„Extreme Verunsicherung am Markt“
In den vergangenen Wochen häuften sich Branchen- und Medienberichte über fehlendes Bauholz. Der Deutsche Säge- und Holzindustrie Bundesverband e.V. (DeSH) sieht den Markt durch Sondereffekte beeinflusst und appelliert daran, die Dynamik nicht weiter zu befeuern.
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In den ersten beiden Monaten des Jahres 2021 konnte die Herstellung von Holzprodukten nochmals um 11 Prozent gesteigert werden, der Export verbleibt auf Vorjahresniveau. „Bedingt durch die Sondereffekte der Corona-Pandemie und Verwerfungen auf den Weltmärkten erleben wir derzeit ein hochdynamisches Geschehen auf dem Holzmarkt, dass durch die aktuelle Debatte weiter befeuert wird. Die aktuellen Zahlen zeigen jedoch, dass die Produktion von Holzprodukten auch im Februar mit einem Plus von mehr als 11 Prozent nochmal deutlich gestiegen, der Export mit einer Steigerung von 0,7 Prozent jedoch nahezu unverändert auf Vorjahresniveau geblieben ist. Ungeachtet der Marktzahlen herrscht dennoch eine extreme Verunsicherung am Markt", sagt Jörn Kimmich, Präsident des Deutschen Säge- und Holzindustrie Bundesverbandes e.V. (DeSH).
Preissteigerungen bei allen Baustoffen
Die gestiegene Nachfrage nach Holz aus Deutschland ist eingebettet in einen globalen Bau-Boom. Im Zuge der Corona-Pandemie verschoben sich zudem private Prioritäten: Über die ganze Welt wurden Bau- und Rennovierungsprojekte vorangetrieben. Allein in Deutschland wuchs die Zahl der genehmigten Ein- und Zweifamilienhäuser im Januar knapp um 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr ebenso wie der Bau von Kitas, Büros und dem Hochbau. Starken Zuwachs erleben auch die USA (+10 Prozent). Der Anteil an Holzbauten steigt hierzulande seit einigen Jahren konstant um ein Prozent. „Die Nachfrage nach Holz freut uns natürlich. Die starken Preisanstiege aller baunahen Produkte wie Stahl, Beton und Zement sowie der Zuschlagstoffe und Bindematerialien zeigen aber, dass sich der Boom auf nahezu alle Materialien auswirkt", erklärt Kimmich.
Marktentwicklungen im Februar 2021
Der gewachsene Holzmaterialbedarf in Nordamerika kann wegen von Käferschäden und Bränden derzeit nur eingeschränkt aus den dortigen Wäldern versorgt werden. Da auch in China zunehmend auf Holzbauten gesetzt wird und Russland einen Exportstopp für Rundholz verhängte, geht der DeSH für 2021 davon aus, dass die weltweite Nachfrage die globale Produktion übersteigen wird. Anders als kolportiert zeigen die Marktzahlen aus Februar 2021 jedoch auf keine signifikante Steigerung der deutschen Exportaktivitäten hin: „Die Stärkung des Holzbaus in Deutschland ist seit jeher Ziel der Säge- und Holzindustrie und wird es auch in Zukunft bleiben. Weltpolitische Entwicklungen führen jedoch zu starken regionalen Verlagerungen innerhalb eines relativ konstanten Exportvolumens. In diesem Fall von China nach USA und Großbritannien", erklärt Kimmich. Die Nadelschnittholzausfuhr wuchs zwischen 2019 und 2020 von 9,3 auf 9,8 Mio. m3. Dieses Volumen liegt nun auf dem Niveau der Jahre 2006 bis 2008, als die Ausfuhren zwischen 8,5 Mio. und 9,3 Mio. m3 betrugen. In das Jahr 2021 ist die Sägeindustrie mit einem leichten Exportrückgang im Januar und einem marginalen Anstieg von 0,7 Prozent im Februar gestartet.
Produktion weiter deutlich ausgeweitet
Insgesamt erreichte die Nadelschnittholzproduktion in Deutschland im vergangenen Jahr einen neuen Rekord. Über 25 Millionen Kubikmeter (+8 Prozent) wurden in den Werken der Säge- und Holzindustrie gefertigt. Die Branche fährt ihre Produktionskapazitäten seit Jahren erheblich aus, um Schadholz schnellst- und bestmöglich zu verarbeiten. Allein von 2016 bis 2020 sind die Verarbeitungsmengen um 1/5 von 21 Mio. m3 auf mehr als 25 Mio. m3 gestiegen. Für die nächsten Jahre sind zusätzliche Ausweitungen vorgesehen. Unter anderem wegen unzureichender Möglichkeiten in Lagerung, Transport und Logistik sind den Betrieben aber Grenzen in der Schadholzaufarbeitung gesetzt, manche Produkte erfordern zudem in der Herstellung frisches Holz. Einige Unternehmen sind zudem wegen der Einschränkungen durch das Forstschädenausgleichsgesetz, das die Verfügbarkeit von Fichtenholz in diesem Jahr deutlich limitiert, bezüglich Investitionen verunsichert. Die Branche ist auf eine zuverlässige und dauerhafte Rundholzversorgung aus Deutschland angewiesen.
