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West-Nil-Virus breitet sich aus

Neuer Erreger könnte auch hierzulande Pferde krank machen

Die Klimaerwärmung hat Folgen:  Immer mehr Krankheitserreger aus den Tropen oder Subtropen finden durch Stechmücken oder Zecken den Weg in gemäßigte Zonen. Dazu gehört das West-Nil-Virus (WNV), ein Verwandter des Gelbfieber- und FSME-Virus, das auf Menschen, Pferde und Vögel übertragbar ist.

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STUA, Aulendorf
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2018 kam es erstmalig zu WNV-Nachweisen in Deutschland, wobei auch zwei Pferde in Sachsen-Anhalt und Brandenburg betroffen waren. Mit Schwerpunkt in Ostdeutschland breitet sich das Ausbruchsgeschehen seither weiter aus. Laut den Tierärzten am Staatlichen Tierärztlichen Untersuchungszentrum (STUA) – Diagnostikzentrum in Aulendorf könne man davon auszugehen, dass das Virus in absehbarer Zeit auch Baden-Württemberg erreicht und auch hier zu Erkrankungen unter anderem bei Pferden führen wird.

Das West-Nil-Virus wurde erstmalig 1937 in Uganda beschrieben. Mittlerweile ist es auf allen Kontinenten vertreten. Im Mittelmeerraum hatte sich WNV bereits seit Anfang der 60er Jahre etabliert. Regelmäßig gibt es seitdem Meldungen von Infektionen bei Menschen, Pferden und Vögeln aus dem süd- oder südosteuro-päischen Raum. Zu den bisher betroffenen Ländern gehören Italien, Spanien, Frankreich, Kroatien, Albanien, Griechenland, Ungarn, Serbien, Türkei, Tschechien und Österreich.

Erreger zum ersten Mal im vergangenen Jahr nachgewiesen

In Deutschland wurde das WNV erstmalig im August 2018 bei einem Bartkauz in Halle an der Saale nachgewiesen. Diesem Fall folgten neun weitere Nachweise bei Vögeln, vor allem Eulen und Habichte, zwei Fälle bei Pferden, einer davon mit tödlichem Ausgang, sowie eine Infektion beim Menschen. Mit Ausnahme eines weiteren Bartkauzes und der damit zusammenhängenden Infektion eines Tierarztes in Bayern lagen alle Ausbrüche in den neuen Bundesländern.

Mit Beginn der Stechmückensaison sind im Juli 2019 wieder neue WNV-Fälle aufgetreten, deren Anzahl seitdem deutlich ansteigt. Ende Oktober wurden bereits mehr als 80 Ausbrüche verzeichnet. Über 30 dieser Infektionen betrafen Pferde, davon sieben mit Todesfolge. Die diesjährigen Ausbrüche liegen bis dato nahezu alle in Ostdeutschland, Einzelfälle traten in Hamburg sowie in Bayern auf.

Übertragung des Virus erfolgt über Stechmücken.

Als Hauptwirt und Naturherd fungieren Vögel vieler Arten, wobei sich das WNV in einem Kreislauf zwischen Vögeln und Mücken weiterverbreitet. Daneben können sich durch Mückenstiche noch weitere Tierarten mit dem Erreger infizieren, allen voran Pferde, aber auch Menschen. Beide gelten allerdings als sogenannte Fehl- oder „Sackgassenwirte“, da sie zwar selbst erkranken können, aber nicht in der Lage sind, das Virus weiterzugeben. Nur in Vögeln kann sich WNV ausreichend vermehren, um Mücken über das Blut in infektionsfähige Virusträger zu verwandeln. Neuinfektionen sind daher immer auf infizierte Vögel zurückzuführen.

In Ausnahmefällen ist auch die direkte Übertragung des Virus von beispielsweise verendeten Vögeln über Hautwunden oder ähnliches möglich. Tote Vögel sollten daher überhaupt nicht oder nur mit Schutzhandschuhen angefasst werden. Vögel zeigen in der Regel keine Krankheitserscheinungen. Allerdings kann es bei besonders empfänglichen Arten zum Massensterben kommen.

