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Interview mit Stefan Beuermann

Landwirte müssen lernen zu verkaufen

Interview mit einem Experten für Körnerleguminosen: Über Chancen und Herausforderungen für Landwirte sprach BWagrar mit Stefan Beuermann, bei der UFOP verantwortlich für LeguNet.

von Susanne Gnauk erschienen am 18.12.2024
Auswahl an Hülsenfrüchten. Landwirte sollten sich in Erzeugergemeinschaften zusammenschließen, um Leguminosen besser zu vermarkten. © Krick/agrar-press
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Zur Person
Stefan Beuermann
UFOP e. V., LeguNet
Wie hoch ist der Anbauumfang von Körnerleguminosen in Deutschland? Stefan Beuermann: Der Anbauumfang von Körnerleguminosen wie Erbsen, Ackerbohnen, Lupinen und Soja hat sich deutlich gesteigert. Während wir 2013 mit 75.000 Hektar einen Tiefpunkt hatten, nähern wir uns jetzt 300.000 Hektar. Wie schätzen Sie das Anbaupotenzial ein? Beuermann: Vom Ziel der Eiweißpflanzenstrategie des BMEL, den Leguminosenanbau auf zehn Prozent der deutschen Ackerfläche auszudehnen, sind wir auch nach zwölf Jahren noch weit entfernt. Aus ackerbaulicher Sicht hätten wir aber selbst mit Erreichen der zehn Prozent noch Luft nach oben. Vor allem bei Sojabohnen sehe ich viel Potenzial. Sie können alle zwei bis drei Jahre problemlos auf derselben Fläche angebaut werden und passen gut in bestehende Raps-Fruchtfolgen. Andere Arten wie Körnererbsen benötigen längere Anbaupausen von sechs bis acht Jahren, da sie empfindlicher auf Fruchtfolgekrankheiten reagieren. Dennoch bleibt auch hier Spielraum nach oben. Hülsenfrüchte sind in Fruchtfolgen Gesundungsfrüchte. Wo sehen Sie derzeit die größten Herausforderungen? Beuermann: Ein großes Problem ist die Marktintransparenz. Während es für Sojabohnen Preisnotierungen gibt, fehlen solche für andere Leguminosenarten, wobei das Dashboard LeguDash neben Soja nun auch für Ackerbohnen, Felderbsen und Lupinen Marktinfos und Preisnotierungen zur Verfügung stellen will. Für mehr Markttransparenz und bessere Erzeugerpreise müssen Landwirte aber auch zwingend großflächig aktiv in die Vermarktung einsteigen. Hülsenfrüchte werden erst bei hohen Tonnagen zu einem ernst zu nehmenden Handelsgut. Landwirte müssen wieder viel stärker lernen zu verkaufen. Wer seine Ware einfach beim Handel abliefert, ohne zu verhandeln, wird kaum zufriedenstellende Preise erzielen. Erst die Ernte verkaufen, dann das Saatgut bestellen! Welche lohnenden Absatzmöglichkeiten sehen Sie für Landwirte? Beuermann: Der Vertragsanbau ist eine gute Option sowohl für die Lebensmittel- als auch für die Futtermittelindustrie. Verträge für die Lebensmittelindustrie bieten sichere Absatzmärkte und gute Preise, erfordern aber eine hohe Qualität des Ernteguts. Im Futtermittelbereich nimmt der Vertragsanbau ebenfalls Fahrt auf. Hier könnten regionale Wertschöpfungsketten den Import von Soja langfristig ersetzen. Was können Landwirte tun, um ihre Position am Markt zu stärken? Beuermann: Eine Schlüsselrolle spielt die Bündelung von Erntemengen, beispielsweise durch landwirtschaftliche Erzeugergemeinschaften (EZG). So lassen sich große, gleichförmige Partien erzeugen, die für große Verarbeiter interessant sind. Außerdem werden Transportkosten gesenkt, da Bahn- oder Schiffstransporte ab etwa 1500 Tonnen deutlich günstiger sind als per LKW. Überdies können Landwirte somit Saatgut oder auch Pflanzenschutzmittel gemeinsam einkaufen. Außerdem können amtlich anerkannte EZG für Technik zur Verbesserung der Vermarktung und Produktqualität Fördermittel aus dem Europäischen Landwirtschaftsfonds (ELER) beantragen, zum Beispiel für gemeinsame Lagertechnik sowie Investitionen für die Reinigung oder Sortierung der Rohware. Die Lagerfläche ist für mich ein Schlüssel zur Vermarktungsfähigkeit. Die EZG müssen imstande sein, zum Beispiel Erbsen oder Ackerbohnen glutenfrei – also ohne Getreidestäube – und allergenfrei einzulagern und die Ware permanent in hohen Mengen anzubieten. Ein praktisches Hilfsmittel für die Vermarktung ist die Abnehmerkarte der UFOP. Dort sind rund 400 Händler verzeichnet, die Körnerleguminosen abnehmen. Was müsste sich bei der Förderung ändern? Beuermann: Wir brauchen eine bundesweit einheitliche Förderung verpflichtend über fünf Jahre. Bis jetzt gibt es Förderprogramme für Hülsenfrüchte nur in fünf Bundesländern und auch hier sind die Gelder begrenzt. Zum anderen muss die Vermarktung mitgedacht werden. In der EU wurden bereits in den 1990er-Jahren Hülsenfrüchte gefördert mit dem Ergebnis, dass in kurzer Zeit die Erbsenfläche rapide angestiegen, genauso schnell aber wieder gesunken ist, als die Förderung auslief. Überdies darf sich die Eiweißpflanzenstrategie nicht nur auf die Humanernährung konzentrieren. 90 Prozent der Hülsenfrüchte gehen ins Tierfutter und das ist überwiegend Soja, das zu über 90 Prozent importiert wird. Wie ich bereits sagte, gibt es dafür viel mehr Anbaupotenzial bei uns. Insgesamt könnten im Mischfutter viel mehr Hülsenfrüchte eingesetzt werden. Aber auch hier ist für die Mischfutterhersteller neben der Menge der Preis entscheidend. Ware aus Übersee ist da oft billiger, weil hier die sogenannten sozialen Kosten nicht eingepreist sind. Wenn wir den Transformationsprozess wollen, muss sich auch der Handel von wenig nachhaltigen Geschäftsmodellen verabschieden. So ein Transformationsprozess hin zu mehr heimischen Hülsenfrüchten ist erstmal auch für den Handel teurer. Bei ausreichender Anbaudichte und entsprechender Logistik kommt der Markt aber wieder in ruhigeres Fahrwasser. Fördermittel dürfen nicht in Anbauverträge eingepreist sein. Langfristig muss sich der Anbau von Leguminosen über Erzeugerpreise rechnen. Landwirtschaft muss fair und nachhaltig sein – und Landwirten auch Spaß machen. Nur dann bleibt der Anbau nachhaltig attraktiv.
„Hülsenfrüchte werden erst bei hohen Tonnagen zu einem ernst zu nehmenden Handelsgut.“ Stefan Beuermann
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