Normale Erntemenge für Äpfel und Birnen erwartet
Schwankende Spargelerträge, zehn Prozent weniger Erbeeren, gleichmäßiger Ernteverlauf im Gemüse. Der Bundesausschuss Obst und Gemüse hat erste Ergebnisse und Prognosen für das laufende Jahr herausgegeben.
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Die Obst- und Gemüseernte verzögerte sich in Deutschland witterungsbedingt um etwa zwei
Wochen. Wetterextreme mit Starkregen, Sturmböen und Hagel haben regional begrenzt die
Reife verzögert und die Ernte erschwert. Die feucht-schwüle Witterung führt in den betroffenen
Regionen zusätzlich zu einem erhöhten Schädlingsdruck. Aktuell richtet die Kirschessigfliege
darüber hinaus enorme Schäden an. Insgesamt ist die finanzielle Situation in den Betrieben
angespannt und insbesondere die Stimmung bei den Apfelbauern ist miserabel. Extrem
niedrige Erzeugerpreise für die Äpfel aus der Ernte 2015 sind dafür verantwortlich. Die
Liquiditätsprobleme nehmen zu und etliche Kernobstbetriebe stehen mit dem Rücken zur
Wand.
Die Spargelsaison ist seit dem 24. Juni, dem Johannistag, beendet. Für den Spargel war es
über weite Teile der Saison zu kühl, so dass im bundesweiten Mittel eine im Vergleich zum
Vorjahr etwas geringere Ernte erzielt worden sein wird. Nach vorläufigen Schätzungen wurden
gut 110.000 Tonnen Spargel geerntet (Vorjahr 114.000 Tonnen), wobei die Preise bis
Pfingsten noch über dem Vorjahresniveau, danach aber deutlich darunterlagen. Es war eine
zweigeteilte Spargelsaison mit extrem schwankenden Erträgen.
Die Erdbeersaison läuft aus. Wegen der kühlen Witterung zu Begin der Saison, der feuchten
Schwüle im weitern Verlauf der Saison und bei einem insgesamt höheren Schädlingsdruck
wird mit geschätzten 150.000 Tonnen eine um 10 Prozent niedrigere Erdbeerernte erwartet.
Regional gibt es erhebliche Probleme mit zu feuchter Witterung.
Die Kirschen sind am Markt, doch insbesondere im Süden Deutschlands ist der Saisonstart
regelrecht „ins Wasser gefallen“. Probleme bereiten derzeit neben geplatzten Kirschen, wegen
zu hoher Wasseraufnahme, die Kirschfruchtfliege und die Kirschessigfliege, die sich
aufgrund der Witterung stark vermehren konnten. Derzeit wird aber für das gesamte Steinobst
von Kirschen, Pflaumen bis zu den Mirabellen noch mit einer durchschnittlichen Ernte
gerechnet. Die mengenmäßig hohe Vorjahresernte wird damit nicht erreicht werden können.
Kernobst: Die Äpfel- und Birnenbäume tragen normal und es ist von einer normalen Ernte
auszugehen. Eine erste Einschätzung der diesjährigen Apfelernte wird der Prognosfruitkongress
am 4. August in Hamburg abliefern. Insgesamt sind die bisherigen Entwicklungen mit
Ausnahme gebietsweiser Hagelschäden als gut einzuschätzen. Gerade die Apfelbauern
brauchen endlich mal wieder ein gutes Apfeljahr mit Preisen die es ermöglichen, die derzeitige
betriebliche Schieflage aufzufangen und die doch bei vielen Betrieben vorherrschende
Existenzangst abzuwehren.
Beim Gemüse, so u.a. bei Salaten, Blumenkohl und Broccoli läuft die Ernte gleichmäßig. Im
Juli litt die Ernte regional aber unter den nassen Bedingungen. So standen z.B. in der Pfalz
über einen längeren Zeitraum mehr als 800 ha Gemüseanbaufläche komplett unter Wasser.