Ansteckung erfolgt bei Pferden symptomlos

Beim Pferd verläuft die Infektion ebenfalls meist symptomlos. Maximal ein Viertel der infizierten Tiere entwickelt eine fiebrige Allgemeinerkrankung. Bei rund acht bis zehn Prozent der Pferde führt WNV jedoch auch zu einer Hirn- beziehungsweise Hirnhautentzündung, die mit deutlichen neurologischen Störungen einhergeht. 30 bis 50 Prozent dieser schwerkranken Tiere sterben, bei etwa 20 Prozent bleiben dauerhafte Schäden zurück.

Der Mensch zeigt ähnliche Verläufe wie beim Pferd (sogenanntes „West-Nil-Fieber“), jedoch treten schwere Krankheitsbilder mit Beteiligung des Gehirns beziehungsweise Nervensystems deutlich seltener (unter einem Prozent) und überwiegend bei bereits geschwächten Personen auf.

Im Falle eines Verdachtes können Pferde auf das Vorliegen einer WNV-Infektion untersucht werden. Der direkte WNV-Nachweis erfolgt mittels eines Tests auf das Erbgut des Virus (sog. PCR-Verfahren) aus Blut oder Hirn-/Rückenmarks-flüssigkeit. Da die Phase der Nachweisbarkeit des Virus aber nur kurz und bei Einsetzen der Krankheitssymptome oft auch schon vorüber ist, sind hier falsch negative Ergebnisse möglich.

Die Methode der Wahl ist daher die serologische Untersuchung von Blutserum auf Antikörper gegen das WNV. Verfügbar sind zwei ELISA-Tests, die im Verdachtsfall parallel eingesetzt werden und mit deren Hilfe eingeschätzt werden kann, wie frisch eine WNV-Infektion ist. Dabei muss allerdings auch immer eine Kreuzreaktion mit FSME ausgeschlossen werden, die zu falsch positiven Reaktionen im Test führen kann. Nicht zuletzt deswegen muss ein Nachweis des Virus bzw. von WNV-Antikörpern immer auch durch das Nationale Referenzlabor am Friedrich-Loeffler-Institut bestätigt werden.

Eine spezielle Therapie gegen eine WNV-Infektion gibt es nicht. Die Behandlung kann lediglich unterstützend und soweit möglich zur Linderung der Symptome erfolgen. Schwerkranke Tiere ohne Aussicht auf Heilung sollten aus Tierschutzgründen eingeschläfert werden.

Pferde können mit einer Impfung geschützt werden

Anders als bei Menschen oder Vögeln gibt es beim Pferd die Möglichkeit der Impfung, die einen zuverlässigen Schutz gegen die Erkrankung bietet. In Deutschland sind derzeit drei Impfstoffe für Pferde zugelassen. Bereits Fohlen können je nach Impfstoff erstmalig mit fünf bis sechs Monaten geimpft werden. Die Grundimmunisierung erfolgt mit zwei Impfungen im Abstand von drei bis sechs Wochen (Impfstoff-abängig) und sollte jährlich, idealerweise im Frühjahr, wiederholt werden.

Die zusätzliche Abwehr oder Bekämpfung von Stechmücken mit Repellentien, Fliegendecken, Vermeidung von stehendem Wasser (zum Beispiel in Regentonnen), Einsatz von Fliegengittern oder ähnliches ist sinnvoll, kann aber nur als unterstützende Maßnahme gesehen werden. Einen sicheren Schutz gegen Mückenstiche beziehungsweise eine WNV-Infektion bieten diese Mittel nicht.

Eine Infektion mit dem West-Nil-Virus bei einem Vogel oder Pferd ist anzeigepflichtig und muss bereits bei Verdacht dem zuständigen Veterinäramt gemeldet werden. Tierseuchenrechtliche Maßnahmen wie Bestandssperren, Tötungen oder ähnliches sind nicht vorgesehen. Das zuständige Veterinäramt kann jedoch eingreifen und zum Beispiel eine Bestandsimpfung aller nicht erkrankten Pferde oder die Einschläferung todkranker Tiere (Tierschutz) anordnen.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gerne die zuständigen Veterinärämter, der Pferdegesundheitsdienst, die Tierseuchenkasse Baden-Württemberg, Hoftierärzte und das Staatliche Tierärztliche Untersuchungsamt (STUA) – Diagnostikzentrum in Aulendorf.

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