Auf keinen Fall zu früh säen
Angesichts fehlender zugelassener Saatgutbehandlungsmittel gegen virusübertragende Blattläuse ist es entscheidend, bei der Aussaat von Wintergerste präventive Maßnahmen zu ergreifen. Eine späte Aussaat und der Anbau resistenter Sorten können das Infektionsrisiko erheblich verringern und gleichzeitig unerwünschten Unkrautdruck minimieren.
von Dr. Jonathan Mühleisen, Regierungspräsidium Stuttgart erschienen am 02.09.2024Für die Wintergerste stehen keine zugelassenen Saatgutbehandlungsmittel gegen Blattläuse als Virusvektoren mehr zur Verfügung. Daher ist es entscheidend, durch pflanzenbauliche Maßnahmen eine Infektion der Gerstenkeimlinge mit dem Gerstengelbverzwergungsvirus und dem Weizenverzwergungsvirus zu verhindern. Erstere Krankheit wird durch Getreideblattläuse, letztere durch Zikaden übertragen. Infektionsquellen sind Gräser an Wegrändern und Böschungen sowie Ausfallgetreide und Maispflanzen.
Weg mit dem Ausfallgetreide
Wo Ausfallgetreide aufgelaufen ist, sollte es rechtzeitig beseitigt werden, um eine Virusübertragung durch Blattläuse und Zikaden zu verhindern. Je später die Wintergerste gesät wird, desto geringer ist das Risiko einer Keimlingsinfektion. Daher sollte die Aussaat der Wintergerste nicht vor dem 20. September beginnen, zumal die neueren Sorten in der Regel keine Ertragseinbußen bei später Aussaat zeigen. Ein weiterer Vorteil der späten Aussaat ist eine geringere Verunkrautung durch Ackerfuchsschwanz, Windhalm, Trespen-Arten und andere im Herbst keimende Unkräuter.
In Regionen, wo das Gerstengelbverzwergungsvirus regelmäßig auftritt, sollten entweder die Blattläuse im Herbst konsequent bekämpft oder resistente Sorten angebaut werden. Die beschreibende Sortenliste führt zahlreiche Sorten mit Resistenz gegen das Gerstengelbverzwergungsvirus auf. Bei den mehrzeiligen Sorten sind Fascination, Integral, KWS Delis, KWS Exquis, Paradies, RGT Alessia und SU Virtuosa resistent, bei den zweizeiligen Sorten Bonnovi, Idilic, LG Caiman und Orcade. Die Verfügbarkeit von Saatgut kann über den Landhandel geprüft werden.
Resistente Sorten gegen Viren
Das Gelbmosaikvirus (BaYMV) wird durch den Bodenpilz Polymyxa graminis übertragen. Hier ist verständlicherweise keine Bekämpfung der Vektoren möglich. Größere, nesterweise Vergilbungen werden in Gerstenschlägen meist erst im folgenden Frühjahr sichtbar. Auf Befallsflächen sollten frühe Aussaaten von Wintergerste vermieden oder Sommergerste angebaut werden.
Eine weitere Möglichkeit zur Schadensminderung ist der Anbau resistenter Sorten. Gegen BaYMV Typ 1 sind die meisten Sorten resistent; mittlerweile gibt es jedoch auch mehrere Sorten, die gegen BaYMV Typ 2 resistent sind, der ebenfalls in Baden-Württemberg auftritt. Gegen beide Typen resistent sind die mehrzeiligen Sorten Avantasia, Hedwig, Julia, KWS Delis, KWS Keeper, KWS Memphis, Picasso, SU Ellen, SU Hetti, SU Laurielle, SU Majella, SU Midnight und SU Urmel sowie die zweizeiligen Sorten Aretha, Bonnovi, Caribic, Collie, Kiss und Valerie.
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