Geschäftsführer Daniel Schloz spricht über die Zukunft von "Bio"
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#Ö: Herr Schloz, Sie haben das 30-jährige Firmenjubiläum Ende Oktober mit etwa 160 Gästen in der Täleseehalle in Empfingen gefeiert. Wie war die Veranstaltung?
Schloz: Es war eine tolle Veranstaltung. Es gab ein Podium, das von fünf Filmpremieren umrahmt wurde, in denen unsere Erzeuger zu Wort gekommen sind. Die Filme haben ein Stück weit die Geschichte der Rebio widergespiegelt und sind auf YouTube abrufbar. Die eigentliche Diskussion ist dann aber zum Thema „Wie sieht die Zukunft aus?“ entstanden.
#Ö: Was wurde da diskutiert?
Schloz: Es ging um das Ziel von 30 bis 40 Prozent biologisch bewirtschafteter Fläche bis 2030. Jan Plagge vom Biolandverband betonte, wie wichtig es aus Verbandssicht ist, die Preisstabilität trotz dieser Ausbauziele zu erhalten und auch die anderen großen Themen Klimaschutz und Biodiversität trotzdem weiter in den Fokus zu rücken. Aus Erzeugersicht war ganz klar, dass die Politik besonders aufpassen muss, dass die Nachfrage der Produktion immer ein Stück voraus ist.
#Ö: Denken Sie, dass der Markt das 30-Prozent-Bio-Ziel bis 2030 mitgehen wird?
Schloz: Das ist immer schwierig, wenn ein politisches Ziel so gesetzt ist. Der Markt wird sich dem ja nicht einfach unterordnen. In den letzten sechs Jahren seit ich Geschäftsführer bin, haben wir bei der Rebio in allen Bereichen eine Verdopplung oder Verdreifachung der erzeugten Mengen begleitet. Und diese Veränderung war hauptsächlich wirtschaftlich getrieben von stabilen Preisen im Biobereich und einer eher schwierigen Preissituation im konventionellen Bereich. Die Nachfrage hat da größtenteils Schritt gehalten. Zur Zeit haben wir also ganz klar eine sehr starke Nachfrage, die den Markt stützt. Die Frage ist, wie man die Nachfrage über zehn Jahre stetig erhöhen kann.
#Ö: Sieht die Rebio das als ihre Aufgabe?
Schloz: Wir sehen uns als ein Unterstützer dieser Nachfrage. Aber die Politik und der Verband müssen das 30 Prozent-Ziel natürlich auch begleiten. Unsere Hauptaufgabe ist es, den Markt so zu gestalten und die Erzeugerpreise auf ein Niveau zu bringen, dass unsere Erzeuger auskömmliche Preise und eine Zukunftsperspektive haben. Wir wollen den Biobereich ausbauen und jedem Biolandwirt in Baden-Württemberg Vermarktungsmöglichkeiten bieten.
#Ö: Ist die Angst vor einer Konventionalisierung der Biolandwirtschaft berechtigt?
Schloz: Aus Verbandsperspektive sehe ich keine Gefahr einer Verwässerung oder Konventionalisierung im Biobereich. Wenn eine Gefahr droht, dann im EU-Biobereich. Wir handeln nur Verbandsware und die Verbände entwickeln ihre Richtlinien noch stärker in Richtung Nachhaltigkeit. Wir unterstützen das und sind zum Beispiel mit Bioland, dem WWF und Edeka im Projekt Landwirtschaft für Artenvielfalt aktiv. So lange der Konsument das schätzt, können wir das weiterentwickeln. Was den Klimaschutz angeht, müssen wir als Erzeugergemeinschaft noch mehr tun und kommunizieren, weil der Kunde das will. Das müssen wir aber noch einpreisen.
#Ö: Kurzer Exkurs in die Vergangenheit: Weshalb wurde die Rebio 1991 gegründet?
