
Raus aus der Krisendenke
Wie wichtig es ist, die Wettbewerbsfähigkeit der landwirtschaftlichen Betriebe nicht weiter aufs Spiel zu setzen, das hat Karl Endriß, der Vorsitzende beim Bauernverband Biberach-Sigmaringen, den Vertretern aus Politik und Wirtschaft auf der Versammlung am 7. Februar mit Fettschrift ins Stammbuch geschrieben. Warum die Mehrgefahrenversicherung an Bedeutung gewinnt, erklärte Gastredner Friedrich Ehrmann, Vereinigte Hagelversicherung VVaG.
von Matthias Borlinghaus Quelle Matthias Borlinghaus erschienen am 11.02.2025„Wir brauchen eine veränderte Politik. Dies ist heute mehr denn je notwendig. Wir müssen schnell handeln und wollen Lösungen auf den Weg bringen“, mahnte der Vorsitzende Karl Endriß auf der Jahreshauptversammlung am 7. Februar in der gut besetzten Donauhalle. Positiv sei, dass seit den Bauernprotesten vor einem Jahr die Landwirtschaft und der ländliche Raum in der politischen Diskussion wieder eine bedeutendere Rolle spielen. Laut Endriß habe sich seit dem auch die Agenda der europäischen Landwirtschaft im positiven Sinne geändert. Die schwache Wirtschaftsleistung in Deutschland allerdings führe auch im Agrarbereich zu einem negativen Geschäftsklimaindex. Ziel müsse es sein, die Wettbewerbsfähigkeit der Höfe wieder herzustellen. „Nationale Sonderwege, gesetzgeberische Alleingänge und Vorschriften, die über europäische Vorgaben hinausgehen, belasten unsere Betriebe massiv“, kritisierte Endriß. Als Stichworte nannte er den Agrardiesel und die Pflanzenschutzmittelzulassungen. Gefragt seien gleiche Bedingungen innerhalb der EU. Und: „Wir müssen endlich raus aus der Krisendenke – aus der Klima-, Biodiversitäts-, Migrationskrise. Wer in dem Dogma Krise arbeitet, wird keine Lösung finden“, so Endriß. Um künftig erfolgreich regionale Lebensmittel zu erzeugen, brauche es eine innovative und ressourcenschonende Landwirtschaft.

Der Strukturbruch und die damit verbundene Halbierung der Schweine- und Rinderbestände in den letzten 40 Jahren müssten dringend gestoppt werden. „Dafür brauchen wir Planungssicherheit und Verlässlichkeit“, so Endriß. Ein Negativbeispiel sei die Grundsteuer, mit der die bäuerlichen Betriebe einseitig zusätzlich belastet würden, obwohl der Bauernverband frühzeitig vor der Reform in dieser Form gewarnt habe. „Unter einer Politik des Gehörtwerdens verstehe ich etwas anderes“, so Endriß. Erschwerend komme hinzu, dass mit dieser Grundsteuerreform die Berechnungsgrundlage für die Landwirtschaftliche Krankenkasse weggefallen sei. Jetzt kommt es zu einer neuen Art der Beitragsberechnung und für nicht wenige Betriebe zu einer zusätzlichen Beitragserhöhung.

Wie der Klimawandel die Landwirtschaft trifft, erklärte Friedrich Ehrmann, Bezirksdirektor der Vereinigte Hagelversicherung VVaG bei der Bezirksdirektion Stuttgart. Bei dem Versicherer waren 2024 europaweit 6,3 Millionen Hektar Agrarfläche (4,8 Mio. ha in Deutschland) versichert. Dabei werden die Mehrgefahrenversicherungen schon seit einigen Jahren immer wichtiger, so Ehrmann. Neben der klassischen Absicherung gegen Hagel kann man sich über die Mehrgefahrenversicherung auch gegen Sturm und Starkregen, Frost und Dürre versichern. Die Notwenigkeit dafür zeige sich beim Blick auf die Wetterdaten. Laut Ehrmann war 2024 das wärmste Jahr seit es Wetteraufzeichnungen gibt (1881) und es fielen in Deutschland im Schnitt 112 Liter pro m2 mehr Regen als im langjährigen Mittel. Von 1961 bis 1990 lag die Jahresdurchschnittstemperatur bei 8,2 Grad. Seit 1890 bis 1990 gab es Jahre, in denen es kühler war und Jahre, in denen es wärmer war. Auffällig ist: Seit 1991 bis heute lagen die Werte jedes Jahr immer über 8,2 Grad.
