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EU-Vorschläge stoßen auf Ablehnung

Nationale Anwendung vorerst gescheitert

Der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) begrüßt die Absage des Bundesrates an die von der EU-Kommission geplanten Änderungen in den Artikeln 148 und 168 der gemeinsamen Marktorganisation GMO. „Ein klares Votum der Vernunft“, so DRV-Hauptgeschäftsführer Jörg Migende.

von DRV/bor Quelle Deutscher Raiffeisenverband (DRV) erschienen am 25.02.2025
Die Position der Landwirte in der Lebensmittelkette stärken und ihre Einkommenssituation verbessern: Mit einer Verschärfung der Artikel 148 und 168 der Gemeinsamen Marktorganisation (GMO) würde nach Überzeugung des Deutschen Raiffeisenverbandes (DRV) genau das Gegenteil erreicht. © Matthias Borlinghaus
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Der Bundesrat hatte in seiner Sitzung Mitte Februar den von der EU-Kommission geplanten Änderungen in den Artikeln 148 und 168 der gemeinsamen Marktorganisation (GMO) eine klare Absage erteilt – eine mehrheitliche Entscheidung der Bundesländer, die der Deutsche Raiffeisenverband (DRV) begrüßt. „Die Bundesländer haben ein deutliches Signal in Richtung Bundesregierung gegeben, die Pläne der EU zur Verschärfung der Artikel 148 und 168 GMO vollumfänglich abzulehnen. Dies ist ein klares Votum der Vernunft“, findet Jörg Migende. So müsse die Bundesregierung die Pläne der Kommission ablehnen. Denn mit Anwendung der beiden Artikel würde die Erzeugerebene in Deutschland durch die vorgesehenen Neuregelungen nicht gestärkt, sondern geschwächt. Höhere Erzeugerpreise könnten so nicht erzielt werden, vielmehr seien geringere Preise zu erwarten, weil zudem auch mehr Bürokratie und höhere Kosten entstünden.

Pläne gehen in die falsche Richtung

Im Gespräch mit Pressevertretern ließ Jörg Migende keinen Zweifel aufkommen, dass der DRV zu 100 Prozent hinter dem Ziel steht, die Position des Landwirts in der Lebensmittelkette zu stärken und seine Einkommenssituation zu verbessern. Dies sei im Übrigen auch der Grund dafür, warum es den deutschen Raiffeisenverband überhaupt gebe. Doch im Gegensatz zum Vorschlag der EU-Kommission und auch vielen Nichtregierungsorganisationen (NGOs), die die Anwendung der beiden Artikel in Deutschland fordern, gingen solche Pläne laut DRV in die falsche Richtung, nach dem Motto: Gut gemeint, ist nicht gut gemacht. Die Pläne stellten einen nicht zu rechtfertigenden Eingriff in die Satzungs- und Vertragsfreiheit der genossenschaftlich organisierten Molkereien und der meisten Marktpartner in anderen Sektoren dar. Zumal in Genossenschaften generell Lieferbeziehungen aufgrund der Mitgliederstruktur bereits demokratisch durch die Mitglieder mitbestimmt werden. Dies sei ein hohes und schützenswertes Gut. Daher dürfe es auch nicht zu einer zentral von der EU festgelegten Regelung kommen, weil die Rahmenbedingungen je nach Land unterschiedlich seien. Entsprechend solle jedes Land selbst entscheiden.

Vertragsbeziehungen im Fokus

Die GMO fasst das Agrarmarktrecht in einer Verordnung zusammen. Im zweiten Teil der Verordnung geht es um die Vertragsbeziehungen mit dem Sektor Milch und Milcherzeugnisse (148). Bei der Milch können die Mitgliedstaaten nicht nur die Vertragspflicht einführen, sondern auch eine feste Beziehung von Mengen und Preisen festlegen. Molkereien hätten einen Mehraufwand und würden vorsichtiger agieren, was das Preisniveau eher absenken würde, so die Befürchtung. Im Artikel 168 werden die Vertragsbeziehungen in allen anderen landwirtschaftlichen Erzeugnissen mit Ausnahme von Zucker geregelt. In beiden Artikeln geht es um die Vertragsbeziehungen zwischen Landwirten und ihren Abnehmern, also der ersten Stufe in der Lieferkette – zwischen Landwirten und den verarbeitenden Betrieben, den Bündlern und dem Landhandel, den Erfassern sowie den Getreideannahmestellen. Bisher obliege es den Mitgliedstaaten, die Artikel 148 und 168 in nationales Recht umzusetzen und bislang sei das in Deutschland aus gutem Grund auf Ablehnung gestoßen. Doch mit der Änderung der GMO, wie Anfang Dezember 2024 von der EU-Kommission vorgeschlagen, könnte dies zu einer verbindlichen Verordnung werden, die auf nationaler Ebene umgesetzt werden müsste.

Gefahr von staatlichen Eingriffen

Kritisiert wird vom DRV, dass es für den 168 keine Folgeabschätzung gibt. Insbesondere der Zwang zu einem schriftlichen Vertrag wird beim DRV kritisch gesehen, was man als Eingriff in die Vertragsfreiheit betrachtet und mit einem erheblichen bürokratischen Mehraufwand verbindet. Zudem soll es verpflichtende Vorgaben für die Vertragsbedingungen geben, die als Eingriff in die Privatautonomie und als Einfallstor für eine Planwirtschaft gesehen werden.

Gemeinsam in einem Boot

Hauptkritikpunkt des DRV ist die Revisionsklausel, die vorsieht, dass Verträge über sechs Monate Laufzeit einseitig nachverhandelt oder gekündigt werden können. Das gefährde die Verlässlichkeit einer Genossenschaft in ihrer Lieferfähigkeit gegenüber ihren Handelspartnern, wie dem Lebensmitteleinzelhandel oder weiterverarbeitenden Betrieben, und wirke sich insgesamt negativ auf die Versorgungssicherheit aus. Dieses Revisionsrecht soll genutzt werden können, wenn der Preis die Produktionskosten nicht mehr deckt. Doch wie soll dies in Praxis durchgesetzt werden? Die Produktionskosten seien je Betrieb unterschiedlich. Ein Offenlegen der eigenen Kosten würde die Verhandlungsposition des Erzeugers schwächen, argumentiert der DRV auf einer marktwirtschaftlichen Ebene. Denn jeder Einkäufer träume davon, die Produktionskosten seines Lieferanten zu kennen, um ihn dann in den Preisverhandlungen nach unten drücken zu können. Und das wiederum beschädige dann den Wettbewerb insgesamt. Der Verarbeiter seinerseits jedoch könne höhere Kosten nicht oder nur ganz schwer auf den Handel abwälzen. Sollte den Landwirten ein Weitergeben der Mehrkosten ermöglicht werden, würden diese höheren Kosten aus DRV-Sicht in der Mitte der Verarbeitungskette hängenbleiben. Und das wiederum würde der Vermarktung von Produkten aus Deutschland schaden, so die Befürchtung. Im Übrigen gebe es bislang keinerlei wissenschaftliche Nachweise dafür, dass durch die Anwendung von 148 oder 168 die Erzeugerpreise steigen würden, heißt es beim DRV. Der Verband fordert stattdessen eine Stärkung der Genossenschaften.

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