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Weizenzüchtung bei verändertem Klima

Klimawandel frisst Züchtungsfortschritt

Heute stellen wir eine zunehmende Erwärmung der Atmosphäre fest. Als hauptsächliche Ursachen werden immer wieder das Ansteigen von Treibhausgasen und Luftverschmutzungen in der Atmosphäre genannt. Was kann die Weizenzüchtung unter den veränderten Bedingungen leisten?
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Mayer
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Der Weltklimarat (IPCC) hat in seinem Bericht 2007 die Temperaturveränderungen im Laufe der Klimageschichte in Abhängigkeit von der CO2-Konzentration in der Atmosphäre dargestellt (Abb. 1). Der nahezu parallele Verlauf der beiden Kurven verdeutlicht: hohe Lufttemperaturen fallen immer mit hohen CO2-Konzentrationen zusammen. Und das in einem Untersuchungszeitraum von knapp einer dreiviertel Millionen Jahren zurück, in einem Zeitrahmen, als der Mensch als Ursache ausscheidet.

CO2-Gehalt der Luft ist hoch und steigt weiter

Abbildung 1 bringt aber auch sehr deutlich zum Ausdruck, dass heute, im Jahr „0“ der Skala, der CO2-Gehalt mit knapp 400 ppm so hoch ist, wie noch nie! Wir Menschen können unser Zutun nicht mehr von uns weisen. Wenn aber in der Vergangenheit 280 bis 300 ppm zur Klimaerwärmung ausreichend waren, was erwartet uns bei 400 ppm CO2, mit immer noch steigender Tendenz? Die Projektionen sagen einen Temperaturanstieg bis zum Jahr 2100 von 2 bis nahe 10 °K voraus. Mit 2 °K könnte die Menschheit sich arrangieren und einrichten und es finden bis zu dieser Grenze keine Prozesse statt, die irreversibel sind, wurde erst kürzlich auf der Regionalkonferenz „Mittel- und norddeutsche Trockenregionen im Klimawandel – Herausforderung für die Landnutzung“ in Leipzig zum Ausdruck gebracht.
Ein weiterer Blick auf unsere Welt zeigt, dass noch im 18. Jahrhundert weniger als eine Milliarde Menschen auf unserer Erde lebten, in der Zwischenzeit sind es über 7 Milliarden. Und 80 Millionen Menschen kommen pro Jahr hinzu. 9 Milliarden Menschen werden für 2050 prognostiziert. Und 2100, wenn wir den Klimawandel bei +2 °K hoffentlich stabilisieren konnten, wie viel Bürger trägt unsere Erde dann?

Kommen die Klimaveränderungen bei uns schon an?

Der Standort Bernburg, im Zentrum des Mitteldeutschen Trockengebietes, zeichnete sich im langjährigen meteorologischen Mittel von 1961 – 1990 durch 469,8 mm Niederschlag im Jahr aus. Für das ebenfalls dreißigjährige Mittel 1981 – 2010 werden 511,9 mm ausgewiesen. Eine Zunahme von 42,1 mm, ein mittlerer Monatsniederschlag! Einem nassen Herbst folgen ein etwas feuchterer Winter und ein differenzierter Frühling und Sommer. Die Temperatur lag im langjährigen meteorologischen Mittel von 1961 – 1990 bei 9,1 °C. Für das dreißigjährige Mittel 1981 – 2010 werden hingegen 9,7 ° C ausgewiesen. Ein Temperaturanstieg von +0,6 °K. Bei einem vertretbaren Anstieg von 2 °K bis 2100, stellt sich die Frage: sind 0,6 °K nun wenig oder haben wir schon ein knappes Drittel vertan? Bei der Temperatur zeigen sich Ausgang des Winters übers Frühjahr bis in den Sommer die Zunahmen, wobei die Sommermonate Juli/August den Schwerpunkt bilden.

Klimaveränderung frisst Teil des Fortschritts

Schaut man sich die Entwicklung der Winterweizenerträge in Deutschland seit 1845 an (Abb. 2), spricht alles für einen Züchtungsfortschritt, auch wenn Züchtung und pflanzen-/ackerbaulicher Fortschritt gleichermaßen an dieser Entwicklung beteiligt sind. Diese Ertragsentwicklung lief parallel mit der Entwicklung der Wissenschaft und Industrie. Neue Maschinen, neue Verfahren erforderten neue Sorten, die Optimierung der Düngung, die Bereitstellung chemisch hergestellter Dünger erforderten neue Sorten, die Entwicklungen im chemischen Pflanzenschutz machten neue Sorten möglich, alles in allem eine erfolgreiche Entwicklung. Eine Entwicklung nicht nur in Deutschland, eine weltweite Entwicklung, die einher ging mit einer zunehmenden Weltbevölkerung.

