Gefahr durch Importe aus Drittstaaten
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„Wie kann es sein, dass zum Beispiel türkische Süßkirschen, die mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden, die in Deutschland ein Anwendungsverbot haben, den Weg in die deutschen Supermarktregale finden?“, so der Vorsitzende der Fachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg, Ferdinand Völzgen, bei einer Informationsveranstaltung rheinischer Obstbauern Ende Juni in Meckenheim.
Kein teures Einnetzen nötig
Auch wenn die gesetzlich erlaubten Höchstgehalte an Rückständen von Pflanzenschutzmitteln eingehalten würden, sei es nicht nachvollziehbar, dass diese Kirschen den Weg zum Verbraucher fänden. Denn die Berufskollegen aus der Türkei könnten sich das teure Einnetzen der Kirschanlagen gegen Schädlinge, wie die Kirschfruchtfliege und die Kirschessigfliege, sparen und hätten dadurch einen Kostenvorteil.
Kostenvorteil beim Mindestlohn
Völzgen wies auf einen weiteren Kostenvorteil der türkischen Kirschenerzeuger hin: In Deutschland betrage der gesetzliche Mindestlohn 9,19 Euro/Std., in der Türkei nach einer Anhebung um 20 Prozehnt in diesem Jahr trotzdem noch nicht einmal 2,00 Euro/Std. Er beklagte, dass der Handel, der unter starkem Wettbewerbsdruck stehe, Kirschen aus heimischer Produktion nicht oder nur teilweise in sein Sortiment aufnehme. „Wir werden dafür abgestraft, dass wir – wie vom Gesetzgeber gefordert – in Sachen Lebensmittelproduktion auf umweltfreundlichere Produktionsverfahren umstellen“, so Völzgen. Er stellte die Frage, wo der gelebte Klima- und Umweltschutz bleibe, wenn Nahrungsmittel aus dem Ausland billig eingeführt, die dortigen Produktionsweisen aber nicht hinterfragt würden.
Obstbauer Manfred Felten, auf dessen Betrieb in Meckenheim die Informationsveranstaltung stattfand, baut mit seiner Ehefrau Zuzanna und Sohn Matthias Süßkirschen auf einer Fläche von 1,5 ha an. „Bei der Planung der Anlage haben wir von Anfang an eine Überdachung vorgesehen“, so Felten. So könne die Kirschblüte vor Frost geschützt und die Früchte könnten ohne Angst des Erzeugers vor dem Platzen bei Regen vollreif werden und ihr optimales Aroma erreichen. Durch eine Einnetzung der Bäume könnten mehrere Insektizid-Spritzungen gegen die Kirschessigfliege eingespart werden.
Mit Netzen gegen Kirschessigfliege
Die weibliche Kirschessigfliege lege bis zu 300 Eier in gesunde und erntereife Früchte, berichtete Dr. Silke Benz vom Pflanzenschutzdienst der Landwirtschaftskammer Nordrhein-Westfalen. Der Schädling habe sich seit 2014 in Deutschland etabliert und befalle Weichobst wie Kirschen, Himbeeren, Brombeeren und Heidelbeeren. So habe man „gute Erfahrungen mit Netzen als Abwehr und Ausgrenzung der Kirschessigfliege gewonnen, die eine Maschenweite von 0,8 x 0,8 mm aufweisen“, informierte Benz.
Am Beispiel der Süßkirschen zeigte Bernhard Burdick von der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen auf, wie hoch der Energieverbrauch für den Transport der Früchte zu den Verbrauchern im Rheinland ist. Bei Kirschen aus der Region in einem Umkreis von 250 km würden bei einem LKW-Transport 25 bis 30 ml Erdöl je Kilogramm Kirschen verbraucht, bei Kirschen aus Italien seien es 100 bis 150 ml und bei Kirschen aus der Südtürkei etwa 250 ml. „Werden die Kirschen eingeflogen, dann verbraucht dies für 1 Kilogramm Kirschen etwa 1,5 kg Erdöl – mit entsprechend sechsfacher Klimabelastung“, so Burdick.
Stets ein Blick aufs Etikett
„Die Aufrufe an die Politik sind essenziell wichtig, aber es wird Zeit, dass jeder einzelne seinen Beitrag zum Klimaschutz leistet“, forderte Philip Wißkirchen, Vorsitzender der Obstbaujunioren Rheinland und stellvertretender Vorsitzender der Fachgruppe Obstbau Bonn/Rhein-Sieg. Er rief die Verbraucher dazu auf, beim Einkauf genau auf das Etikett des Obstes zu schauen und durch den Einkauf von regional erzeugtem Obst viele Tonnen CO2 und andere Treibhausgase einzusparen sowie die heimische Wirtschaft zu unterstützen und Arbeitsplätze in der Region zu sichern.
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