Durchschnittliche Getreideernte erwartet
Trotz extremer Trockenheit ist Dr. Ewald Glaser, Vorstandsvorsitzender der ZG Raiffeisen, mit der diesjährigen Getreideernte zufrieden. Einzig der Körnermais machte ihm im Rahmen der Getreidepressekonferenz auf dem Hofgut Maxau in Karlsruhe Sorgen.
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Der Umsatz der ZG Raiffeisen-Gruppe sank im ersten Halbjahr 2015 vor allem preisbedingt um 7,3 Prozent auf 638 Mio. Euro. Die einzelnen Geschäftsbereiche der ZG entwickelten sich bislang sehr unterschiedlich. Besonders bei Dünger und Phytomedizin ging die Nachfrage zurück. Damit setzte der Geschäftsbereich Pflanzliche Produktion 1,6 Prozent weniger um. Das Raiffeisen Kraftfutterwerk Kehl (RWK) konnte mengenmäßig das Niveau von 2014 annähernd halten. Allerdings sorgten niedrige Preise bei Tiernahrung für einen Umsatzrückgang von 7,4 Prozent. Der Absatz im Biofutter-Segment konnte erneut gesteigert werden.
Deutliche Umsatzrückgänge
Vier Prozent mehr Absatz aber 5,1 Prozent Umsatzrückgang prägten den Geschäftsbereich Vermarktung. Auch der Umsatz im Technikgeschäft ging gegenüber 2014 um sieben Prozent zurück. Gleichzeitig sind jedoch die Auslastungen der Werkstätten deutlich gestiegen. Der extreme Preisverfall bei Öl sorgte im Energiegeschäft für eine Absatzsteigerung von 16,3 Prozent. Preisbedingt sank der Umsatz jedoch um 5,6 Prozent.
Der Umsatz der Raiffeisen-Märkte stieg bei normalem Witterungsverlauf um nur 0,9 Prozent. Die Neueröffnung des Marktes in Waldshut-Tiengen und stärkere Marketingaktivitäten sollen den Vorsprung im zweiten Halbjahr jedoch auf drei Prozent ausdehnen. Aufholen will Glaser auch im Baustoffhandelsgeschäft. Hier gab es im ersten Halbjahr einen Umsatzrückgang von fünf Prozent, der jedoch bis Ende 2015 wieder aufgeholt sein dürfte, so Glaser.
Drittgrößte Getreideernte
Mit knapp 2000 Mio. t erwartet Glaser 2015 die drittgrößte Weltgetreideernte in der Geschichte. Im Vergleich zum Vorjahr gibt es aber einen Rückgang von 45 Mio. t. Damit werde die Nachfrage die Produktion erstmals wieder übersteigen, was einen Bestandsabbau von etwa 15 Mio. t bedeutet, so Glaser. „Wir sind davon überzeugt, dass in den nächsten Monaten schon bei kleineren Ausfällen auf der Nord- oder Südhalbkugel mit Preisausschlägen zu rechnen ist“, machte er deutlich.
EU muss weiter exportieren
In Europa wird die Getreideernte mit 307 Mio. t deutlich unter dem Vorjahr (330
Mio. t) liegen, aber immer noch auf einem komfortablen Niveau. Um einen weiteren Bestandsaufbau in der EU zu verhindern, müssen etwa 40 Mio. t auf den Weltmarkt exportiert werden, um die Wettbewerbsfähigkeit der EU zu erhalten. Für Deutschland zeichnet sich eine gegenüber 2014 um zehn Prozent verringerte Getreidemenge ab. Bei Raps fällt dieser Rückgang von 6,0 Mio. t im vergangenen Jahr auf 4,9 Mio. t noch deutlicher aus. Neben einem Ertragsrückgang ist hieran aber auch eine geringere Anbaufläche schuld.
In Baden-Württemberg liegt die Ernte mit 3,0 Mio. t im langjährigen Mittel. Wegen der trockenen Witterung vollzog sich die Abreife des Getreides sehr schnell. Die Ernte begann in manchen Lagen etwa zwei Wochen früher als im Durchschnitt. Die Mykotoxinbelastung aller Kulturen in Arbeitsgebiet der ZG liegen unterhalb der gesetzlichen Grenzwerte. „Die Ware ist gesund und von hoher Qualität“, freute sich Glaser.
Die Anbauflächen in Baden-Württemberg haben sich 2015 wie folgt verändert: Winterweizen + 2,4 Prozent; Wintergerste +2,1 Prozent; Sommergerste -6,7 Prozent; Hafer und Triticale jeweils -7,9 Prozent und Körnermais -3,6 Prozent.
Blick auf die einzelnen Kulturen
Gerste: Das Ertragsniveau lag bei vier bis acht t je ha mit guten bis sehr guten Qualitäten von 63 Kilogramm pro Hektoliter. Die Winterbraugerste brachte 7,5 t je ha bei Eiweißgehalten von 7,5 bis 13,5 Prozent. Die Sommergerste litt stärker unter der Trockenheit und blieb hinter den Erwartungen zurück.
