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Landesschafzuchtverband BW

Jetzt haben auch Schafe einen Wert

Was sich bei anderen Nutztierarten längst bewährt hat, wird jetzt auch bei Schafen eingeführt. Seit Juli diesen Jahres veröffentlichen die deutschen Schafzuchtverbände – darunter auch der Landesschafzuchtverband Baden-Württemberg – staatlich anerkannte Zuchtwerte für die wirtschaftlich bedeutenden Merkmale beim Schaf.

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Christian Schleich (l.) beurteilt bei der Frühjahrsauktion in Herrenberg die Wollqualität mit Florian Gimber
Christian Schleich (l.) beurteilt bei der Frühjahrsauktion in Herrenberg die Wollqualität mit Florian GimberWenzler
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Die Leistung eines Tieres hängt sowohl von der Umwelt ab, in der es gehalten wird (Fütterung, Pflege, Stall), als auch von seinem genetischen Potenzial. Um leistungsfähige Tiere zu züchten, muss man Eltern mit guten  genetischen Anlagen auswählen. Diese erkennt man, wenn man die Leistung der Tiere um die Umwelteinflüsse bereinigt. Als Ergebnis erhält man den Zuchtwert. Er stellt das Vermögen eines Tieres dar, seine Anlagen an die Nachkommen weiter zu geben. Um dem Zuchtwert eines Tieres möglichst nahe zu kommen, gibt es Schätzverfahren, die umso genauer sind, je mehr Informationen in die Schätzung einfließen.

Für Tiere aus Baden-Württemberg gehen in die Schätzung Leistungs- und Abstammungsdaten ab 1990 ein. Da die Verwandten aus fast allen deutschen Zuchtgebieten und die Umwelteinflüsse in dieses Schätzverfahren berücksichtigt sind, wird eine wesentlich höhere Genauigkeit erreicht, als mit den bisherigen Noten und Indices. Mit den Zuchtwerten lässt sich somit das genetische Leistungsvermögen der Lämmer aus einer Anpaarung „vorherschätzen“.

Gleitende Basis

Beispiel: Ein Bock hat einen Relativzuchtwert von 120 Punkten in der Bemuskelung. Das Mutterschaf hat einen Relativzuchtwert von 100 Punkten im gleichen Merkmal. Lämmer aus dieser Anpaarung haben einen Relativzuchtwert von (Bock+Mutter)/2 = 110 Punkten in diesem Merkmal. Wichtig: Diese Aussagen lassen sich immer für den Durchschnitt der Nachkommen aus dieser Anpaarung treffen – der Grund dafür ist die Zufallskombination der Gene.
Die Zuchtwerte stellen die Über- oder Unterlegenheit eines Tieres im Vergleich zur Population dar. Der Durchschnitt der Population ist die Vergleichsbasis. Sie wird derzeit aus den Tieren der Geburtsjahrgänge 2008 bis 2011 errechnet. Im nächsten Jahr werden hierfür die Jahrgänge 2009 bis 2012 herangezogen. So werden Veränderungen in der Leistung der Zuchtpopulation berücksichtigt. Steigt die Leistung der Population, so sinkt der Zuchtwert eines Bockes, denn seine genetische Überlegenheit gegenüber der Population nimmt ab. Somit spricht man von einer „gleitenden Basis“.
Für alle Merkmale sind Relativzuchtwerte angegeben, die auf einen Mittelwert von 100 Punkten umgerechnet sind. Gute Zuchtwerte liegen über 100, schlechte unter 100 Punkten. Ist ein Tier in einem Merkmal um eine Standardabweichung besser als der Mittelwert der Vergleichstiere, so hat es in diesem Merkmal einen Relativzuchtwert von 120. Entsprechendes gilt für einen Relativzuchtwert von 80. Innerhalb von zwei Standardabweichungen (Relativzuchtwerte von 80 bis 120) liegen 68,3 Prozent aller Tiere. Mit einem Zuchtwert zwischen 120 und 140 gehört ein Tier zu den besten 13,4 Prozent in seiner Population, Zuchtwerte von 140 bis 160 haben nur die 2,5 Prozent der besten Tiere.

Für acht Merkmale werden Relativzuchtwerte geschätzt. Die Abkürzung R steht für Reproduktion, die Anzahl geborener Lämmer pro Mutterschaf. Zum Exterieur (E) gehören drei Merkmale die bei Herdbuchaufnahme oder Körung erfasst werden: Wollqualität, Bemuskelung und äußere Erscheinung. F steht für Fleischleistung, die in den Betrieben erfasst wird. Zu ihr gehören drei Merkmale: Tägliche Zunahme, Ultraschall Fettdicke und Ultraschall Muskeldicke. Das letzte Merkmal M, Mütterlichkeit beziehungsweise Säugeleistung wird anhand des 42-Tagegewichts der Lämmer ermittelt. Es wird aber nur bei ausgewählten Rassen in Bayern erhoben.

