Atemwegsinfektionen nehmen immer mehr zu
Nicht nur in der kalten Jahreszeit ein Problem: In der modernen Rinderhaltung bereiten Atemwegserkrankungen immer häufiger Probleme. Bei Rindern können diese respiratorischen Erkrankungen („Bovine Respiratory Disease“-Komplex) verschiedene infektiöse Ursachen haben.
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Virale Erreger wie BHV1, BRSV, PI 3 und BVD spielen oft eine primäre, Weg bereitende Rolle. Aber auch bakterielle (Pasteurella, Mannheimia, Haemophilus) und Mycoplasma-Infektionen führen zu schwerwiegenden respiratorischen Erkrankungen. Dabei können letztere sowohl selbständig aber auch in Kombination mit viralen Erregern als sogenannte Sekundärinfektionen auftreten.
Hohe Verluste vorprogrammiert
Diese akuten Erkrankungen, der damit zusammenhängende erforderliche Therapieaufwand, aber auch die Folgeschäden für den Organismus (zum Beispiel verminderte Gewichtszunahme oder Milchrückgang bei laktierenden Kühen) führen weltweit zu enormen wirtschaftlichen Verlusten. Gravierend sind diese Verluste vor allem in der Aufzucht der Rinder. Die Erkrankungen sind hier in der Regel schwerer und die Mortalitäts- und Morbiditätsraten liegen wesentlich höher.
Anatomische Gründe häufiger Atemwegserkrankungen
Der Grund für die starke Anfälligkeit liegt in der besonderen Anatomie bei Rindern. Die Lunge ist im Gegensatz zum Tierkörper relativ klein. Um die heute geforderten hohen Leistungen zu erbringen, muss die Lunge stark mit sauerstoffreicher Luft versorgt werden. Bei schlechten Haltungsbedingungen mit erregerhaltiger Luft ist die Ansteckungsgefahr entsprechend hoch.
Der Aufbau der Lunge unterscheidet sich von anderen Tierarten. Bei Infektionen führt die Unterteilung in viele durch Bindegewebe getrennte Segmente dazu, dass die beteiligten Erreger diese Barriere selten überwinden. Jedes Segment wird nur durch eine Bronchie versorgt, und auch Verbindungen zwischen verschiedenen Bronchien und/ oder Segmenten existieren im Gegensatz zu anderen Tieren nicht. Bei einer Infektion der Atemwege kommt es nun rasch zu einer ausgeprägten Entzündung eines Bereiches. Die Bronchien werden durch eine Anschwellung und starke Sekretion der Schleimhäute verlegt. Betroffenes Lungengewebe wird nicht mehr durchlüftet und der Gasaustausch findet nicht mehr statt.
Hinzu kommt noch, dass die Gasaustauschkapazität aufgrund der geringen Blutgefäßversorgung der Alveolen im physiologischen Zustand schon reduziert vorliegt. Das Rind muss vermehrt atmen, um die verlangte Leistung zu erbringen. Fällt aufgrund einer Infektion ein Teilbereich der Lunge aus, hat das Tier nur geringe ventilatorische Reserven. Um weiterhin alle Organe ausreichend mit Sauerstoff zu versorgen, verbraucht der Körper die Energie, die er eigentlich für die Milchproduktion beziehungsweise für das Wachstum oder die Körpermassenzunahme benötigt. Dieser Zustand ist sowohl für das Tier, als auch für den Tierhalter unökonomisch.
Stressoren wie Transport oder zu viele Tiere, aber auch direkte virale Infektionen blockieren lokale Abwehrmechanismen in den Schleimhäuten der oberen Atemwege. Durch lokale Virusvermehrung kommt es zur Schädigung der Schleimhautepithelien, zu Vermehrung und Ausscheidung der Viren, zu vermehrter Absonderung von Schleim und häufig zu sekundären bakteriellen Infektionen.
Die Folge ist in der Regel eine Lungenentzündung: durch eine bakterielle Superinfektion kommt es zur Infektion und zur Zerstörung des Lungengewebes und der Alveolarepithelien. Eine Blockade der Atemwege und sogar plötzliche Todesfälle sind gerade bei Kälbern nicht selten.
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