Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde (DGfZ)

Die Milchkühe von morgen

Wie sieht die aktuelle Milchviehzucht und -haltung aus? Wo sind zukunfts-weisende Veränderungen nötig? Welche Vorteile und welche Nachteile entstehen bei unterschiedlichen Strategien? Viele Fragen auf die die DGfZ-Projektgruppe „Zukunft gesunde Milchkuh“ in ihrem Positionspapier fortan Antworten liefern will.

Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Artikel teilen:

Die Projektgruppe der Deutsche Gesellschaft für Züchtungskunde (DGfZ) „Zukunft gesunde Milchkuh“ hat heute (Freitag, 15. Mai 2020) ein aktuelles Positionspapier „Zukunftsfähige Konzepte für die Zucht und Haltung von Milchvieh im Sinne von Tierschutz, Ökologie und Ökonomie“ veröffentlicht, an dem Landwirte, Wissenschaftler, Züchter und Tierärzte mitgewirkt haben. Das Papier zeigt Strategien für die Zucht, Haltung und Fütterung sowie das dazugehörige Management für eine zukunftsfähige Milchviehhaltung auf.

Dabei wurden Möglichkeiten und Grenzen von Maßnahmen wissenschaftlich fundiert erörtert, denn nicht jeder „Wunsch“ der Gesellschaft sei unter den gegenwärtigen Rahmenbedingungen der Produktion umsetzbar. Bestehende Zielkonflikte hätten darüber hinaus entscheidenden Einfluss darauf, welche betriebsindividuellen Entscheidungen Landwirte treffen müssen. Dies deutlich zu kommunizieren, sei ein Grundbaustein für die Akzeptanz der zukünftigen Milchviehhaltung in Deutschland.

Die Nutztierhaltung spiele zur Bewältigung globaler Herausforderungen wie der Ernährungssicherung und des Klimawandels eine große Rolle. Die Leistung der Nutztiere, Wechselwirkungen zwischen Leistung und Tiergesundheit sowie die Nutzungsdauer der Tiere sorgten dabei immer wieder für gesellschaftliche Diskussionen und negative Schlagzeilen, die eine ganze Berufsgruppe diskreditierten und die Verbraucher verunsicherten. Die derzeitige Herausforderung für Wissenschaft, Praxis und Beratung bestehe deshalb darin, die aktuellen Tierhaltungssysteme so weiterzuentwickeln, dass die Aspekte der Tiergesundheit, der Leistungsfähigkeit, der Ökologie, der Ökonomie und der in der Landwirtschaft arbeitenden Menschen mit dem Ziel der gesellschaftlichen Akzeptanz bestmöglich in Einklang gebracht werden können. Dabei müssten die Aspekte interdisziplinär betrachtet und bewertet werden.

Was kann die Zucht leisten?

Genetik, Zucht und Selektion haben seit jeher einen großen Einfluss auf Menge und Qualität tierischer Produkte. Zuchtziele haben sich im Laufe der vergangenen Jahrzehnte verändert und sich oftmals den Bedürfnissen der Gesellschaft angepasst. Neben der Bewältigung globaler Herausforderungen habe, so die DGfZ, die Tierzucht das Ziel, die Genetik zu verbessern, um die Wettbewerbsfähigkeit der Milchviehhalter zu sichern. Ziel sollte daher sein, eine gesunde, robuste, thermotolerante Kuh mit einer langen Nutzungsdauer zu züchten. Dafür stünden Landwirten verschiedene Instrumente wie zum Beispiel die genomische Zuchtwertschätzung zur Verfügung.

Mit diesen neuen Selektionsinstrumenten sowie der Anwendung neuer Zuchtwerte ließen sich laut DgFZ auch betriebsindividuelle Zuchtziele leichter erreichen. Da schon zur Geburt des Kalbes deutlich genauere genomische Zuchtwerte vorliegen, hätten Landwirte jetzt die Möglichkeit, frühzeitig Selektionsentscheidungen zu treffen. Idealerweise könnten die genetisch wertvollsten Tiere mit gesextem Sperma von hochwertigen Bullen belegt werden und die genetisch schwächeren mit Gebrauchskreuzungsbullen. Alternativ könnten genetisch schwächere Tiere auch als Trägertiere für wertvolle Embryonen von genomisch selektierten Toptieren genutzt werden.