Spätfrostgefahr steigt
Nachdem es im Frühjahr 2024 vergleichsweise warm war, kam es zu einer stärkeren Frostbelastung. Viele Kulturen wurden hart getroffen. Hintergrund: Am 1. April zum Beispiel liegt die Wahrscheinlichkeit, dass die Temperaturen nachts auf minus 2 Grad runter gehen, bei rund 60 Prozent. Ende April liegt diese Wahrscheinlichkeit nur noch bei zehn Prozent. Der Blühbeginn der Süßkirsche zum Beispiel lag von 1961 bis 1990 am 26. April (Frostwahrscheinlichkeit 19 Prozent). Nun hat sich der Blühbeginn durch die Klimaerwärmung um neun Tage nach vorne verschoben auf den 17. April. Das führt dazu, dass das Spätfrostrisiko steigt – der Frühling findet früher statt und die Sommer werden tendenziell länger.
Und wie geht es weiter?
Nach Prognosen der Münchener Rückversicherungs-Gesellschaft zum Beispiel würden laut Ehrmann Hagelschläge mit Körnern über 2 cm Größe in Europa um 10 bis 20 Prozent zunehmen werden, bei Hagelkörnern von mehr als 5 cm Größe dürften die Hagelstürme bis Ende des Jahrhunderts um 30 bis 40 Prozent zunehmen. Sollten die Temperaturen weiter steigen, dürfte auch die Hagelhäufigkeit insgesamt um 50 Prozent zunehmen. Aber auch Stürme mit Starkregen (mehr als 50 Liter pro Quadratmeter innerhalb von 24 Stunden), Überflutungen und Wasser-Wind-Erosionen erhöhen das Produktionsrisiko. Spätfrost werde zunehmend auch ein Thema im Ackerbau (Gerste- und Rapsblüte). Von massiver Trockenheit ist man in Baden-Württemberg im Vergleich zu anderen Regionen Deutschlands bislang noch weitestgehend verschont geblieben.
Was sich alles versichern lässt
Versicherbar seien grundsätzlich alle landwirtschaftlichen Kulturen. Versichert wird der mengenmäßige Ertragsverlust, bei Obst kann auch ein Qualitätsverlust mitversichert werden. Im Schadensfall wird jeweils eine Schadenshöhe festgestellt, aus der sich die Versicherungssumme (Größe des Feldes und Hektarwert) errechnet. Um den Schaden aufzunehmen, kommen Schätzer von der Versicherung auf den Betrieb. Zudem gibt es je nach Vertrag Selbstbehalte oder eine Umbruchpauschale. Die Prämien seien abhängig von den jeweiligen Kulturen und von der Bandbreite, welche Risiken abgedeckt werden sollen. Einzig die Trockenschäden werden über eine sogenannte Indexversicherung abgesichert. Sie springt automatisch ein, wenn je nach Kultur bestimmte Parameter, die vorher festgelegt wurden, wie die Niederschlagsmenge pro Zeit, unterschritten werden. Die Daten dazu kommen vom Deutschen Wetterdienst. Apropos Daten: Mithilfe der Wetteraufzeichnungen über viele Jahre lässt sich schauen, wie oft bestimmte Schwellenwerte überschritten wurden. So kann man ablesen, ob eine Versicherung für eine bestimmte Kultur an einem bestimmten Ort Sinn macht oder eher nicht.