Neue Daten in den Katalogen

Züchter und Käufer können die Zuchtwerte den Zuchtbescheinigungen, dem Arbeitsblatt aus dem Herdbuchprogramm und natürlich den Katalogen entnehmen. Hier ein Beispiel aus dem Katalog zur Auktion des Landesschafzuchtverbandes Baden-Württemberg am 6. September in Herrenberg.
Für den angebotenen Bock wurden folgende Zuchtwerte geschätzt: Z R - E-/-/-
F 107/103/97 M-. Dies bedeutet: Es liegen keine Zuchtwerte für die Reproduktion (R) und die Äußere Erscheinung (E) vor, welche die Mindestsicherheit überschreiten (R mindestens 10 Prozent, E mindestens 20 Prozent). Für die Fleischleistung (F) wurden folgende Werte geschätzt: Tägliche Zunahmen 107, Ultraschallmessung Fettdicke 103, Ultraschallmessung Muskeldicke 97. Für das Merkmal Mütterlichkeit (M) liegt kein Wert vor.
Für den Vater liegen folgende Zuchtwerte vor: Z R 105 E 97/109/115 F 105/114/99 M-.Dies bedeutet: Reproduktion (R) 105; Exterieur (E): Wolle 97; Bemuskelung 109; Äußere Erscheinung 115; Fleischleistung (F): Tägliche Zunahmen im Betrieb 105; Ultraschallmessung Fettdicke im Betrieb 114; Ultraschallmessung Muskeldicke im Betrieb 99.
Bei der Mutter wurden folgende Zuchtwerte festgestellt: Z R 105 E 117/108/104 F -/-/- M-. Reproduktion (R, Anzahl geborener Lämmer) 105, Exterieur (E): Wolle 117, Bemuskelung 108, Äußere Erscheinung 104. Für die Fleischleistung und die Mütterlichkeit sind keine Zuchtwerte ausgewiesen.

Auch Datenmenge hat Einfluss

Zuchtwerte werden nur veröffentlicht, wenn eine Eigenleistung in dem jeweiligen Merkmal vorliegt oder je nach Merkmal eine Mindestsicherheit in Höhe der Erblichkeit (0,10 bis 0,35) erreicht wurde. Die Sicherheit der Zuchtwertschätzung wird automatisch in den Zuchtwerten berücksichtigt – ein Zuchtwert ist also nur dann sehr gut oder sehr schlecht, wenn er aus einer größeren Menge von Daten geschätzt wurde.
Die Züchter finden die Zuchtwerte auch online bei jedem Tier im OviCap-Züchtermodul. Dort werden die Sicherheit der Zuchtwerte und die Anzahl der ihnen zugrunde liegenden Informationen ausgewiesen.

Zu beachten ist, dass die Ergebnisse aus der Mast- und Schlachtleistungsprüfung auf Station erst im nächsten Jahr in die Zuchtwerte einbezogen werden. Hierfür wird derzeit eine eigene Zuchtwertschätzung entwickelt. Der Teilindex aus der Halbgeschwisterprüfung des angebotenen Bockes (TI-HGS, im Katalog-Beispiel 124,0) sowie die beim Vater zu findenden Relativzuchtwerte für die täglichen Zunahmen, die Futterverwertung, die Bemuskelung und die Verfettung (im Katalog-Beispiel NMS 110/102/111/103) sollten also weiterhin beim Tierkauf beachtet werden.
Die Zuchtwerte werden mit einem Rechenmodell geschätzt, in welches auch die Beziehungen zwischen unterschiedlichen Merkmalen eingehen. So können zum Beispiel bei vorliegenden Zuchtwerten für die täglichen Zunahmen auch Zuchtwerte für die Muskel- und Fettdicke geschätzt werden, allerdings mit geringerer Genauigkeit.
Wie bisher steht am Anfang eines Bockkaufes die Überlegung, welche Stärken und welche Schwächen die eigene Herde hat. Aus der oft langen Liste gilt es dann einige wenige Merkmale auszuwählen, die wirtschaftlich wichtig und über die Zucht durch eine gute Erblichkeit beeinflussbar sind. Der neue Bock soll positive Eigenschaften in diesen Merkmalen mitbringen, sodass er den Herdendurchschnitt anheben kann.

Zuchtwerte für 23 Rassen

Die Kataloge vieler Bockauktionen werden vorab im Internet veröffentlicht. So kann man bereits Zuhause Böcke auswählen, deren Zuchtwerte und Stationsprüfungsergebnisse in den ausgewählten Merkmalen möglichst hoch sind und die nicht mit den eigenen Mutterschafen verwandt sind. Darunter findet sich bestimmt ein Bock, der auch in den weiteren Merkmalen zur eigenen Herde passt. Ein Blick auf die übrigen Daten des Bockes und seiner Vorfahren lohnt sich auch. Liegen für die gleichen Merkmale jedoch Zuchtwerte vor, haben diese mehr Aussagekraft.
Insgesamt werden für 23 Rassen Zuchtwerte geschätzt. Die Zuchtwerte können nur innerhalb der jeweiligen Rasse verglichen werden. In Baden-Württemberg sind es folgende: Alpines Steinschaf, Braunes Bergschaf, Coburger Fuchsschaf, Graue Gehörnte Heidschnucke, Krainer Steinschafe, Merinofleischschaf, Merinolandschaf, Ostfriesisches Milchschaf, Rauhwolliges Pommersches Landschaf, Schwarzköpfiges Fleischschaf, Skudde, Suffolk, Texel, Waldschaf, Weiße Hornlose Heidschnucke und Weißköpfiges Fleischschaf. Für andere Rassen stehen derzeit nicht genügend aussagefähige Daten zur Verfügung.

Im nächsten Jahr werden kombinierte Zuchtwerte aus der Stations- und der Feldprüfung eingeführt. Mit der Zuchtwertschätzung geht die Schafzucht einen großen Schritt weiter – weg von der eher ungenauen Zuchtauslese nach augenscheinlichen Merkmalen, hin zu einer Auswahl auf „festem Datenboden“, welcher das genetische Leistungsvermögen der Tiere wesentlich besser erkennen lässt. Es liegt an den Züchtern und den Käufern, die Zuchtwerte sinnvoll zu nutzen. Hierzu gehört auch, Besonderheiten den Vertretern des Landesschafzuchtverbandes zu melden.
Inzwischen arbeitet die Wissenschaft bereits am nächsten Schritt: genomische Selektion. Die Rinder- und Schweinezucht hat diese bereits eingeführt. Auch für die genomische Selektion sind Zuchtwerte notwendig.

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