Schloz: 1989 haben die Ministerien den Grundstein für die Gründung der Rebio gelegt, weil es damals zu Hauf staatlich geförderte Extensivierungsprogramme gab. Wir hatten ja den Milchsee und den Butterberg. Das war zwar insgesamt betrachtet ein notwendiger Markteingriff, aber der hat dazu geführt, dass der Biosektor in sehr kurzer Zeit aus einer sehr kleinen Nische in eine massiv größere gewachsen ist. Damals ist der Markt in extreme Turbulenzen geraten, weil es keine Vermarktungsstrukturen dafür gab. Aus dieser Not der Erzeuger heraus ist die Rebio entstanden – mit sehr viel Weitblick, denn regional und bio sind die aktuellen Top-Trends. Aber in so eine Not wollen wir nicht noch einmal kommen.
#Ö: Was hat die Rebio seit 1991 erreicht?
Schloz: Der erste Meilenstein war sicherlich, überhaupt eine Vermarktungsstruktur vom Getreide bis zum Bäcker zu finden. Wir haben vor 30 Jahren festgelegt, dass wir die Bäcker beliefern wollen und nicht die Müller. Denn je näher man am Endkunden ist, desto stabiler sind die Preise – der Mehlpreis ist viel stabiler als der Getreidepreis. Das haben wir bis zum Naturkosthandel und einzelnen Mehlpäckchen weiterentwickelt. Seit 2019 haben wir eine eigene Mühle . Dadurch konnten wir am immensen Nachfrageanstieg während Corona teilhaben. Zusätzlich zum Getreide haben wir den Viehbereich aufgebaut. Wir haben geschafft, Preise zu erzielen, die für regional und bio angemessen sind und den Landwirten ein Auskommen bieten. Den Mechanismus, dass LEH und Zwischenhändler ihre Preise nennen und der Landwirt kriegt, was übrigbleibt, wollen wir brechen, wo es geht.
#Ö: In welchem Bereich ist es zur Zeit am schwierigsten, angemessene Preise zu erzielen?
Schloz: Derzeit sind wir in einem absoluten Nachfragemarkt. Wir haben dieses Jahr gute Preise für unsere Landwirte erzielt – auch für Schweinefleisch. Wenn man den konventionellen Markt kennt, ist es fast undenkbar, was da im Biobereich passiert. Die Entwicklung des Bioschweinemarkts ist komplett abgekoppelt vom konventionellen Markt.
#Ö: Welche Aufgaben hat sich die Rebio für die kommenden 30 Jahre gestellt?
Schloz: In den nächsten 30 Jahren werden wir das Netz an Erfassungsstandorten und Verarbeitungsstrukturen stetig ausbauen. Wir wollen unter anderem Braugerste, Ölsaaten und Leguminosen voranbringen. Seit letztem Jahr können wir schon Raps Ex-Ernte annehmen. Wir wollen auch die Inwertsetzung der Kälber aus der Milchviehhaltung noch stärker vorantreiben. Da sind wir an einer Vollkostenrechnung dran, um Erzeugern, die in einen Maststall investieren, ein auskömmliches Preisniveau bieten zu können. Außerdem wollen wir die Gesellschafterbasis vergrößern.
#Ö: Was zeichnet die Rebio gegenüber anderen Erzeugergemeinschaften aus?
Schloz: Wir machen noch immer eine solidarische Vermarktung. Für die gleiche Menge und Qualität gibt es für jeden den gleichen Preis – egal, wann und von wo er liefert. Wir können den Landwirten eine langfristige Vermarktung bieten und mit dem wachsenden Erzeugermarkt schritthalten. Wir bauen stetig die Vermarktungsstrukturen und die Erfassungskapazitäten aus. Umstellern nehmen wir schon die Umstellungsware ab, nicht erst die umgestellte. Unsere Betriebe liefern Produkte mit einem sehr hohen Wert. Dass die auch einen gewissen Preis haben, dürfen wir nie aus den Augen verlieren.
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