Alle Marktpartner sind gefordert
Da der Preis für Holz in den vergangenen 30 Jahren nahezu unverändert war, sei verständlicherweise extreme Unsicherheit bei Holzbauern und Handwerkern entstanden. Vorratskäufe, Lageraufbau und Mehrfach-Bestellungen könnten jedoch zu einer Verschärfung der Dynamik und damit zu noch längeren Lieferzeiten führen. Es sei daher wichtig, dass sich die ganze Branche auf diese neuen Entwicklungen einstelle: „Wir haben alle das gleiche Ziel. Holz möglichst komplett entlang der heimischen Wertschöpfungskette zu verarbeiten und den Anteil an Holzprodukte und -bauten weiter zu steigern", appelliert Kimmich.
Preise für unverarbeitetes Nadelholz ziehen an
Die Arbeitsgemeinschaft Rohholz e. V. (AGR) weist darauf hin, dass vielen Teilen Deutschlands der Preis für das unverarbeitete Nadelholz dank der hohen Nachfrage zuletzt deutlich gestiegen ist. In den von großen Waldschäden betroffenen Gebieten ist nach wie vor mehr Holz vorhanden als lokal verarbeitet werden kann, während es in anderen Regionen bereits knapp ist. Da der Holztransport über größere Entfernungen vergleichsweise aufwändig und teuer ist, können die von Schäden besonders betroffenen Waldbesitzer nicht im gleichen Maße von der hohen Nachfrage profitieren wie ihre Kollegen in anderen Teilen des Landes, so die AGR.
Hilfen weiterhin wichtig
„Wir verstehen, dass angesichts der Preisrallye vieler Holzprodukte der Unmut bei den betroffenen Waldbesitzern groß ist. Hier braucht es nach wie vor staatliche Unterstützung. Wer kaum noch gesunden Wald hat, der profitiert auch nicht von steigenden Preisen und muss für die Aufforstung alle notwendigen Hilfen bekommen“, so Leonhard Nossol, AGR-Präsident.
Große Diskrepanz
In den USA werden regelrechte Mondpreise bezahlt. Bei uns stockt vielerorts der Nachschub. Es gibt viel Schadholz, teilweise schon gefällt, aber oftmals nur zu niedrigen Preisen zu verkaufen. Verarbeitetes Holz hingegen erzielt sehr gute Preise - diese Diskrepanz, gilt es aufzulösen.
Rekordeinschlag 2020
In deutschen Wäldern wurden 2020 insgesamt 80,4 Mio. fm Holz eingeschlagen, so viel wie noch nie seit der Wiedervereinigung. Das waren 16,8 Prozent mehr als 2019. Etwa die Hälfte des Einschlags war aufgrund von Insektenschäden. Etwa drei Viertel des Holzeinschlags waren Fichten, Tannen, Douglasien und sonstiges Nadelholz.
Keine Holzknappheit in Baden-Württemberg
„Die Holzversorgung aus den heimischen Wäldern ist grundsätzlich gesichert“, kommentiert Forstkammer-Präsident Roland Burger die aktuelle Debatte um steigende Holzpreise und Versorgungsengpässe im Bausektor. „Die privaten und kommunalen Forstbetriebe schlagen im Rahmen der Nachhaltigkeit Holz ein und stellen es ihren Kunden bereit, sofern faire Preise bezahlt werden“, so Burger. „Wir haben großes Verständnis für die Sorgen der Zimmereibetriebe, die Ursachen liegen nicht in der Forstwirtschaft.“ Vielmehr sei die aktuell ungewöhnlich hohe Nachfrage aus dem Bausektor im In- und Ausland maßgeblich für die angespannte Situation verantwortlich. Kalamitätsbedingt wurde in den letzten drei Jahren sogar deutlich mehr Holz eingeschlagen, als normalerweise üblich. Auch jetzt liegen noch etwa 200.000 Kubikmeter Holz in Nasslagern. Diese Hölzer sind in der Regel für den konstruktiven Einsatz im Holzbau uneingeschränkt verwendbar.
Gutes Holz ist keine Selbstverständlichkeit – Nutzung muss weitergehen
Handlungsbedarf sieht Burger bei den Einnahmen der Forstbetriebe. „Die Rundholzpreise waren in den Krisenjahren 2018 bis 2020 vom Boom bei den Holzbauprodukten völlig abgekoppelt. Während dort die Preise stetig gestiegen sind, sind die Einnahmen der Waldbesitzer zeitweise massiv eingebrochen. Aktuell erholen sich die Waldholzpreise zwar, aber damit die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer ihre Wälder auf Dauer wieder aufbauen und pflegen können, muss ein höherer Anteil der Wertschöpfung bei ihnen ankommen.“ Aus Sicht der Forstkammer zeigt die aktuelle Situation, wie wichtig die nachhaltige Produktion von hochwertigem Holz in den heimischen Wäldern ist. „Gutes Holz ist keine Selbstverständlichkeit und kein Nice-to-have. Holz, insbesondere Nadelholz, ist unser wichtigster Rohstoff, auf den Verbraucher und Wirtschaft angewiesen sind. Die Forstbetriebe investieren viel Zeit und Arbeit, damit es auf Dauer in ausreichender Menge und Qualität verfügbar ist,“ so Roland Burger.
Wichtiger Beitrag zum Klimaschutz
"Damit das auch in Zukunft gelingt, brauchen wir wieder mehr gesellschaftliche Akzeptanz und politische Unterstützung für die Bewirtschaftung unserer Wälder. Jetzt noch mehr Waldfläche aus der Nutzung zu nehmen, ist jedenfalls nicht die richtige Maßnahme. Einen Beitrag gegen den Klimawandel kann die Forstwirtschaft nämlich insbesondere dadurch leisten, dass CO2 im Bauholz langfristig gespeichert wird", so Burger.
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