Frische und Nähe liegen im Trend
- Veröffentlicht am
Um ihre Marken bekannt zu machen, nutzen Molkereien und Landwirte zunehmend die Kanäle der modernen Kommunikation. Die Schwarzwaldmilch zum Beispiel verfolgt in ihrer Werbung eine Dachmarkenstrategie. „Die Steigerung der Markenbekanntheit erfolgt vor allem über das Haupt- und Trikotsponsoring des Bundesligavereins SC Freiburg“, sagt Andreas Schneider, Geschäftsführer der Schwarzwaldmilch-Gruppe. Die Unterschiede in den Produktlinien werden darüber hinaus über verschiedene Medienkanäle wie Presse, Radio, Plakate, soziale Medien, auf Messen und im Supermarkt beworben.
Alina Reh wirbt für Milchwerke Schwaben
Die Milchwerke Schwaben haben für ihre Marke Weideglück die Läuferin Alina Reh aus Laichingen gewinnen können. Alina Reh gilt als eines der größten Talente in der deutschen Lauf-Szene und wenn sie nicht gerade läuft, hilft sie im elterlichen Supermarkt. „Sie verkörpert Heimatnähe und Leistungsbereitschaft – also alles sehr bodenständig und Regionen bezogen“, berichtet Karl Laible, Geschäftsführer der Milchwerke Schwaben.
Marke muss Preisdruck aushalten
„Für mich zählt seit jeher die Marke“, sagt Laible. Um eine Marke aufzubauen, seien Mut zum Risiko und Erfahrung gefragt, um Vertrieb und Werbung richtig dosiert langfristig durchzuhalten. „Eine Marke muss so stark sein, dass sie einen bestimmten Preisdruck aushalten kann. Das Gute ist: Die Marke kann ich selber regulieren und steuern.“ Mit der Ulmer Münster Butter ist Laible 2014 ein besonderer Coup gelungen. Bis dato musste selbst die Weideglück-Butter im Discount angeboten werden und sich dem Preis anpassen. „Ich habe versucht, diesen Marktmechanismus zu stoppen. Der Butterpreis lag damals bei 2,25 Euro pro kg und wir wollten für unsere Butter das Doppelte haben,“ erinnert sich Laible. Nach dem Start vor zwei Jahren liege man heute bereits bei einigen Hundert Tonnen Butter pro Jahr. Ziel sei es, den Markenbutteranteil weiter auszubauen.
Marke Hofgut neu aufgelegt
In Schwäbisch Hall gibt es die Marke Hofgut schon seit über 40 Jahren. Ein Trumpf, den man künftig noch stärker ausspielen möchte, erläutert Martin Boschet, Geschäftsführer der Hohenloher Molkerei.„Wenn die Verbraucher wissen, dass sie mit dem Kauf unserer Milchprodukte direkt die Milchbauern unterstützen, sind sie eher bereit einen etwas höheren Preis zu akzeptieren“, sagt Boschet.Bereits 2009 wurde der Markenauftritt von Hofgut einheitlich gestaltet. Heute wird die Marke neu aufgelegt. „Wir stellen unsere Bauern in den Mittelpunkt unserer Marke“, sagt Boschet. Dazu startet man in Schwäbisch Hall eine regionale Werbekampagne mit Plakaten, auf denen Landwirte wie Hofgut-Lieferant Peter Raunecker abgebildet sind. Das Ziel: die Marke Hofgut stärker in das Bewusstsein der Verbraucher in Baden-Württemberg rücken.
Käserei Leupolz mit eigener Marke
„Wir müssen uns immer wieder neu erfinden. Sonst sind wir nicht mehr attraktiv, bleiben nicht mehr im Gespräch,“ erzählt Markus Stützenberger, selbst Milcherzeuger und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der Allgäuer Emmentaler Käserei Leupolz. Die neue Marke, die die Käserei Anfang des Jahres eingeführt hat, sieht er als ein wichtiges Signal an die Verbraucher, an die Banken und Geschäftspartner und auch nach innen an alle Mitgliedsbetriebe der Genossenschaft. Butter und Käse aus dem Allgäu seien bislang über die Marke hervorragend vom Markt aufgenommen worden. Langfristig sollen 10 bis 20 Prozent der konventionellen Milch über die Markenschiene verkauft werden.
