun darin, auch kleinere Betriebe in die digitale Transformation einzubinden. Baden-Württemberg könne es sich nicht leisten, als Lebensmittelimporteur Flächen aus der Nutzung zu nehmen und so die Landwirtschaft umweltschonender zu machen. „Die Frage ist nicht, ob wir digitalisieren, sondern wie wir auch kleinere Betriebe mitnehmen können“, so Nachtmann.
Nach seiner Aussage braucht es effiziente Modellierungsmethoden für Umweltvorteile durch moderne Technologien statt aufwändiger Messungen: In einem Versuch hätten die Kosten für die Auszählung von Lerchen auf einer Weizenfläche für lerchenfreundlich produziertes Brot den für den Weizen gebotenen höheren Preis direkt wieder aufgefressen. Mit moderner Modellierung lässt sich laut Nachtmann hier Geld in der Erfassung von Umweltleistungen durch digitale Landwirtschaft einsparen und es könnten mehr Zuschläge für besonders umweltfreundlich erzeugte Ware auf den Betrieben bleiben. Vielen verarbeitenden Betrieben und Händlern sind nach Aussage des Fachmanns durch Digitalisierung besonders umweltschonend hergestellte Erzeugnisse nämlich eine Prämie wert.
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