
Öko-Wintergerste im Test
Die Öko-Wintergerste hatte es diese Jahr schwer. Die Erträge fielen niedriger aus als 2023. In Grötzingen wurde ein Durchschnittsertrag von 40,2 dt/ha erreicht, rund 15 dt/ha weniger als 2023. In Hohenheim lag der Ertrag im Durchschnitt bei 30,3 dt/ha und damit um 18 dt/ha unter dem Vorjahr. Mehrere Sorten erreichten das Hektolitergewicht zur Vermarktung nicht. Lesen Sie hier, welche Sorten den widrigen Bedingungen am besten standhalten konnten.
von Verena Preußner, LTZ Augustenberg, Referat 14 Ökologischer Landbau erschienen am 03.09.2024Die Sortenprüfungen von Wintergerste im ökologischen Landbau in Baden-Württemberg werden seit 2015 an den beiden Standorten Karlsruhe-Grötzingen (Betreuung durch das LTZ Augustenberg) und Stuttgart-Hohenheim (Betreuung durch die Universität Hohenheim) auf ökologisch bewirtschafteten Flächen durchgeführt. Dort erfolgt eine in den Landessortenversuch integrierte Wertprüfung des Bundessortenamts. Im Jahr 2024 wurden insgesamt 21 Sorten geprüft, darunter 12 zweizeilige, 9 mehrzeilige und 3 Wertprüfungsstämme. Insgesamt 7 Sorten waren in diesem Jahr zum ersten Mal im Sortiment.
Tipps zur Sortenwahl
Bei der Sortenwahl sind neben dem Ertrag auch der Marktwareanteil und das Hektolitergewicht entscheidend. Darüber hinaus spielt die Anfälligkeit gegenüber Krankheiten eine wichtige Rolle. Im Jahr 2024 ist an beiden Versuchsstandorten ein Befall mit dem Pilz Ramularia collo-cygni, dem Auslöser der Sprenkelkrankheit, festgestellt worden. Während in Grötzingen ein durchgehend gleichmäßiger, starker Befall ohne Sortendifferenzierung festgestellt wurde, gab es in Hohenheim einen mittleren bis starken Befall in unterschiedlicher Ausprägung. Hier waren die Sorten KWS Flemming und Valena am stärksten betroffen (Boniturnote 7), während die Sorte Fascination nur einen mittleren Befall aufwies (Boniturnote 4,5).
Ausgesät wurde in Hohenheim Ende September und in Grötzingen Mitte Oktober bei guten Bedingungen. Über die gesamte Kulturperiode hinweg gab es an beiden Standorten hohe Niederschlagssummen bei milden Temperaturen im Winter und verhaltenen Temperaturen im Frühjahr. In Grötzingen kam es zu Starkregenereignissen mit Bodenverschlämmungen, die das Pflanzenwachstum teilweise negativ beeinflusst haben.
Krankheiten und Probleme
Gerstenflugbrand (Ustilago nuda) trat in geringem Umfang in Hohenheim bei den Sorten Axxis und SU Midnight auf, in Grötzingen ebenfalls bei der Sorte Axxis. Weiterhin wurde in Grötzingen bei der Sorte Axxis die Netzfleckenkrankheit und bei der Sorte RGT Mela Rhynchosporium festgestellt. An beiden Versuchsstandorten traten Schäden durch Vogelfraß auf. In Grötzingen waren die Sorten Fascination und Avantasia am stärksten betroffen, da diese am frühesten in die Milchreife gingen. Dadurch kam es besonders bei der Sorte Fascination zu Ertragseinbußen (Relativertrag am Standort Grötzingen 64,8).
Die Erträge fielen in diesem Jahr deutlich niedriger aus als im letzten Jahr. In Grötzingen wurde ein Durchschnittsertrag von 40,2 dt/ha erreicht, rund 15 dt/ha weniger als 2023. In Hohenheim lag der Ertrag im Durchschnitt bei 30,3 dt/ha und damit um 18 dt/ha unter dem Vorjahr.
Schlechtere Sortierung gegenüber 2023
Die Siebsortierung fiel insgesamt deutlich schlechter aus als im Vorjahr. Das Hektolitergewicht in Grötzingen liegt zwischen 62,9 kg/hl und 68,5 kg/hl, durchschnittlich bei 65,2 kg/hl und damit ebenfalls deutlich unter den Ergebnissen des Vorjahrs. Die Durchschnittswerte der Sorten Avantasia, Axxis, Julia, Normandy und SU Midnight erreichten das für die Vermarktung in der Regel erforderliche Hektolitergewicht von 64 kg/hl nicht. Die Tausendkornmasse liegt in Grötzingen leicht unter den ohnehin schon niedrigen Werten des Vorjahrs. Das Hektolitergewicht und die Tausendkornmasse für den Standort Hohenheim liegen noch nicht vor. Die Werte werden, sobald diese vorliegen, im Versuchsbericht auf der Homepage des LTZ veröffentlicht.
