
Durchwachsenes Jahr für die Bauern
Die Unternehmensergebnisse der landwirtschaftlichen Betriebe in Baden-Württemberg liegen unter dem Vorjahresergebnis. Im Durchschnitt betragen sie 63.435 Euro pro Betrieb und über alle Sparten hinweg – acht Prozent weniger als im Vorjahr.
von Silvia Rueß erschienen am 16.12.2024Das Wirtschaftsjahr 2023/2024 ist seit Juni beendet. Die Buchführungsergebnisse von 839 landwirtschaftlichen Haupterwerbsbetrieben sind ausgewertet und wurden vom Landesbauernverband in einer Pressekonferenz präsentiert.
„Wir befinden uns in einer herausfordernden Zeit“, stellte Rukwied mit Bick auf die instabile politische Lage sowie die Situation in der deutschen Wirtschaft fest. Das hinterlasse auch Spuren in der Landwirtschaft. Im abgelaufenen Wirtschaftsjahr belief sich daher das Unternehmensergebnis je Betrieb in Baden-Württemberg im Durchschnitt aller Sparten auf 63.435 Euro, rund 8000 Euro pro Betrieb oder elf Prozent weniger als im Vorjahr. „Zwischen den Betriebsformen herrschen deutliche Unterschiede. Wir haben eine sehr starke Spreizung in den Ergebnissen“, machte Joachim Rukwied, Präsident des Landesbauernverbandes, deutlich. Sie reicht von einem existenzbedrohenden Ergebnis von im Schnitt 17.760 Euro pro Weinbaubetrieb bis hin zu mehr als 150.000 Euro im Schnitt bei den Veredelungsbetrieben.
Weinbau im Überlebensmodus
Der Rückgang des Unternehmensergebnisses von rund 58 Prozent bei Weinbaubetrieben sei besonders hart. Baden-Württembergs Winzer seien mit steigenden Kosten bei massiv eingebrochenen Erlösen konfrontiert. Der Weinmarkt stehe aufgrund eines rückläufigen Konsums und günstiger Importware erheblich unter Druck. Der LBV-Präsident fand deutliche Worte: „Der Weinbau in Baden-Württemberg steckt in einer existenziellen Krise. Unsere Winzerfamilien benötigen dringend eine Kostenentlastung und eine deutlich höhere Wertschöpfung!“ Ein wichtiger Schlüssel hierfür liege in einer besseren Vermarktung der Weine aus der Region. „Hier sind vor allem die Weinbranche und die Akteure des Handels gefordert“, machte der Bauernpräsident klar.
Das Ergebnis von plus 38 Prozent gegenüber dem Vorjahr bei den schweinehaltenden Betrieben sei hingegen mehr als erfreulich und dringend notwendig gewesen. „Nach wirtschaftlich schwierigen Jahren und einem massiven Rückgang der Schweinehaltung im Land sind positive Signale wie diese dringend notwendig“, beschrieb Rukwied die Situation der Veredelungsbetriebe, die mehrere schwere Jahre hinter sich haben.
Die Unternehmensergebnisse der Ackerbaubetriebe veränderten sich im Vergleich zum Vorjahr kaum. Sie blieben mit 50.986 Euro je Betrieb auf einem niedrigen Niveau. „Die gefallenen Getreide- oder Rapspreise drücken bei weiter hohen Produktionskosten die Betriebsergebnisse im Ackerbau“, so der LBV-Präsident zu den Hintergründen.
Rinderhaltung und Milcherzeugung
Das Unternehmensergebnis der Milchviehhalter sank beinahe um ein Viertel im Vergleich zum Vorjahr auf 79.935 Euro je Betrieb. 2022/23 hatte man noch mehr als 105.000 Euro verzeichnen können. Grund für die Abwärtsentwicklung seien unter anderem die um 14 Prozent gesunkenen Milchpreise. Besorgniserregend sei auch die Entwicklung bei den Futterbaubetrieben mit Rindermast und Mutterkühen: Hier konnte man ein durchschnittliches Ergebnis von 27.051 Euro errechnen. Knapp 32 Prozent unter dem Vorjahresergebnis von im Durchschnitt noch fast 40.000 Euro.