Uneinheitliche Förderung
Aus der Branche und auch in der Politik gibt es immer mehr Stimmen, die sich für eine gezielte Förderung für die Mehrgefahrenversicherung aussprechen, anstatt immer wieder neue Ad-hoc-Beihilfen nach einzelnen Schadereignissen auszusprechen, sagte Ehrmann. Andere EU-Länder seien hier bereits weiter. Sie fördern die Mehrgefahrenversicherung zum Beispiel in Frankreich mit 65 Prozent, in Spanien mit 50 Prozent, in Italien 56 bis 70 Prozent und in Rumänien bis zu 70 Prozent. „Bei uns gibt es eine Förderung lediglich für Teilbereiche bis zu 50 Prozent, wobei die Regelungen je nach Bundesland unterschiedlich sind. Schön wäre ein einheitliches System für ganz Deutschland“, so Ehrmann. Mit Blick auf die verschiedenen Bundesländer meinte er: In NRW sind es Wein, Obst und Gemüse, die sich mit Förderung versichern lassen, in RLP ist es nur Wein, in Baden-Württemberg gibt es einen Zuschuss für Wein und Obst, aber nur für Frost, in Sachsen-Anhalt (Wein) und in Thüringen Wein, Obst und Gemüse. In Bayern sei man laut Ehrmann deutschlandweit am weitesten: Hier sei man im Jahr 2023 in Sachen Absicherung auch in die Landwirtschaft mit eingestiegen, zusätzlich zu Obst und Wein. Die Mittel für die Zuschüsse kämen aus der zweiten Säule. Es gebe jeweils ein Paket „Ackerbau“, hier müsse man sich gegen Hagel, Sturmschäden, Starkregen, Frost, Trockenheit und Fahrschäden versichern, wenn man einen Zuschuss möchte. „Grünland“ werde gegen Hagel, Trockenheit und Fahrschäden versichert und bei den „Dauerkulturen“ dürfe man sich zwei Gefahren aussuchen – die meisten wählten den Hagel und den Frost, erläuterte Ehrmann.
Bedeutung der Mehrgefahrenversicherung
Wenn es nach Ehrmann geht, sollte Deutschland die Förderung für die Mehrgefahrenversicherung ausweiten. Nur so blieben die Versicherungen bezahlbar und die ohnehin steigenden Produktionsrisiken durch die Klimaveränderungen kalkulierbar. Karl Endriß hofft, dass eine Beihilfe für die Mehrgefahrenversicherung auf EU-Ebene politisch im Rahmen der gemeinsamen Agrarpolitik festgeschrieben werden kann. Die Bedeutung einer Förderung für die Mehrgefahrenversicherung unterstrich die erste stellvertretende Vorsitzende Martina Magg-Riedesser im Schlusswort. Zuvor berichtete Klaus Burger, Vorsitzender des Arbeitskreises Ernährung, Ländlicher Raum und Verbraucherschutz der CDU-Landtagsfraktion, dass im Landeshaushalt zwei Mal sieben Millionen Euro eingestellt wurden, um die Mehrgefahrenversicherung besser fördern zu können. „Wir sind mittlerweile mindestens so gut wie Bayern“, findet Burger. Und: Ihm zufolge sei es zudem gelungen, dass eine Allgemeinverfügung zur Bekämpfung der Saatkrähe erlassen werden kann, was Burger als echten Durchbruch bezeichnete.
Landjugend-Aktion zum Thema Lernort Bauernhof
Wie eine Unterrichtsstunde in einer siebten Schulklasse ablaufen könnte, das spielten Daniel Hirschmann, Landesvorsitzender der Landjugend Baden-Württemberg Hohenzollern, als Lehrer mit seinen Schülern, den drei Junglandwirten Sarina Kocher, Tobias Behringer und Nicolai Stock, in einem kleinen Theaterstück vor. Auf dem Stundenplan steht das Thema Landwirtschaft. Der Lehrer bereitet seine Schüler auf einen Betriebsbesuch vor, indem er mit ihnen darüber diskutiert, wo die Lebensmittel herkommen, warum die Produktionskosten hierzulande höher und die Erzeugnisse sicherer sind, als dies bei Ware aus dem Ausland oftmals der Fall ist. Fazit der Stunde: Obwohl es die Landwirte in Deutschland schwer haben, können sich viele junge Menschen für Landwirtschaft begeistern. Neue Produkte, Innovationen und Technik machen den Beruf attraktiv. „Wir Junglandwirte bezeichnen unseren Beruf als Berufung und als große Leidenschaft, für die man bereit ist, einiges in Kauf zu nehmen“, so Hirschmann. Über das Projekt Lernort Bauernhof sollen diese Leidenschaft geteilt und wichtige Informationen vermittelt werden.
