Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
VdAW-Verbandstag

„Die Logistik stoppt“

Das private Agrargewerbe spürt die Folgen der Wirtschaftskrise. Steigende Energiepreise, wachsende Sozialausgaben und eine ausufernde Bürokratie bremsen die wirtschaftliche Erholung, hieß es beim Verbandstag des Verbandes der Agrargewerblichen Wirtschaft (VdAW) vergangene Woche in Leinfelden-Echterdingen.

von Donat Singler Quelle BWagrar erschienen am 25.11.2025
Geschäftsführung und Moderatoren des Verbandstags (v. r.): VdAW-Präsident Wilhelm Lohrmann, Geschäftsführerin Dr. Brigitta Hüttche, Timo Schumann und Samir Bendt.    © Donat Singler
Artikel teilen:

Im großen Saal der Filderhalle hatten sich am Freitag vergangener Woche Mitglieder und Gäste zum Verbandstag eingefunden. Vor rund 150 Gästen griff Wilhelm Lohrmann die Wirtschaftspolitik der neuen Bundesregierung an. Nach den Worten des VdAW-Präsidenten habe die Regierung mit dem Begriff „wir liefern“ angekündigt, Korrekturen an der Agrarpolitik ihrer Vorgänger vorzunehmen. Lohrmann wartet auf die Lieferung, wie er sagte. Der erfahrene Landhändler vermutet, dass „die Logistik stockt“.

Brennende Probleme

Beispielhaft erwähnte der Präsident ein brennendes Problem mittelständischer Mühlen: die Brandschutzversicherung. Große Versicherungskonzerne ziehen sich immer mehr aus dem Versicherungsschutz zurück beziehungsweise treiben die Versicherungsprämien (Preise) in unerreichbare Höhen. Bezahlbarer Versicherungsschutz sei ein seltenes Gut geworden. Lohrmann berichtete von einem Sägewerksbetrieb, der wegen überteuertem Versicherungsschutz den Betrieb einstellen musste.

Wilhelm Lohrmann beklagte auch die „nicht abreißende Verordnungsflut aus Brüssel“. Diese Entwicklung sei existenziell gefährlich für die Landwirtschaft und ihre Partner im privaten Agrargewerbe. So schwäche etwa der Verzicht auf moderne Produktionsmittel den Agrarstandort und die Erzeugung gesunder Lebensmittel.

Viele Fragen an den Ehrengast

Ehrengast des Verbandstags war der Fraktionschef der Stuttgarter Landtags-CDU, Manuel Hagel. Der 37-Jährige umwarb die Mittelständler, indem er feststellte: Keine Branche im Land sei weiter in der Digitalisierung als die Agrartechnik in Deutschland. Nach einem kurzen, 20-minütigen Grußwort stellte er sich den Fragen der VdAW-Mitglieder. Ein selbstständiger Müller berichtete, dass er für die Versicherung seiner Mühle sieben Versicherungen einbinden musste. Noch fehlten ihm 8 Prozent seines geplanten Versicherungsrisikos. Viele Versicherungen wollten das Risiko einer Mühlenversicherung nicht mehr auf sich nehmen. Hagel räumte ein, dass er dieses Problem bisher nicht gekannt habe. Er antwortete, in diesem Fall sei weniger Bürokratie nicht die Lösung. In diesem Fall sei mehr Regulierung notwendig und erinnerte daran, dass es bis vor einigen Jahren die Gebäudebrandversicherung als Pflichtversicherung in Baden-Württemberg gab.

Ein Vertreter der Schlachtbranche bemängelte den steigenden Mindestlohn, mit dem „wir uns aus dem Markt schießen“. Hagel dazu: Seine Partei strebe „Bereichsausnahmen“ für Gastronomie, Landwirtschaft und Agrargewerbe an. Das Problem sei ihm sehr wohl bekannt. Wenn Deutschland keine Ausnahmen beim Mindestlohn zulasse, werde der Hopfenanbau im Oberland, der Kartoffelanbau an der Iller und der Steillagenweinbau mangels Rentabilität verschwinden. Ein Vertreter aus dem Vieh- und Fleischhandel beklagte, dass die Landwirtschaft Förderprogramme erhalte, die vor- und nachgelagerten Betriebe aber nicht. Diese Betriebe gehörten genauso zur Wertschöpfungskette Lebensmittel.

Agrarstrukturgesetz zu eng

Hagel war auch auf diesen Einwurf vorbereitet. Der Fehler liege im Agrarstrukturgesetz, meinte er. Um ihn zu beheben, wolle seine Partei den Fachbegriff „dehnen“. Auf diese Weise könne das Land eingreifen, um das private Agrargewerbe in die Förderprogramme einzubinden. Das sei nichts Neues. In Niedersachsen und in Österreich sei dieser Weg ebenfalls erfolgreich beschritten worden.

Ein Vertreter des Vieh- und Fleischhandelsverbandes Baden-Württemberg wollte wissen, wie Hagels Partei das Bauernsterben in Südwestdeutschland stoppen wolle. CDU-Mann Hagel erinnerte daran, dass es Mehrheiten brauche, um Politik zu gestalten. Wer ihn und seine Partei unterstützen wolle, sollte im kommenden Frühjahr wählen gehen, aber nicht Protest wählen. Das helfe nicht. Bei der konkreten Frage sei es ähnlich. Baden-Württembergs Agrarstrukturen seien in Deutschland und in Europa in der Minderheit. „Wir können nicht mit dem Weltmarkt konkurrieren“, wenn es um Landwirtschaft gehe. Hagel setzt deshalb auf öffentliche Gelder für öffentliche Leistungen. Zum Beispiel für Landschaftspflege, für Kulturlandschaftspflege. Diese Arbeit müsse man nicht ausschließlich Landschaftserhaltungsverbänden oder Umweltschutzgruppen überlassen.

Enger Partner der Landwirtschaft

Der in Stuttgart ansässige VdAW sieht sich als enger Partner der Landwirtschaft in Baden-Württemberg, Bayern und Hessen. Mit seinen Fachgruppen spiegelt er deshalb die speziellen Wirtschaftszweige. Dazu gehören Agrarhandel, Mühlen, Landtechnik, Motorgeräte, Lohnunternehmer, Vieh- und Fleischwirtschaft, Kellereien für Fruchtsaft, Wein und Sekt. Insgesamt rund 1200 selbstständige Firmen und Betriebe.

0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.