„Die Unternehmensergebnisse sind um elf Prozent zurückgegangen.“ Joachim Rukwied, LBV-Präsident
Nach einem äußerst schlechten Wirtschaftsjahr 2022/2023 konnten die Obstbaubetriebe in Baden-Württemberg ein um rund 38 Prozent höheres Unternehmensergebnis erzielen. „Mit etwas über 55.000 Euro/Betrieb reicht das Ergebnis allerdings nicht aus, um die erheblichen Herausforderungen im Obstbau wie – wie die gestiegenen Lohnkosten und den zunehmenden Aufwand für Qualitätssicherung – zu bewältigen“, beschrieb Rukwied die Stimmung in der Branche.
Für ein solides Wachstum wäre eine ordentliche Faktorentlohnung nötig. Diese liege in Baden-Württemberg rechnerisch bei rund 77.000 Euro. „Das erreichen wir leider nicht“, so Rukwied. Mit den errechneten 63.400 Euro sei man im Land weit entfernt.
Insgesamt sei festzustellen, dass in Gebäude und Ställe kaum mehr investiert werde. „Wenn, dann noch in Maschinen“, so Rukwied. Er begründet dies mit Investitionsanreizen für technische Anschaffungen. Deutlich herauszulesen sei auch, dass die landwirtschaftlichen Betriebe in allen Betriebszweigen weniger werden.

Ausblick für das aktuelle Jahr
Für das laufende Jahr werden weiter sinkende Ergebnisse erwartet. Aktuell fallen die Schweinepreise. Zudem zeichne sich bei den Getreidepreisen ab, dass sie unter dem Vorjahresniveau bleiben und möglichweise noch weiter sinken. „Die Faktorentlohnung wird auch im kommenden Jahr nicht erreicht werden“, stellte der LBV-Präsident fest. Eine Erholung erwartet Rukwied beim Wein auch 2024 nicht. Hier müsse sich der Markt komplett neu aufstellen.
Positive Erwartungen gibt es bei der Milch. Die Preise steigen. „Die 5 ist jetzt vorne“, freute er sich. Dennoch ist die Stimmung gedrückt. „Uns fehlt es an Planungssicherheit“, stellte er fest. Aus diesem Grund wird nicht investiert. Dazu komme eine Bürokratie, die die Betriebe erdrückt und damit die Arbeitszeit und somit die Kosten steigert. Das steigende Lohnniveau werde zudem im Obst- und Weinbau weiter auf die Ergebnisse drücken.
Sorgen bereitet die Anwendung des Artikel 148 GMO. Die Anwendung des Paragrafen wäre mit mehr Bürokratie und mit hohen Kosten verbunden. „Das sei nicht im Interesse der Milcherzeuger“, so Rukwied.
„Wir benötigen einen echten Politikwechsel. Die politischen Vorgaben sowohl auf EU- als auch auf Bundesebene gefährden die Wirtschaftlichkeit unserer landwirtschaftlichen Betriebe und somit auch die Ernährungssicherung Europas“, appellierte der LBV-Präsident. Der Fokus müsse wieder mehr auf der Wirtschaft liegen, damit diese eine echte Perspektive zur Erholung habe.
An der Rücknahme der Streichung der Agrardieselvergünstigung will Rukwied festhalten. „Das Thema werden wir im Wahlkampf penetrieren“, versprach der Präsident. Enttäuscht zeigte er sich über das Mercosur-Handelsabkommen. Hier sei die Landwirtschaft schlecht weggekommen. Auch wenn Marktzugänge beschränkt werden, sei doch fraglich, zu welchen Standards die erlaubte Menge ins Land kommt.
Für Rukwied wäre es ebenso wichtig, dass neben Fragen des Klima-, Umwelt- und Tierschutzes Aspekte wie Wettbewerbsgleichheit und Planungssicherheit wieder stärker in den politischen Fokus rücken. Rukwied weiter: „Wir erwarten, dass zukünftig die Wettbewerbsfähigkeit unserer Betriebe in der gesamten agrarpolitischen Diskussion eine zentrale Rolle spielt.“
Die Bauernverbände haben anlässlich der bevorstehenden Bundestagswahl am 23. Februar 2025 ihre politischen Forderungen für eine zukunftsfähige Landwirtschaft in zehn Kernanliegen veröffentlicht „Ein echter Bürokratieabbau und mehr unternehmerische Freiheit sind dringend notwendig. Wir brauchen von der zukünftigen Bundesregierung einen agrarpolitischen Kurs, der der nächsten Generation an Bäuerinnen und Bauern bessere Perspektiven bietet“, forderte der Bauernpräsident.
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