Neues aus dem Geschäftsbericht
„Unsere Anliegen deutlich zu kommunizieren, war ein wichtiger Schwerpunkt in der Verbandsarbeit“, meinte Kreisgeschäftsführer Niklas Kreeb in seinem Bericht. Unter anderem wurden verschiedene Betriebe der Öffentlichkeit vorgestellt, es fanden Gespräche mit Pressevertretern und Abgeordneten statt. Ein weiterer Schwerpunkt, den Kreeb vorstellte, war die Beratung für den Gemeinsamen Antrag. Im vergangenen Jahr wurden 400 Anträge mit insgesamt 14.000 Hektar Fläche über den Verband gestellt. Das seien immerhin 12,5 Prozent der Anträge insgesamt gewesen. Aktuell hat der Verband 2977 Mitglieder. Zuvor hatten die anwesenden Mitglieder einer erforderlichen Satzungsänderung zugestimmt (einstimmig mit 67 Ja-Stimmen). Bei der Änderung geht es darum, dass Mitglieder im Kreisverband auch automatisch Mitglieder im Landesbauernverband sind, erläuterte Kreeb. Diese Anpassung der Satzung wurde für alle Kreisverbände erforderlich, nachdem zuvor der Landesbauernverband seinerseits die Satzung geändert hatte. Der Kreisverband Biberach-Sigmaringen nutzte die Gelegenheit, seine Satzung noch in einigen weiteren Punkten nachzuschärfen und auf den aktuellen Stand zu bringen, so Kreeb.
Landfrauen zeigen Flagge
Ebenfalls Teil des Bauernverbands sind wie die Landjugend auch die Landfrauen mit ihren 1336 Mitgliedern, so die Kreisvorsitzende Doris Härle in ihrem Bericht. Insgesamt haben im vergangenen Jahr 412 Veranstaltungen stattgefunden, an denen über 7000 Frauen und Männer teilgenommen haben.

Härle, die auch Vizepräsidentin im LandFrauenverband Württemberg-Hohenzollern ist, machte deutlich, dass die Interessensvertretung der Bäuerinnen eine wichtige Aufgabe ist, die in Zeiten klammer Kassen, höheren Auflagen und Anforderungen aus der Gesellschaft nicht einfacher wird. Dabei sei die Nachfrage groß. „Bei vielen Veranstaltungen suchen unsere Bäuerinnen den Kontakt zum Ehrenamt, um uns ihre Sorgen und Nöte mitzuteilen, so Härle. Sie begrüßte es, dass die sozio-ökonomische Beratung ausgebaut und für das Projekt „Starke Frauen – starkes Land“ Fördergelder bereitgestellt wurden.
Unterstützung vom Landkreis und aus den Gemeinden
Marcus Schafft, Bürgermeister von Riedlingen, zeigte seine Verbundenheit mit der Landwirtschaft. Auch wenn bei der Flächennutzung immer wieder unterschiedliche Interessen aufeinanderstoßen würden– als Stichworte nannte er die Ausweisung von Gewerbe- oder Bebauungsgebieten. Ziel müsse es sein, gemeinsam in der „kommunalen Familie“ Lösungen zu finden.
Landrat Mario Glaser machte deutlich, dass die Landwirtschaft durch die Proteste mehr ins öffentliche Bewusstsein gerückt sei. Die Herausforderungen seien deswegen aber nicht weniger geworden. Das Landwirtschaftsamt im Landkreis sehe sich als Partner der Landwirtschaft und der Berufsstand könne sich der Unterstützung des Landratsamtes sicher sein. Thema im Kreis sei derzeit die „Ressource Boden“. Hierzu gebe es die unterschiedlichsten Projekte, mit dem Ziel, den Boden bestmöglich gesund zu erhalten. So gebe es eine bodenkundliche Bildungsmaßnahme, ein viertägiger Bodenkurs, der schon im vergangenen Jahr auf großes Interesse gestoßen sei und im laufenden Jahr wieder stattfindet. Zudem würden für den Instagram-Kanal des Landkreises Kurz-Videos, sogenannte Reels, aufgenommen, in denen erklärt wird, was die Ämter im Kreis für Bürgerinnen und Bürger alles leisten. Das Reel mit dem Landwirtschaftsamt zeige, wie stark die Landwirtschaft im Kreis verankert ist. Für den Landrat steht fest: „Wir werden die Herausforderungen der Zukunft nur gemeinsam meistern.“ Und: „Wir sind für euch da“, versprach Glaser.