Folglich könne die Anzahl an Rindern für die Remontierung gesenkt und damit die durchschnittliche Nutzungsdauer der Kühe gesteigert werden. Kreuzungskälber erzielten zudem einen besseren Preis, allerdings könnte die Geburt schwieriger verlaufen.

Auch die Anwendung neuer Zuchtwerte könne erheblich zum Tierwohl, zur Ressourcenschonung und zur ökonomischen Stabilität beitragen. Im April 2019 wurde die Zuchtwertschätzung für insgesamt 13 Gesundheitsmerkmale eingeführt (RZGesund), ab August 2020 soll ein neuer ökonomischer Gesamtzuchtwert etabliert werden. Ab 2021 ist dann geplant, Gesundheitszuchtwerte im Gesamtzuchtwert RZG zu berücksichtigen. Neben diesen Entwicklungen stehe in nächster Zukunft die Entwicklung von Zuchtwertschätzsystemen für die Merkmale Futteraufnahmevermögen und Futtereffizienz im Vordergrund.

Führt eine geringere Milchleistung wirklich zu einer Verbesserung der Gesundheit und einer Verlängerung der Nutzungsdauer? Dieses häufig vorgebrachte Argument wurde von der Projektgruppe genauer unter die Lupe genommen. Auswertungen relevanter Kennziffern zeigen für praktische Milchviehbetriebe mit höheren Milchleistungen eine vergleichsweise bessere Gesundheit und Nutzungsdauer bei guter Managementqualität. Diese sei allerdings eine wesentliche Voraussetzung für eine gesunde Herde. Die Projektgruppe hält daher die Einführung von neuen gesundheitsbezogenen Merkmalen sowie die Nutzung genomischer Informationen für einen effektiven Weg, die Nachhaltigkeit der Milchproduktion zu verbessern.

Vorschläge für Verbesserungen des Haltungssystems

Um auch in Zukunft nachhaltig Milch zu produzieren, bedürfe es einer intensiveren Kälberaufzucht, einem geringeren Ausscheiden von Jungkühen und somit einer deutlichen Erhöhung der Nutzungsdauer und Verringerung der Reproduktionsraten. Ein Aspekt, der in Zukunft möglicherweise verstärkt in einigen Betrieben der Milchviehhaltung Umsetzung finden wird, sei eine längere freiwillige Wartezeit von der Kalbung bis zur erneuten Besamung. Untersuchungen der Landesforschungsanstalt in Mecklenburg-Vorpommer
(LFA MV) ergaben eine deutlich bessere Persistenz der Laktation bei spät besamten Kühen. Die Kühe mit einer freiwilligen Wartezeit von 180 Tagen hatten wie in den Untersuchungen des LFA MV 1000 Kilogramm mehr Milch in der 305-Tage-Leistung. Zudem wiesen sie mit 50 Prozent den höchsten Erstbesamungserfolg auf. Aufpassen müsse man allerdings, dass die Kühe zu Laktationsende nicht verfetten. Man müsse sie aber wahrscheinlich auch nicht mit 30 Kilogramm Milch und mehr trockenstellen und spare gegebenenfalls Antibiotikum.

Die technischen Entwicklungen schritten auch in der Tierhaltung immer weiter voran. Die zunehmende Automatisierung und Nutzung von Sensortechniken biete Vorteile, die sich sowohl positiv auf die Tiergesundheit als auch auf das betriebswirtschaftliche Ergebnis auswirken können. Weitere Aspekte wie das Fütterungsmanagement und die Rationsgestaltung, Besonderheiten in der Transitphase, Emissionsminderung und Klimawandel werden in dem Positionspapier zudem ausführlich behandelt.

 

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.