Wer die Zukunft des Landes sichern will, muss die Bauern stärken
„Die Landwirtschaft steht vor großen Herausforderungen. Mit der desolaten Lage auf den
Agrarmärkten, der aktuellen politischen Krise der Europäischen Union und mit der medialen
und gesellschaftlichen Diskussion über Landwirtschaft müssen und werden unsere Bauernfamilien
umgehen. Sie erwarten jedoch von Politik und Gesellschaft eine faire und sachgerechte
Diskussionskultur und auch die notwendigen Rahmenbedingungen, um ihnen als Unternehmer
die Chance zu geben, sich im Wettbewerb behaupten zu können.“ Dies betonte
der Präsident des Deutschen Bauernverbandes (DBV), Joachim Rukwied, in seiner Grundsatzrede
vor den rund 600 Delegierten und zahlreichen Gästen aus Politik, Agrarwirtschaft
und Gesellschaft auf dem Deutschen Bauerntag 2016 am 29. Juni 2016 in Hannover.
Trotz der aktuellen Herausforderungen habe die deutsche Landwirtschaft eine Zukunftsperspektive.
Nach wie vor seien Deutschland und die Europäische Union der Kernmarkt für die
heimische Landwirtschaft. „Wir bieten unseren Verbrauchern ein vielfältiges Angebot qualitativ
hochwertiger Lebensmittel. Nur kommt derzeit vom Ladenpreis zu wenig bei unseren
Bauern an. Zur Wahrheit gehört aber auch, dass Deutschland bei Lebensmitteln nach wie
vor Nettoimportland ist“, so der Bauernpräsident. Die aktuelle Marktkrise habe politische und
konjunkturelle Ursachen, deren Auswirkungen sich durch Ungleichgewichte in der Wertschöpfungskette
zulasten der Landwirtschaft verstärkten. Die derzeitige Situation zeige, dass
man die Schlussfolgerungen aus der Milchmarktkrise 2008/09 noch nicht ausreichend umgesetzt
habe. Für Strukturverbesserungen in der Vermarktung, für eine bessere Bündelung des
Angebotes, für die Bildung von Branchenorganisationen oder die marktgerechte Gestaltung
der Lieferbeziehungen zwischen Milchbauern und Molkereien liegen heute Vorschläge auf
dem Tisch. „Diese müssen jetzt aufgegriffen und umgesetzt werden, gerade auch von unseren
genossenschaftlichen Unternehmen“, forderte Rukwied.
„Wir wissen als Unternehmer, dass zu den Chancen auch die Risiken offener Märkte gehören.
Aktuell wird bei den Verhandlungen zu vielen Handelsabkommen deutlich, dass die
Märkte weiter liberalisiert werden. Deshalb dürfe die Politik den Bauernfamilien keine falschen
Versprechungen machen oder vermeintlich leichte und einfache Lösungen vorgaukeln.
Zu den Wahrheiten gehört, dass es seit den 1990iger Jahren politischer Wille ist, die
Agrarmärkte zu öffnen und staatliche Marktsteuerung zu beenden“, betonte Rukwied. „Die
Marktkrise kann aber nur ohne Strukturbrüche in der deutschen Landwirtschaft überwunden
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werden, wenn Bundesregierung und EU-Kommission ihre Ankündigungen für Unterstützungsprogramme
endlich konkretisieren und verwirklichen“, forderte Rukwied
Rukwied rief dazu auf, nicht nur die aktuellen Probleme an den Märkten im Blick zu haben,
sondern langfristig zu denken und zu handeln. „Den Märkten müssen wir uns stellen. Die
langfristig größte Herausforderung liegt aber in der gesellschaftlichen Diskussion um die zukünftige
Ausrichtung der Landwirtschaft in Deutschland. Hier müssen wir klare Positionen
beziehen, aber ohne die Dialogfähigkeit zu verlieren“, so Rukwied. „Zuspitzung, Kampagnen
und falsche Vereinfachungen sind nicht Sache des Berufsstandes. Wir stehen zu einer offenen,
sachgerechten und fairen Debatte, fordern dies aber auch bei allen Gesprächspartnern
ein“, stellte der Bauernpräsident klar. Die deutschen Landwirte seien gut ausgebildet und
würden ihre Betriebe mit Engagement, unternehmerischer Verantwortung und hohen Investitionen
entwickeln.
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