
Prüfprozess beendet – Gebiet kommt nicht
Die Entscheidung ist gefallen: Im Raum Allgäu-Oberschwaben wird kein Biosphärengebiet (BSR) entstehen. Mehrere Gemeinden sind aus dem Prüfprozess ausgestiegen.
von Silvia Rueß erschienen am 19.11.2025Im 2021 unterschriebenen Koalitionsvertrag der aktuellen Landesregierung CDU und Bündnis 90/Die Grünen steht: „In Oberschwaben wird aufgrund der herausragenden naturräumlichen Ausstattung mit zahlreichen Mooren gemeinsam mit der Region der Prozess zur Ausweisung eines dritten Biosphärengebietes initiiert. Ziel ist es, das Klima und die biologische Vielfalt zu schützen und regionale Wirtschaftskreisläufe zu stärken.“ Seither wird geprüft, wie sich solch ein Gebiet arrangieren lassen würde. Und es war eine lange Diskussion. Befürworter und Gegner haben sich getroffen, argumentiert und Vor- und Nachteile abgewogen: In den vergangenen Wochen sind nun immer mehr Kommunen aus dem Prüfprozess für ein Biosphärengebiet Oberschwaben ausgestiegen.
„Der Kommunalpolitische Arbeitskreis Biosphärengebiet (KAB) kam zu der Einschätzung, dass das Projekt regional nicht mehr tragfähig sei“, heißt es im Staatsanzeiger Baden-Württemberg. Der Sprecher der KAB habe dies in einem Brief an Umweltministerin Thekla Walker berichtet. „Wir waren überrascht“, sagt Franz Schönberger, Vorsitzender im Bauernverband Allgäu-Oberschwaben und erster Vorsitzender der ALLIANZ für Allgäu-Oberschwaben. Die Vereinigung, in der sich betroffene Landeigentümer zusammengeschlossen haben, hatte sich in den vergangenen Jahren intensiv dafür eingesetzt, dass keine Nachteile für die Landwirtschaft entstehen. Dabei ging es nicht darum, das Gebiet generell zu verhindern, betont Schönberger. Da es sich allerdings um einen ergebnisoffenen Prüfprozess gehandelt habe und teilweise das Gefühl entstand, dass die Nachteile zu wenig Gehör finden, habe man sich in der Allianz vernetzt, um deutlich darauf aufmerksam zu machen und in die Gemeinden alle Aspekte zu tragen – nicht nur die Vorteile. Für Schönberger sind Biosphärengebiete keine schlechte Sache. Für die Region Allgäu-Oberschwaben allerdings kein kluger Ansatz. „Wir sind immer für Projekte, die der Landwirtschaft dienlich sind“, betont er, „für die Region haben wir die nicht gesehen.“
Keine Ausweisung in Oberschwaben
In den vergangenen Wochen ist der Konflikt zwischen Befürwortern und Gegnern stetig gewachsen. Auch in den Gemeinden, die nach und nach ihren Ausstieg verkündeten. „Es hat sich gezeigt, dass die großpolitische Lage und die wirtschaftlichen Unsicherheiten unserer Zeit den Dialog über solche Zukunftsprojekte grundsätzlich erschweren“, schrieb der KAB. Daher sei das Projekt nicht mehr tragfähig. Das baden-württembergische Umweltministerium hat nun bestätigt, dass das Projekt nicht umgesetzt wird.
Aus Sicht des NABU ist das eine verpasste Chance für Mensch und Natur, für den Tourismus, den Klimaschutz und für eine nachhaltige Wirtschaft in der Region. Millionen an Fördermitteln werden der Region damit entgehen, dabei sind die Herausforderungen in Oberschwaben mit Blick auf den natürlichen Klimaschutz sowie die Renaturierung von Mooren und Feuchtwiesen dort besonders groß“, heißt es in einer Pressemitteilung. Hier sieht man das Scheitern des Vorhabens allein im Druck durch die Landeigentümer.
Wir sind froh, dass es vorbei ist“, sagt Schönberger. Er bedauert allerdings, welche Gräben die Diskussion in den vergangenen Monaten aufgerissen hat. In eine Region mit der Prüfung zu gehen, bei der es nur ein „Ja“ oder „Nein“ gebe, sorge für Spaltung. Kompromisse waren hier nicht möglich. Dabei habe man zuvor mit vielen Befürwortern gut im Sinne von Natur und Umwelt zusammengearbeitet. „Es ist keine vertane Chance, sondern wir haben wieder eine Vielfalt der Chancen geschaffen“, ist er überzeugt. Schönberger sagt, dass die tatsächlichen Fördergelder, die ohne ein BSR nicht generierbar seien, sich auf rund 200.000 Euro pro Jahr beschränkt hätten – für das gesamte Gebiet. „Wir haben bereits seit Jahrzehnten zahlreiche gute Formate bei denen wir Landwirte stimmberechtigt am Tisch sitzen haben“, sagt er. Die beiden LEADER-Gruppen, die Biomusterregion Ravensburg und der LEV RV Seien dabei starke Partner bei der Regionalentwicklung, der nachhaltigen Landwirtschaft und im Naturschutz. „Hier entwickeln wir auf Augenhöhe und selbstbestimmt den kooperativen Ausbau des Moorschutzes. Uns ist klar, dass die Wiedervernässung in den kommenden Jahren ein großes Thema werden wird. Gerade hier brauchen wir keine Einflussnahme von oben, wirtschaftlich tragfähige und Bürokratiearme Möglichkeiten. Aber jetzt müssen wir in den nächsten Wochen erstmal die Gräben schließen“, so sein Fazit.
Biosphärengebiete sind Modellregionen, die Wirtschaft und Tourismus im Einklang mit Naturschutz und Umweltschutz entwickeln sollen. Das Gebiet besteht aus einer Kernzone mit strengem Schutz, einer Pflegezone mit Naturschutzstatus und einer Entwicklungszone, mit ökologisch ausgerichteter Regionalentwicklung.








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