Öko-Wintergerstensorten im Detail
Arthene (zweizeilig): Seit 2023 im Sortiment. Etwas kürzere Sorte. In Grötzingen ertragsstärkste Sorte (47,2 dt/ha), in Hohenheim mit 34,9 dt/ha deutlich über dem Versuchsmittel. Hektolitergewicht (68,2 kg/hl) und Sortierung überdurchschnittlich. An beiden Standorten in Baden-Württemberg Befall mit Ramularia (Hohenheim Note 6, Grötzingen Note 8). Züchter/Vertrieb: SZB Polska/IG Pflanzenzucht.
Avantasia (mehrzeilig): Neu im Sortiment. Mittlere Pflanzenlänge und Reifezeit. Ertraglich unter dem Durchschnitt der vier süddeutschen Versuchsstandorte in 2024 (Relativertrag 86,9 %). In Hohenheim mittelstarker, in Grötzingen starker Ramularia-Befall. Bei Hektolitergewicht und TKM an beiden Standorten unterdurchschnittliche Ergebnisse. Zu beachten ist, dass die Sorte besonders stark von Vogelfraß betroffen war. Züchter/Vertrieb: Deutsche Saatveredelung AG.
Axxis (zweizeilig): Neu im Sortiment. Durchschnittlicher Ertrag in Grötzingen, mit 28,9 dt/ha knapp unter dem Durchschnitt in Hohenheim. In Grötzingen trat die Netzfleckenkrankheit und Flugbrand (nur bei Axxis) auf, in Hohenheim mittlerer Befall mit Ramularia und ebenfalls Flugbrand (hier noch zwei weitere Sorten betroffen). TKM und Hektolitergewicht unterdurchschnittlich. Vollgerstenanteil gering mit 62,7 %. Züchtung/Vertrieb: Ackermann Saatzucht GmbH & Co. KG/ Hauptsaaten.
Esprit (mehrzeilig): Verrechnungssorte. In diesem Jahr durchschnittlicher Ertrag in Grötzingen und Hohenheim. Im mehrjährigen Ländervergleich bei 101,9 % rel. Ertrag. Mittlerer Ramularia-Befall in Hohenheim, starker in Grötzingen. Vollgerstenanteil mit 73,6 % unter dem Durchschnitt. Züchter/Vertrieb: Deutsche Saatveredelung AG.
Eufemia (zweizeilig): Neu im Sortiment. Zulassung 2022 (Österreich). Kurze Sorte mit hoher Halmstabilität und Mehltauresistenz. Überdurchschnittlicher Ertrag an beiden Standorten in Baden-Württemberg, 108,5 % rel. Ertrag im Ländervergleich 2024. Mittlerer Ramularia-Befall in Hohenheim, starker in Grötzingen. Vollgerstenanteil 81,4 %. Züchter/Vertrieb: Saatzucht Edelhof/Natur-Saaten.
Fascination (mehrzeilig): Neu im Sortiment. Kurze Sorte mit hoher Zwergrostresistenz. Aufgrund von Vogelfraß in Grötzingen deutlich unterdurchschnittlicher Ertrag, in Hohenheim mit 32,1 dt/ha leicht über dem Durchschnitt. Züchter/Vertrieb: Deutsche Saatveredelung AG.
Goldmarie (zweizeilig): Seit 2023 im Sortiment. Mittellange Sorte mit guter Standfestigkeit. An beiden Standorten ertragsstark (relativ 108,9 %). In Hohenheim leichtes Lager vor der Ernte (4). Züchter/Vertrieb: Saatzucht Bauer/IG Pflanzenzucht.
Julia (mehrzeilig): Seit 2023 im Sortiment. Etwas längere Sorte mit guter Standfestigkeit und hoher Mehltauresistenz. Stabile Ertragsleistung mit 98,9 % rel. Ertrag im Ländervergleich. Qualitäten in 2024 unterdurchschnittlich. Züchter/Vertrieb: Deutsche Saatveredelung AG.
KWS Exquis (mehrzeilig): Seit 2023 im Sortiment. Mittellange, standfeste Sorte. Hohe Zwergrostresistenz. Hektolitergewicht entspricht dem Versuchsmittel, gute Sortierung. Gute Ertragsleistung (rel. Ertrag 112,6 % für Versuchsstandorte in Baden-Württemberg). Züchter/Vertrieb: KWS Momont Recherche SARL.
KWS Flemming (mehrzeilig): Verrechnungssorte. Mittlere Länge und Reife. Ertragsleistung in 2024 liegt im Durchschnittsbereich. In der länderübergreifenden Auswertung über 5 Jahre und 25 Versuche knapp unter dem Durchschnitt (relativ 98,1 %). Qualitäten unter dem Versuchsmittel. Züchter/Vertrieb: KWS Lochow GmbH.