Raps: Das Ertragsniveau lag mit drei bis vier Tonnen je Hektar im Durchschnitt. Allerdings lagen die Ölwerte mit 43 Prozent unter dem Vorjahr. Die Anbaufläche ist um etwa 14 Prozent gesunken. Die positive Preisentwicklung für alterntigen Raps im Juni hat auch die Preise für 2015 positiv beeinflusst. Der Preis lag bei 350 Euro pro Tonne.
Weizen: Auch beim Weizen gibt es eine durchschnittliche Ernte. Das Ertragsniveau schwankte jedoch je nach Standort zwischen 5,0 und 10,0 t pro ha. In Nordbaden gibt es trockenheitsbedingt sogar einen Ertragsrückgang von 15 Prozent. Die Qualitäten sind gut, Fallzahlen und Hektolitergewichte hoch. Allerdings sind die Proteinwerte leicht unterdurchschnittlich mit regionalen Schwankungen. Der Preis für Matif-Weizen entwickelte sich Anfang Juli positiv, die Erzeugerpreise stiegen auf 180 Euro pro t. Allerdings gaben die Preise in den vergangenen vier Wochen wieder um 20 Euro nach. Auch für die nächsten Monate rechnet Glaser mit weiterem Preisdruck wegen der weltweiten Ernteschätzungen.
Roggen und Hafer: Beide Kulturen lieferten zufriedenstellende Erträge und Qualitäten. In trockeneren Lagen fiel die Roggenernte allerdings unterdurchschnittlich aus, während südlich von Karlsruhe ein Plus von 15 Prozent verzeichnet werden konnte. Die Hafer-Anbaufläche reduzierte sich im ZG-Gebiet um zehn Prozent zugunsten des Dinkelanbaus.
Dinkel: Gute Preise in den vergangenen zwei Jahren führten bundesweit zu einer Verdoppelung der Anbaufläche auf 100.000 ha und einem damit verbundenen Preisverfall. Die Erträge in Baden-Württemberg schwankten zwischen 4,0 und 10,0 t je ha. Über Vorverträge konnten sich Landwirte gute Preise, zum Teil auch schon für 2016 und 2017 sichern. Diese liegen bei 220 Euro pro t. Die ZG räumt der Kultur in ihrem Gebiet weiter gute Chancen ein.
Soja: Soja gewinnt weiter an Bedeutung. In Baden-Württemberg wuchs die Anbaufläche um 50 Prozent auf knapp 6000 ha. Der Markt – besonders in Bezug auf gentechnikfreies Futter – ist noch sehr aufnahmefähig. Gegenüber dem Vorjahr wird witterungsbedingt mit einem Ertragsrückgang von 40 bis 50 Prozent gerechnet. Über Vorverträge konnten Landwirte sich einen Preis von 390 bis 400 Euro pro t im Gegensatz zu den derzeitigen 320 bis 330 Euro pro t sichern.
Mais: Bei Mais wird ein Ertragsrückgang von 40 bis 50 Prozent erwartet. Zum Teil ist mit einem Totalausfall zu rechnen. Momentan wird von maximal 64 Mio. t ausgegangen. Das sind zehn bis 15 Mio. t weniger als im Vorjahr. Getreideimporte aus der Ukraine könnten dazu führen, dass weniger Mais in der Futterherstellung eingesetzt wird und damit die Preise weiter unter Druck bleiben. Seit Anfang Juli erzielen Erzeuger bereits 15 Euro weniger je t. Zum Mais meinte Glaser: „Wir rechnen mit einem Erfassungsrückgang um etwa die Hälfte gegenüber dem Vorjahr. Dies hat nicht nur negative Auswirkungen auf die wirtschaftliche Situation der Erzeuger, sondern auch auf uns als Vermarktungsunternehmen.“ Die regionalen Gewitter brachten zu wenig Niederschlag. Insbesondere während der Blühphase, in der der Mais etwa 60 Prozent des gesamten Wasserbedarfs innerhalb seiner Vegetationsphase hat, herrschte Trockenheit. Die daraus resultierende mangelhafte Befruchtung der Maiskolben ist Ursache für den deutlichen Ertragsrückgang.
Ausblick: Deutliche niedrigere Erträge fallen mit niedrigen Preisen zusammen: Dieser Konstellation stehen Landwirte und Vermarkter wie die ZG Raiffeisen derzeit gegenüber. „Aus regionaler Sicht ist dieses fatale Zusammentreffen unverständlich, unter dem Blickwinkel Globalisierung und damit weltweit freier Märkte jedoch nachvollziehbar“, erläutert Vorstandvorsitzender Glaser. Mit ihren Vermarktungsmodel-len konnte die Genossenschaft ihren Mitgliedern helfen, die kurzfristig höheren Preise zu nutzen und damit den wirtschaftlichen Druck durch die schwache Ernte etwas zu lindern.
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