Infos zur Bundestagswahl
Angesichts der Bundestagswahl am 23. Februar nutzten Kandidaten von CDU, FDP, SPD und Bündnis 90/Die Grünen die Versammlung, um in einem kurzen Grußwort deutlich zu machen, wie ihre jeweiligen Parteien die Landwirtschaft unterstützen möchten.
- Thomas Bareiß (CDU): „Wir werden nach der Bundestagswahl das tun, was wir vorher angekündigt haben“, versprach Bareiß. Die Zeit der großen Reden sei vorbei, jetzt müsse es darum gehen, Dinge umzusetzen, zeigte sich der Abgeordnete tatkräftig. Die Bauernproteste seien wichtig gewesen, sie hätten viele Menschen wachgerüttelt. Bareiß versprach, dass die Kürzungen bei der Agrardieselrückvergütung rückgängig gemacht werden, sollte die CDU an die Regierung kommen. „Uns geht es darum, dass die Wettbewerbsfähigkeit in Europa wiederhergestellt wird“, so Bareiß. Aus dem gleichen Grund wolle man auch im Bereich der Tierhaltung die Anforderungen nicht weiter erhöhen. Stichwort: „Den Tierhaltern mehr zutrauen.“ Und auch bei den erneuerbaren Energien sei die Landwirtschaft nicht das Problem, sondern Teil der Lösung. Biogasbetriebe zum Beispiel bräuchten eine Perspektive, um weitermachen zu können, meinte Bareiß und versprach: „Ihr habt uns an eurer Seite. Wir sind der Garant dafür, dass die Landwirtschaft und der ländliche Raum stark im Bundestag vertreten bleibt.“
- Ben Dippe (FDP) präsentierte sich als progressiver Mensch, der bereit ist, auch mal etwas Neues anzugehen. Sein Credo: Die FDP-Politik verspricht mehr Freiheit und legt den Betrieben weniger Steine in den Weg. „Die Politik muss mit Ihnen arbeiten und nicht über Ihre Köpfe hinweg“, so Dippe. Enteignungen der Betriebe zum Beispiel wegen eines Straßenbaus werde die FDP nicht mittragen. Und überhaupt: Leistung müsse sich wieder lohnen, entsprechend will die FDP Steuern und Abgaben insbesondere für die Unternehmen senken. Europäische Gesetzgebung dürfe national nicht nochmals zusätzlich verkompliziert werden. Die Gemeinsame Agrarpolitik müsse einfacher werden und die Ernährungssicherung mehr Priorität bekommen. Ziel sei es, den Naturschutz zu integrieren, ohne dass dadurch Erträge eingebüßt werden. Ausgleichsmaßnahmen müssten effizient sein und dürfen nicht kleinteilig erfolgen. Das Bundesumweltamt möchte die FDP am liebsten komplett abschaffen. Ein Bundesumweltministerium und die 16 Landesministerien seien völlig ausreichend. In Richtung CDU meinte Dippe: „Wenn Sie eine CDU-Politik möchten, sollten Sie die FDP wählen (bürgerlich-liberal), denn die CDU ist ein politisches Chamäleon. In der Landespolitik ist sie grün, in der Großen Koalition ist sie rot und Friedrich Merz nähere sich nun auch schon den Grünen an.“
- Robin Mesarosch (SPD) berichtete von seinen Kindheitserlebnissen auf dem Bauernhof, als er schon in jungen Jahren den bäuerlichen Alltag kennenlernen durfte. Die Themen allerdings, die die Landwirte derzeit bewegen und für die sie im vergangenen Jahr auf die Straße gegangen sind, seien für ihn sehr komplex und in Teilen nur schwer zu durchschauen gewesen, weshalb er sich hier eher zurückhalten möchte mit irgendwelchen Empfehlungen. Zu den Bauernprotesten meinte er: „Ich finde es immer gut, wenn Leute auf die Straße gehen und sich solidarisch zeigen. Aber wenn man einen Galgen aufstellt, glaube ich nicht daran, dass dann irgendwas besser wird.