LG Callista (zweizeilig): Neu im Sortiment. Hohe Resistenz gegen Rhynchosporium und Zwergrost. In Hohenheim mit 45,3 dt/ha über dem Versuchsmittel, in Grötzingen durchschnittlicher Ertrag bei im Mittel durchschnittlichen Qualitäten. Mittlerer Ramularia-Befall in Hohenheim, starker Befall in Grötzingen. Züchter/Vertrieb: Limagrain GmbH.
Lioba (mehrzeilig): Biologisch-dynamisch gezüchtete Sorte. Lang, standfest. Ertraglich in Grötzingen und Hohenheim unter dem Durchschnitt (relativ 95,8 % und 96,7 %). Qualitäten unter dem Versuchsmittel. Die Sorte besitzt laut Züchter eine morphologische Flugbrand-Widerstandsfähigkeit. Züchter/Vertrieb: Landbauschule Dottenfelderhof e.V.
Melia (mehrzeilig): Seit 2023 im Sortiment. Lange Sorte mit mittlerer Standfestigkeit. An beiden Standorten lag der Ertrag deutlich über dem Durchschnitt (relativ 111,6 % in Grötzingen und 115,5 % in Hohenheim) bei überdurchschnittlichen Qualitäten. Züchter/Vertrieb: IG Pflanzenzucht.
Normandy (zweizeilig): Mittellange Sorte mit mittlerer Reifeeinstufung. Sehr gute Ertragsleistung in Grötzingen (relativ 112 %), unterdurchschnittlich in Hohenheim (relativ 88,3 %). Mehrjährig und über mehrere Bundesländer ausgewertet, erreicht sie relativ 95,4 %. Die Qualitäten liegen, außer beim Hektolitergewicht, im Versuchsdurchschnitt. Züchter/Vertrieb: Nordic Seed Germany GmbH.
RGT Mela (mehrzeilig): Neu im Sortiment. Lange Sorte mit mittlerer Reifezeit. Sehr gute Ertragsleistung an beiden Standorten (relativ 115,3 % in Grötzingen und 117,4 % in Hohenheim). In der länderübergreifenden Auswertung erreichte die Sorte einen relativen Ertrag von 104,4 %. Die Qualitätsergebnisse sind ebenfalls überdurchschnittlich. Ramularia wurde mit 6,5 bonitiert. Züchter/Vertrieb: W. von Borries-Eckendorf GmbH & Co. KG/RAGT.
SU Laubella (zweizeilig): Kürzere Sorte mit guter Standfestigkeit. 2024 insgesamt beim Ertrag wieder über dem Versuchsdurchschnitt (relativ 107,2 % in Grötzingen und 108,7 % in Hohenheim), auch qualitativ überdurchschnittlich. Züchter/Vertrieb: Nordsaat Saatzucht GmbH/Saaten-Union.
SU Midnight (mehrzeilig): Längere Sorte mit mittlerer Standfestigkeit. 2024 erreichte die Sorte, wie bereits im Vorjahr, nicht die Ertragsleistung aus dem ersten Anbaujahr. An beiden Standorten war sie das Schlusslicht mit relativ 88 %. Die Qualitäten liegen ebenfalls unter dem Versuchsmittel. Züchter/Vertrieb: W. von Borries-Eckendorf GmbH/Saaten-Union.
Valena (mehrzeilig): Neu im Sortiment. Zulassung 2024. Längere Sorte mit mittlerer Reife und hoher Zwergrostresistenz. Ertraglich in Grötzingen durchschnittlich (relativ 100,6 %), in Hohenheim über dem Durchschnitt (relativ 108,1 %). Gute Sortierung, Hektolitergewicht liegt unter dem Durchschnitt. Züchter/Vertrieb: Landbauschule Dottenfelderhof e. V.
Anmerkungen zu den Öko-Gerstenergebnissen
Die Sorten Avantasia, Eufemia und RGT Mela wurden 2024 an insgesamt fünf Prüfstandorten geprüft; in Baden-Württemberg (Hohenheim, Karlsruhe-Grötzingen), Bayern (Neuhof, Berglern) und Hessen (Alsfeld). Nicht jede Sorte wird jedes Jahr an allen Standorten geprüft.
Die Sorten KWS Flemming und Normandy wurden an insgesamt sieben Prüfstandorten in mehrjähriger Länderauswertung geprüft; in Baden-Württemberg (Hohenheim, Karlsruhe-Grötzingen), Bayern (Neuhof, Berglern), Rheinland-Pfalz (Haßloch) und Hessen (Alsfeld, Bad-Vilbel). Nicht jede Sorte wurde jedes Jahr an allen Standorten geprüft.
Die Sorte Julia stand an insgesamt acht Prüfstandorten in Auswertung 2023 und 2024 länderübergreifend.
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