Stickstoffdünger ist nicht mehr knapp
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Stickstoffdünger gibt es gerade ausreichend für den Bedarf in der Landwirtschaft, bestätigen Landhändler von Genossenschaften und privatem Landhandel übereinstimmend gegenüber BWagrar. Das gilt für den schnell wirkenden Nitratdünger Kalkammonsalpeter (KAS) uneingeschränkt; für den langsamer wirkenden Harnstoff nicht immer. In Kombination mit einem Ureasehemmer ist Harnstoff für den sofortigen Bedarf knapp beziehungsweise erst in einigen Wochen wieder zu bekommen, heißt es beim Agrarhandel. Grund seien unter anderem die knappen Transportkapazitäten per LKW.
Wer sich die Stickstoffmengen für die erste und zweite Gabe in diesem Frühjahr gesichert hat, „kann sich zurücklehnen und weitere Käufe zunächst abwarten. Wer sich noch keine Ware gesichert hat, sollte sich umgehend darum kümmern“, empfahlen die befragten Kaufleute in der Umfrage Mitte Februar. Ob die Preise weiter fallen oder der Boden schon erreicht ist, ist ungewiss. Nach Einschätzung des Landhandels dürften die größten Preisabschläge bereits erreicht sein. Der Stickstoffdünger stamme überwiegend aus westeuropäischer Herstellung.
Dass der in Deutschland gängige Stickstoffdünger KAS wieder auf das Preisniveau vom Sommer 2020 fallen könnte, sehen die Agrarkaufleute skeptisch. Die Bereitstellung von verbrauchsfertigem Erdgas aus Übersee-Flüssiggas sei aufwendiger und teurer als der frühere Bezug des praktisch verbrauchsfertigen russischen Pipeline-Gases. Im Juni 2020 bezifferte die Agrarmarkt Informations-Gesellschaft (AMI) die Tonne KAS im Schnitt mit netto 180 Euro. Die Angaben gelten für 25 Tonnen im Streckengeschäft lose frei Hof. Im Oktober vergangenen Jahres lag diese Ware bei netto 867 Euro und in diesem Monat bei 534 Euro.
Die Gründe des enormen Preisaufschwungs sind bekannt. Die Energiekrise infolge des Ukrainekriegs verteuerte alle energieintensiven Industrieprozesse, auch die Herstellung von Ammoniak, einem Rohstoff für Stickstoffdünger. In der Folge stiegen die Preise für Düngemittel enorm. Mangels Rentabilität setzte die Industrie im vergangenen Jahr teilweise die Produktion aus. Als die Produktion wieder lief und Dünger zu bekommen war, deckten sich viele Landwirte bereits für die Ernte 2023 ein, heißt es beim Landhandel.
Das war etwa im Mai vergangenen Jahres der Fall, als ein namhafter Stickstoffhersteller die Preise um fast 30 Prozent gesenkt hatte. Da die geopolitische Lage nicht absehbar war, stand für die Landwirte die Versorgungssicherheit im Vordergrund. Mit KAS-Preisen um 650 Euro pro Tonne ließ sich in jenen Tagen eine rentable Produktion von Raps oder Weizen für die Ernte 2023 darstellen. In den Folgemonaten zog die Industrie die Düngerpreise wieder hoch, im Glauben, die Landwirte würden zu jedem Preis kaufen. Das war nicht der Fall. Bei den Herstellern staute sich im Herbst die Ware. Ab November senkte die Industrie die Preise.
Nach Einschätzung des Agrarhandels ist die Landwirtschaft im Land gegenwärtig nicht besser mit Düngemitteln versorgt als in anderen Jahren zu dieser Zeit. Die Landwirte hatten im Frühsommer 2022 den Bezug für die Ernte 2023 lediglich vorgezogen. Eine Erkenntnis aus dem vergangenen Jahr ist, dass es Sinn macht Dünger zu kaufen, wenn sich im Gegenzug Getreide rentabel verkaufen lässt. Damit dürfte auch der Düngerkauf nach Plan – zur Einlagerungssaison – der Vergangenheit angehören. Beim Vergleich der Stickstoffpreise von KAS und Harnstoff sei der KAS-Stickstoff gegenwärtig teurer. Das könnte ein Grund sein, warum in manchen Regionen und für bestimmte Marktfrüchte statt des Nitratdüngers der Ammoniumdünger vorgezogen werde, berichtete ein Händler. Auf diese Weise würden die KAS-Überhänge noch größer.
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