Käse am Automaten
Preisverhandlungen mit dem Lebensmitteleinzelhanldel bleiben den vielen Bauernhöfen im Land, die sich mit einer Direktvermarktung ein weiteres Standbein aufbauen wollen, erspart. Otto und Ferdinand Herz aus Oberteuringen-Bibruck haben im Jahr 2015 nach dem Wegfall der Quote mit der Vermarktung von Käse aus eigener Milch begonnen. „Wir haben erste Probier-Pakete an Freunde und Bekannte verschenkt. Der Käse kam sehr gut an und so sind wir nach und nach in die Käsevermarktung reingerutscht“, erzählt Ferdinand Herz. Angefangen mit einer Barkasse und einem einfachen Kühlschank im Jahr 2015 hat die Familie seit März 2017 einen Automaten mit maximal 20 Fächern für ihre Kunden aufgestellt. Darin gibt es heute sieben verschiedene Käsesorten zu kaufen: Vom Naturkäse mit Bockshornklee, über Hartkäse mit italienischen oder französischen Kräutern bis zum Schnittkäse.„Uns kam die Idee für ein Logo, Schilder wurden entworfen sowie Beachflags und Flyer gedruckt.Als Namen haben wir uns „Bauerndorfkäse“ ausgedacht,“ berichtet Herz. Die Kunden, sagt er, legen Wert auf regionalen Käse, der handwerklich hergestellt wird. Darunter sind auch einige Urlauber vom Bodensee, die sich ein Bild davon machen wollen, wie die Kühe gehalten und gefüttert werden.
Milch am Automaten im Supermarkt
Milcherzeuger Christian Hartmann, seine Frau Silvia und sein Bruder Stefan setzten Ende 2016 alles auf ihre Marke „Rotthalmilch“. „Die Kühe und der Melkroboter standen schon zum Verkauf“, erklärt Christian Hartmann, „dann hab ich im Internet von der Vermarktung über Automaten im Supermarkt gelesen und Vertreter der Firma kommen lassen.“ Die Familie kaufte einen Pasteur, eine Kannen-Waschanlage und drei Milchautomaten von der Firma Milch Concept, die in drei Rewe-Märkten stehen. Im Frühjahr 2017 kam auf Nachfragen von Kunden hin ein vierter Automat dazu. Je nach Standort gibt Hartmann pro Liter drei bis fünf Cent als Miete an den Supermarkt ab, die pasteurisierte Milch verkauft er für einen Euro pro Liter an Verbraucher. Er vermarktet 30 bis 40 Prozent der Milch seiner rund 70 Kühe selbst, den Rest holt seine Molkerei alle zwei Tage per Kühltransport ab.
Gespräche mit den Verbrauchern
„Wir wollen bei der Aufmachung als Familienbetrieb konkurrenzfähig sein, da der Automat im Supermarkt auffallen soll.“ Sicher ist sicher: Hartmanns stehen etwa alle zwei Wochen selbst vor der Milch-Zapfsäule im Rewe, sprechen Kunden an und beantworten Fragen. „Nichts ist authentischer, als selbst als Marke aufzutreten“, kommentiert Hartmann. Präsenz im Markt ist besonders wichtig, wenn ein neuer Automat an den Start geht: „Die vierte Anlage hat am ersten Samstag mehrere hundert Liter Milch verkauft, weil wir uns über Stunden den Fragen interessierter Verbraucher gestellt haben.“ Zu solchen Gesprächsterminen lädt der Landwirt fortlaufend alle zwei Wochen über seine Facebookseite ein. Markus Fograscher von der Firma Milch Concept hat ähnliche Beobachtungen gemacht. Mit einem Logo, Familien- oder Hofbild auf dem Automaten zu erscheinen, zahle sich aus. „Das Vertrauen der Einkäufer steigt, wenn Landwirte selbst als Markenzeichen auftreten“, sagt Fograscher. Die Werbung müsse bodenständig, glaubwürdig und nicht übertrieben professionell ausfallen, sonst würden einige Kunden einen Großkonzern hinter den bäuerlichen Automaten vermuten.
Mozzarella aus Oberschwaben
Giovanni Melillo aus Hohentengen stellt mit seinem Unternehmen Latticini & Mozzarella Melillo Mozzarella-Käse her. An die Milch hat er besondere Qualitätsansprüche. Seinen mehrfach ausgezeichneten Käse liefert er an die gehobene Gastronomie und ist auch bei Edeka und Rewe gelistet. Melillo, der im Alter von 21 Jahren von Italien nach Deutschland kam, hat vor sieben Jahren mit der handwerklichen Käseproduktion begonnen. "Das Käsen war schon immer mein Traum", sagt er. Bereits als Kind habe er eine Käserei besichtigt, die ihn damals schon fasziniert habe. Melillo ist gelernter Schreiner und hat sich in die Milchverarbeitung nach und nach eingearbeitet und immer weiter qualifiziert. Heute stellt die verschiedensten Formen von Mozzarella Käse her. Er setzt dabei auf Qualität und betont den Eigengeschmack des Käses, der so gut sei, dass man ihn am besten sogar ohne Basilikum und ohne Tomaten genießen sollte, meint Melillo.
Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Artikel kommentierenSchreiben Sie den ersten Kommentar.