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Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung

Beschäftigungsmaterial: Darauf kommt es jetzt an

Seit Inkrafttreten der neuen Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung Anfang Februar gelten für Schweinehalter neue Vorgaben. Ein Fokus richtet sich dabei auf das Beschäftigungsmaterial. Was und wie den Schweinen ab 1. August vorgelegt werden muss, thematisierte nun ein Online-Seminar des Bildungs- und Wissenszentrums (LSZ) Boxberg im Rahmen des bundesweiten Netzwerkes Fokus Tierwohl am Mittwoch vergangener Woche. Über 120 Zuhörerinnen und Zuhörer folgten der Weiterbildungsveranstaltung.

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Das Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) hat am 12. März die aktuellen Ausführungshinweise veröffentlicht. Erarbeitet haben die Hinweise die Arbeitsgemeinschaft (AG) Tierschutz der Ländergemeinschaft Verbraucherschutz (LAV). Das Handbuch bildet für die zuständigen Behörden, wie beispielsweise Veterinärämter, die Grundlage, wie die tierschutzrechtlichen Regeln fortan beurteilt werden müssen. Die tagesrationierte Fütterung der Schweine entfällt

Neben dem Wegfall der tagesrationierten Fütterung richtet sich ein Schwerpunkt auf die Frage nach dem richtigen Beschäftigungsmaterial. Ab dem 1. August dieses Jahres muss Schweinen Beschäftigungsmaterial in ausreichender Menge sowie „organisch“ und „faserreich“ vorgelegt werden. Genannt werden hierbei Stroh, Heu, Sägemehl oder eine Mischung daraus. Sollen andere organische und faserreiche Materialen, wie zum Beispiel Jutesäcke oder Naturseile, zum Einsatz kommen, müssen sie die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • „Untersuchbar“: Schweine sollten das vorgelegte Beschäftigungsmaterial bewühlen oder mindestens „hebeln“ können (beispielsweise durch eine bodennahe Vorlage oder auf einer Platte beziehungsweise Trog auf dem Boden).
  • „Bewegbar“: Die Schweine haben die Möglichkeit, den Standort oder die Position des Materials zu verändern.
  • „Veränderbar“: Die Schweine können das Aussehen und die Materialstruktur verändern. Holz muss von den Tieren beispielsweise ins Maul genommen werden und leicht zerkaut werden können.

Zusätzlich wird in den Ausführungshinweisen mit Nachdruck darauf verwiesen, dass Holzstücke, die von den Schweinen nicht untersucht oder im Verlauf weniger Tage zerkaut werden können, die Mindestanforderungen als alleiniges Beschäftigungsmaterial nicht erfüllen.

Raufutter fördert Tierwohl

„Mit den Ausführungshinweisen fallen zahlreiche Materialien weg, die bisher verwendet werden konnten. Darunter fällt vielfach Holz“, machte Jakob Lechner von der Hofra GmbH, einem Beratungstochterunternehmen der Unabhängigen Erzeugergemeinschaft (UEG) Hohenlohe-Franken, in seinem Vortrag vor den mehr als 120 Zuhörerinnen und Zuhörern deutlich. Dagegen gelten Stroh, Heu, Silage, Miscanthus und Wurzelgemüse als Optimum. Der Grund, wie Lechner darlegte: Diese Materialien bieten den Tieren optimale Voraussetzungen für die Beschäftigung und stillten den Wühltrieb der Schweine.

Nicht mehr anerkannt werden dagegen Ketten, Gummi, Weichplastikrohre, Hartplastik, Hartholz, Bälle und Minerallecksteine. Eine Neuregelung, die laut dem Referenten, viele Betriebe betreffen werde, und die demzufolge angehalten sind, nach alternativen Beschäftigungsmaterialien für ihre Tiere Ausschau zu halten. Bei allen Gegenständen, unabhängig davon, ob es sich um Jutesäcke, Baumwollseile, Raufen oder Beschäftigungsautomaten in den Buchten handelt, sieht die Verordnung zudem vor, dass maximal zwölf Tiere diese Beschäftigungsmöglichkeit nutzen. Mehr Schweine pro Beschäftigungseinheit sind nicht erlaubt. Für Lechner könnte diese Neuregelung zu Konflikten mit den Vorgaben der Initiative Tierwohl führen, die mehr Tiere pro Beschäftigungsmöglichkeit erlaube. Hier seien womöglich noch Feinjustierungen nötig.

