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Milchvermarktung

Durch Bündelung zu mehr Marktmacht

Die Möglichkeiten des landwirtschaftlichen Marktstrukturgesetzes zur Bündelung in der Milchvermarktung werden von den Erzeugern noch nicht im notwendigen Ausmaß genutzt. Da ist das Fazit einer Podiumsdiskussion am Donnerstag vergangener Woche in Bad Waldsee-Reute, bei der Vertreter von Politik, Bauernverband, Molkereiwirtschaft und Erzeugergemeinschaften ihre Standpunkte vertaten.

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Rund 250 Besucher verfolgten die Diskussion zwischen Markus Seemüller, Geschäftsführer der Bayern MEG, Christian Schramm, Leiter des Milcheinkaufs der Molkerei Zott, Gerhard Glaser, Vizepräsident des Landesbauernverbandes (LBV), Peter Guhl, Vorstandsvorsitzender der MEG Milch Board und Ministerialdirektor Wolfgang Reimer vom Ministerium Ländlicher Raum. Zahlreiche Erzeuger meldeten sich in einer angesichts niedriger Milchpreise teils emotional geführten und von Raimund Haser moderierten Diskussion zu Wort. Veranstalter waren die Milcherzeugergemeinschaften Allgäu-Oberschwaben, Langenau und Süd-Riedlingen.

Auf Augenhöhe vermarkten
Markus Seemüller warb offensiv für die Milcherzeugergemeinschaften. Es gehe darum, Milch vertragsgebunden von Unternehmer zu Unternehmer auf Augenhöhe zu vermarkten. Um ein relevantes Marktgewicht aufzubauen, sollten sich noch viel mehr Erzeuger bündeln. Seine Bayern MEG, so Seemüller, bündle derzeit 2,8 Mrd. Kilo Milch. Das europäische Marktstrukturgesetz erlaube fünf Mrd. Kilo. Dahin wolle man kommen. Ziel sei es, die Verhandlungsposition der Erzeuger und damit ihre Wettbewerbssituation zu verbessern.

MEG hat keinen Milchpreis unter 30 Cent akzeptiert
Für die Bayern MEG habe sich diese Strategie im Sommer ausgezahlt. In den Verhandlungen mit den Molkereien habe man keinen Milchpreis unter 30 Cent akzeptiert und sei damit bei drei von vier Molkereien erfolgreich gewesen. Er wisse auch, räumte Seemüller ein, dass die MEG´s die Marktkräfte nicht aus den Angeln heben könnten. Im dreimonatigen Turnus ihrer Preisverhandlungen wolle die MEG Bayern aber all ihre Kompetenz und Möglichkeiten nutzen.

Viele Halbwahrheiten
Wie der Leiter Milcheinkauf der Molkerei Zott, Christian Schramm, erklärte, wolle er die derzeit desolate Situation auf dem Milchmarkt nicht schönreden. Er sieht aber andererseits die Diskussion über die Marktlage von zahlreichen Halbwahrheiten geprägt. So könne er nicht erkennen, dass die Schwierigkeiten allein vom Wegfall der Mengensteuerung ausgelöst wurden. Schließlich sei das Quotenende nur der Endpunkt einer längeren Wegstrecke zur Marktliberalisierung gewesen, zu der zuvor die früheren Kappungen von Außenschutz, internen Beihilfen und Exporterstattungen gehörten. Es sei ebenso ein Märchen, wenn behauptet werde, die Molkereien seien vor allem an Lieferanten interessiert, die „auf Teufel komm raus“ Milch produzieren, nur um ihre Rohstoffbasis zu sichern.
Zott regle seine Verarbeitungsmenge über die Anzahl der Lieferverträge. Mit kürzeren Vertrags- und Laufzeiten, so Schramm, käme man durchaus zurecht und stelle zunehmend auf halbjährliche Preisverhandlungen mit den Milcherzeugern um. Im Übrigen könne man bei Zott nicht völlig falsch liegen, wenn man beim Auszahlungspreis kontinuierlich und deutlich über dem deutschen und dem bayerischen Durchschnitt liege.

Probleme am Weltmarkt
Schramm hält nichts von einer Mengensteuerung zur Regulierung des Milchmarktes. Nicht hiesige Mengensteigerungen hätten die derzeitigen Schwierigkeiten verursacht, sondern das Wegbrechen internationaler Märkte wie Russland oder China. Mengensteuernde Elemente hätten auf liberalisierten Weltmärkten keine Wirkung und auch keine Berechtigung. Hier müssten marktkonforme Instrumente greifen wie Liquiditätsscherungsprogramme oder Warenterminmärkte. Ministerialdirektor Wolfgang Reimer sieht in der Milchdebatte bei den EU-Mitgliedstaaten zwei Lager: Auf der einen Seite die „Liberalisierer“ wie Großbritannien oder Schweden, und auf der anderen Seite die Befürworter einer stärkeren Mengenregulierung wie Frankreich oder Polen. Deutschland ordnete er seit der jüngsten Agrarministerkonferenz von Bund und Ländern näher bei den Regulierungsbefürwortern ein.

Reimer für "vorübergehende Regulierungsmaßnahmen"
Reimer spricht sich dafür aus, in Marktkrisen mit „vorübergehenden Regulierungsmaßnahmen“ einzugreifen. Dafür gebe es marktkonforme Modelle. Er unterstützte eine stärkere Bündelung auf der Grundlage des EU-Marktstrukturgesetzes. Die Politik ermuntere zu Erzeugerzusammenschlüssen. Mit der Marktliberalisierung sei zwangsläufig eine Liberalisierung der Lieferbeziehungen mit einer Öffnung bei Vertragslaufzeiten, Andienpflichten, aber auch Abnahmegarantien verbunden.

Marktrealitäten im Blick
Der Vizepräsident des Landesbauernverbandes, Gerhard Glaser, empfahl den Milcherzeugern, sich in Krisen an den Marktrealitäten zu orientieren. Beschönigungen führten in eine falsche Richtung und Wunschdenken sei kein guter Ratgeber für die weitere Betriebsentwicklung. Gegen die politisch gewollte Marktöffnung sei von keiner Partei ernsthaft Widerstand geleistet worden.

Bündelung unterstützt
Glaser machte deutlich, dass der Bauernverband einer stärkeren Bündelung für mehr Marktmacht auf Erzeugerseite positiv gegenübersteht und das in zahlreichen Fällen auch aktiv unterstützt. Darunter seien zwar wenig bekannte, aber umso erfolgreichere Beispiele. Es liege an den Erzeugern selbst, so Glaser, wie sie ihre vertraglichen Beziehungen organisieren. Ein Vertrag trage stets zwei Unterschriften. „Schluss mit der Andienpflicht und Abnahmegarantie“ ist der Standpunkt von Peter Guhl. Er fordert flächendeckende Verträge mit großen Zusammenschlüssen der Milcherzeuger. Seine These: Die Wertschöpfung wird von den Molkereien nicht im möglichen Umfang an die Erzeuger weitergegeben.

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