“ Besser sei es, wenn man eine andere Gesprächsebene fände, hier hätte der Bauernverband gut reagiert. Sein Vorschlag: Man sollte anständig miteinander umgehen und keine Versprechungen machen, die man nicht halten kann. Als Positiv-Beispiele nannte er die steuerliche Gewinnglättung, eine ordentliche Förderung bei der Nutztierhaltung, die Stromsteuer und dass die KFZ-Steuerbefreiung geblieben sei. Er selbst sitze im Bundestag im Digital-Ausschuss und sei dort für die Digitalisierung der Verwaltung zuständig. Ziel sei die Abschaffung von Papier auf den verschiedenen Ebenen der Verwaltung. Zudem ist er im Klima- und Energieausschuss, sagte er, hier habe man in den vergangenen Jahren gute Arbeit geleistet, findet Mesarosch. Was das Biogas angeht, will er sich weiter dafür einsetzen, dass Biogas seinen Platz im Energiesystem behält. Sein Fazit: „Keine Preise unter Produktionskosten. Gemeinsam für Klimaschutz sorgen. Jeder Hof in Deutschland hat seinen Platz, egal welche Größe.“
- Für Simon Schutz (Grüne) haben Grüne und Landwirte eigentlich viele Gemeinsamkeiten. „Auch Sie haben Interesse daran, dass Ihre Böden noch in 30 Jahren fruchtbar sind“, meinte Schutz. Die Schöpfung bewahren, sei ein urchristliches Motiv, von dem auch die Grünen geleitet würden, meinte Schutz, der sich darüber freute, dass der Klimawandel im Gastvortrag Thema war, schließlich seien es die Grünen gewesen, die die Umwelthemen in die Politik getragen hätten. Schutz gab sich lernfähig: „Wir Grünen haben verstanden, dass Sie es nicht leiden können, wenn Politik über Ihre Köpfe hinweg gemacht wird.“ Er könne vieles von dem Frust, der vor einem Jahr das berühmte Fass zum Überlaufen gebracht habe, verstehen, gab jedoch zu bedenken, dass viele der kritisierten Punkte frühere Landwirtschaftsminister zu verantworten gehabt hätten. Künftig setze er auf eine Politik des Zuhörens und des Gehörtwerdens. Fakt sei, dass der Wandel des Klimas auch zu einem Wandel der Landwirtschaft führen werde. „Bringen Sie sich gerne mit ein, wie die Landwirtschaft fit für die Zukunft wird“, so Schutz. Er warnte vor einer europafeindlichen Politik. Nationale Grenzschließungen wären fatal, sowohl für die Industrie als auch für die Landwirtschaft. Wenn es nach den Grünen geht, sollten Milliardäre stärker in die Verantwortung genommen werden. „Die Eigentümer-Familien von Lidl und Aldi bereichern sich auf Ihre Kosten“, so Schutz. Gestärkt werden solle aus seiner Sicht die Direktvermarktung und das Gebot des Verkaufs unter Einstandspreis müsste in der gesamten Lebensmittelkette eingehalten werden. „Wir Grüne wollen dem Höfesterben entschieden entgegentreten und die Landwirtschaft zukunftsfähig machen“, so Schutz.
Schlusswort mit Wahlaufruf
Die erste stellvertretende Vorsitzende, Martina Magg-Riedesser, bedankte sich bei allen Mitgliedern und Gästen für ihr Interesse sowie beim Landfrauen-Team für die tolle Bewirtung. Mit Blick auf die Bundestagswahl sagte sie: „Gehen Sie zum Wählen, wählen Sie demokratisch.“ In Richtung Politik und Markt meinte Magg-Riedesser, dass der MKS-Ausbruch in Brandenburg einen Preissturz von 20 Cent pro kg bei den Schlachtschweinen ausgelöst und so die Schweinehalter massiv getroffen hätte. „Züchter und Mäster schreiben derzeit Verluste“, warnte Magg-Riedesser. Zudem mahnte sie an, mehr Planungssicherheit und anständige Rahmenbedingungen für die Biogasbetriebe sicherzustellen.
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