Darmgesundheit verbessert sich

Auch für das Nestbaumaterial für trächtige Sauen gibt es in Zukunft genaue Vorgaben. Ab dem 112. Trächtigkeitstag bis zur Geburt der Ferkel müssen alle Muttertiere Zugang zu Nestbaumaterial in ausreichend vorhandener Menge dabei. Das Material muss von den Sauen ins Maul genommen und herumgetragen werden können. In den Ausführungshinweisen wird hierfür Stroh empfohlen. Das heißt, dass in Neu- und Umbauten die Haltungsbedingungen für die Sauen so ausgeführt werden müssen, dass in puncto Boden und Gülleausbringung die Vorlage von Stroh als Nestbaumaterial möglich ist.

Gibt es diese Möglichkeit in bestehenden Haltungen nicht, sollen andere Materialen wie Jutesäcke erlaubt bleiben. Grundsätzlich, so Lechner, stelle sich die Frage, wie der Zwiespalt zwischen dem Risiko für die Verstopfung der Spalten, den Kosten, der Futtersicherheit, dem Effekt für die Beschäftigung und der Darmgesundheit der Schweine gelöst werden könne. Vor allem Letzteres lohne jedoch den finanziellen Aufwand und den Arbeitseinsatz. Aus gutem Grund: Wie Tests mit unterschiedlichem Beschäftigungsmaterial im Auftrag der Regionalgesellschaft Edeka Südwest bei den Versuchsschweinen gezeigt hätten, stabilisierte die höhere Rohfaseraufnahme den Darm der Tiere. Und: „40 Gramm Stroh führten zu 400 Gramm höheren Absetzgewichten bei den Ferkeln“, wartete Lechner mit Zahlen auf. Warum das so ist? Sauen mit einem stabil funktionierenden Magen-Darm-System geben mehr Milch, was sich in den täglichen Zunahmen der Ferkel niederschlägt.

Tribut an angeborenen Wühltrieb

Das gilt besonders für die spätere Haltung im Flatdeck. Hier rät Lechner zu einer Mischung aus Apfeltrester, Sojaschalen und Leinsaatkuchen, die man den Jungtieren in Schalen anbieten kann. Benötigt der Betrieb eine GVO-freie Fütterung werden die Sojaschalen durch Luzernegrünmehl und Zuckerrübenschnitzel ersetzt. Eher ungeeignet, so die Erfahrung des Hofra-Mitarbeiters, seien hingegen Zelluloseprodukte und Strohpellets. „Gute Rohfasermischungen stabilisieren den Darm und fördern die Ausbildung einer ausreichend bakteriell fermentierbaren Substanz (BFS), die später den Bakterien im Darmtrakt zur Verfügung steht.

Schweine verfügen über einen stark ausgeprägten Geruchs- und Geschmackssinn und suchen und erkunden mit ihrer tastsensiblen Rüsselscheibe gerne ihre Umwelt, machte Karen Kauselmann vom Institut für Tierschutz und Tierhaltung am Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) in ihrem Vortrag deutlich. Laut einer Studie verbringen die Tiere unter natürlichen Bedingungen 70 Prozent des Tages mit diesem für sie typischen, in der Wissenschaft als Explorationsverhalten, bezeichneten Handlungen.

Abwechslung erhöht Interesse

Umso wichtiger sei es, den Tieren geeignete Beschäftigungsmaterialien, wie beispielsweise Heu, Stroh, Sägemehl oder auch Pellets in Raufen, Trögen und Beschäftigungstürmen anzubieten. Der Zugang zu dem Material soll dabei einfach und die Menge ausreichend sein, vor allem, wenn es sich um Materialien handelt, die von den Schweinen gefressen und aufgebraucht werden können. Das Interesse an den Beschäftigungsmaterialien lässt sich, das zeigten die Ergebnisse des an der LSZ durchgeführten Projektes „Label-Fit“ (2017 bis 2020), durch den regelmäßigen Austausch unterschiedlicher Materialien steigern und aufrechterhalten. Ganz oben auf der Hitliste der Schweine: Fressbare Materialien, wie Heu oder Stroh. Um in Spaltenbodenställen das Risiko von Verstopfungen der Güllekanäle klein zu halten, empfahl die Referentin, die Vorlage von pelletiertem und gehäckseltem Beschäftigungsmaterial.

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