Schaut man hingegen die „aktuelle“ Ertragsentwicklung vor Ort an, zeigt sich bei oberflächlicher Betrachtung ein scheinbar anderes Bild. Eine positive Entwicklung der Winterweizenerträge in Sachsen-Anhalt zwischen 1992 und 2013 (Abb. 3) ist nur schwer auszumachen. Erst wenn man die Daten einer mathematischen Betrachtung unterzieht, kommt nach wie vor ein positiver Trend von 67 kg/ha und Jahr auf dem hohen Niveau von 72 dt/ha im 20-jährigen Mittel zum Vorschein.

Trotzdem zeigen sich in den offiziellen Sortenprüfungen deutlich bessere Ergebnisse (Abb. 4). Im gleichen Zeitraum, auf Löß-Standorten, unter praxisüblicher Intensität – Wachstumsregler- und Fungizideinsatz - werden Ertragssteigerungen von 1,23 dt/ha und Jahr nachgewiesen, auf einem mittleren Ertragsniveau von 95,9 dt/ha. Werden die Daten der unbehandelten Kontrolle, also die reine Sortenleistung zu Grunde gelegt, liegt der Ertragsfortschritt mit 1,05 dt/ha und Jahr immer noch sehr deutlich über dem in der Praxis realisiertem (Tabelle), auf einem hohen Niveau von über 84,1 dt/ha.

Fragt man nach den Ursachen, genügt ein Blick auf die Entwicklung der Anbauflächen, um plausible Antworten zu finden. Die Anbaufläche von Wintergetreide insgesamt hat sich zwischen 1990 und 2013 um ca. 13 % erhöht. Winterroggen und Wintergerste verloren zwischen 20 und 30 %, während der Winterweizen knapp 50 % an Anbaufläche hinzugewonnen hat. Eine Entwicklung, die ihren Preis in Stoppelweizen, Früh- und Spätsaaten hat. Mindererträge zwischen 10 und 30 dt/ha gegenüber einer Blattfrucht bzw. optimalen Saatterminen sind nachgewiesene Folgen. Auch die Ausdehnung der Anbauflächen auf schwächere Standorte hat Ertragsrückgänge zur Folge. Dass der Ertragsfortschritt in der Praxis mit 67 kg/ha scheinbar gering erscheint, stellt sich nun in einem andern Licht dar. Die 67 kg Ertragszuwachs je Hektar und Jahr verdeutlichen die hohen züchterischen Fortschritte, die trotz der ungünstigen Anbaubedingungen immer noch realisiert werden. Als sehr komplexes Merkmal ist der Ertrag nach POLLMER (1961) zu 94,6 % von der Umwelt abhängig. Kleinste Veränderungen hier schlagen sich unmittelbar im Ertrag nieder. Welcher Landwirt kann dies nicht bestätigen?

In Zukunft mit verbesserten Sorten dass Ertragsniveau halten

Pflanzenzüchtung ist ein langwieriger Prozess, in dem Umweltveränderungen automatisch „mitgenommen“ werden. Das Ergebnis sind neue Sorten, mit angepassten Resistenzen gegenüber Krankheiten und/oder gegenüber Stress, mit hohen und gewünschten Qualitäten und natürlich mit einem akzeptablen Ertragsniveau, immer noch steigend.

Umwelt- und/oder Klimaveränderungen erfordern und ziehen, wie im Selbstlauf, eine ständige Anpassung seitens der Züchtung aber auch der Landwirtschaft nach sich. Es ist ein permanenter Prozess, der langsam abläuft und dessen Richtung und Intensität für keine Region vorhersagbar ist. Trotz dieser im Detail nicht vorhersagbaren Veränderungen der Anbau-/Umweltbedingungen gelingt es der Pflanzenzüchtung, Ertragsfortschritt in Form neuer Sorten zur Verfügung zu stellen, und den Landwirten gelingt es, diesen zu realisieren. Diese Sorten können sich durch Resistenzen gegen neue Rassen unserer bekannten Krankheiten, möglicherweise gar gegen neue Krankheitserreger zur Wehr setzen und mit bisher unbekannten Stresssituationen zurecht kommen.

Zur Bewältigung dieser gigantischen Aufgaben stehen uns Mittel und Wege offen, genetische Vielfalt in Form von Wildformen oder auch neue Methoden der Biotechnologie, um diese gewünschten Merkmale zu kombinieren. Ein auf Boden-Klima-Regionen abgestimmtes Sortenprüfwesen wird die angepasstesten Sorten unabhängig von Ländergrenzen herausfiltern können.

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