Erstmals LSV Winterbraugerste
In den LSV Baden-Württemberg wurden 2018/19 erstmals acht Braugerstensorten an fünf Standorten geprüft. Da Braugerste aus Deutschland momentan gesucht ist, stellt der Anbau von Winterbraugerste eine Alternative zur Sommergerste dar. Die ersten Ergebnisse und Sortenbeurteilungen können Sie hier nachlesen. Die genauen Ergebnisse stehen in den angehängten Tabellen.
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Nach den aktuellen Angaben der Braugersten-Gemeinschaft e.V. wird es 2019 bundesweit deutlich weniger Sommergerste geben als im Vorjahr. Damit wird die ohnehin schon angespannte Versorgungslage bei Braugerste weiter verschärft. Um den Bedarf an Brauware für die Malz- und Bierherstellung zu decken, bedienen sich die Verarbeiter am europäischen Rohstoffmarkt und setzen zunehmend auf Winterbraugerste aus heimischer Produktion.
Neue Sortengeneration als echte Alternative
Mit der neuen qualitativ hochwertigen Sortengeneration bietet sich dem Praktiker eine echte Alternative zur Sommergerste. Neben den pflanzenbaulichen Vorteilen wie bessere Ausnutzung der Winterfeuchte, Toleranz gegenüber Frühsommertrockenheit und zeitige Ernte werden höhere Erträge im Vergleich zur Sommergerste erzielt. Andererseits gibt es gewisse Risikofaktoren, die der Anbau von Winterbraugerste mit sich bringt. Die Qualitätsanforderungen sind hoch, der Rohproteingehalt von 11,5 Prozent darf nicht überschritten werden und erfordert ein zielgerichtetes Düngemanagement. Berücksichtigt werden müssen zudem mögliche Auswinterungsschäden, Virusinfektionen im Herbst und die Gräserproblematik bei winterlastigen Fruchtfolgen. Ist die Entscheidung für die Winterbraugerste gefallen, ist es ratsam sich mit einem Vertragspartner über Sorte und Qualitätsanforderungen abzustimmen und den Anbau über Vorverträge abzusichern.
Erstmals umfassend getestet
In den LSV Baden-Württemberg wurden 2018/19 erstmals acht Braugerstensorten an fünf Standorten geprüft. In V1, der reduzierten Variante ohne Fungizidbehandlung und Wachstumsreglereinsatz, wurden im Durchschnitt 71,5 dt/ha gedroschen. In der intensiven Variante, V2 wurden durch den Einsatz von Wachstumsreglern und Fungiziden durchschnittlich 82,6 dt/ha erzielt.
Gedüngt wurde in beiden Varianten nach NID oder der Sollwertmethode:
- 1. Gabe 120-Nmin, jedoch max. 70 kg N/ha;
- 2. Gabe zwei Wochen später, falls Bedarf max. 20 kg N/ha, keine weiteren N-Gaben.
Nur am Standort Boxberg war im Herbst eine Virusvektorenbehandlung erforderlich. Bis auf den zum Teil massiven Mehltaubefall zum Schossen blieben die Sorten lange relativ gesund. Zum Ende der Vegetation war Ramularia die dominierende Krankheit.
Neben den etablierten Sorten KWS Liga und KWS Somerset stand die ertragsstarke Sorte Etincel in der Prüfung. Europaweit ist sie aktuell die bedeutendste Winterbraugerste. In der Beschreibenden Sortenliste (BSL) ist Etincel allerdings nicht explizit als Braugerste ausgewiesen. Lyberac, eine qualitativ hochwertige, aber mehltauanfällige Sorte zeigte auch in der reduzierten Variante eine gute Ertragsleistung. Zophia, eine Sorte mit breitem Resistenzspektrum, konnte im ersten LSV-Jahr im Ertrag nicht ganz mithalten, gilt aber bei den Brauern als unkompliziert in der Verarbeitung. Sehr gute Malz- und Brauqualitäten und gute Resistenzen zeichnen die Sorte Desiree aus. Allerdings lag die Sorte nach einem Prüfjahr ertraglich weit hinten. Die Sommerbraugerste Leandra konnte zweifelsohne von den Witterungsverhältnissen profitieren: der durch die Herbsttrockenheit bedingte späte Aufgang und der milde Winter kamen der Sorte zu Gute. Die ertragsstärkste Winterbraugerste in den LSV 2019 war die Neuzulassung KWS Faro.
Beoachtungen aus den LSV Winterbraugersten Baden-Württemberg 2018/19 - Mittelwerte über die LSV-Standorte
Ertrag V1: 71,5 dt/ha, V2: 82,6 dt/ha agronomische Werte V1* (Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde): Lager vor Ernte (2,2); Halmknicken (4,6); Ährenknicken (2,3)
Krankheiten V1*(Mittelwert über die Standorte, wo das Merkmal erfasst wurde): Mehltau (3,9) ; Rhynchosporium (2,9); Ramularia (3,7); Netzflecken (2,9)
Qualitäten V2: laut BSL 2019
*Skala 1-9: je höher der Wert, desto nega- tiver die Merkmalsausprägung
Sortenbeschreibung
Desiree (zz): 2019 ertragschwächste Sorte in den LSV; späte Jugendentwicklung; mittlere Strohstabilität; gute Ährenstabilität (1,5); hohe Resistenz gegen Mehltau (2,8), sonst mittlere Blattgesundheit; hoher Vollgerstenanteil; gute bis sehr gute Braueigenschaften; sehr hoher Fibrilimeterwert (BSL 8); sehr niedrige Viskosität (BSL 1)
Etincel (mz): Sorte mit Spitzenerträgen in V1 und V2; frühe Reife; neigt zu Lager (2,8), Halm- (6,7) und Ährenknicken (3,1); unterdurchschnittlicher Vollgerstenanteil; nicht explizit als Braugerste geprüft.
KWS Faro (mz): ertragstärkste Sorte über alle LSV in beiden Intensitäten; zügige Jugendentwicklung, frühe Abreife; gute Strohstabilität: Lager (1,9), Halmknicken(3,8); gute Mehltauresistenz (3,0), sonst mittlere Anfälligkeiten für Blattkrankheiten; Vollgerstenanteil und Hektoliter hoch; niedriger Eiweißwert; gute Braueigenschaften; Viskosität sehr hoch (BSL 9).
KWS Liga (zz): in der Verarbeitung stark nachgefragte Winterbraugerste; unterdurchschnittliches Ertragsniveau; mittlere Stroh- und Ährenstabilität; erhöhte Anfälligkeit für Mehltau (4,5) und Rhynchosporium (3,8), Befall mit Ramularia gering (3,0); geringer Proteingehalt; Vollgerstenanteil und Hektoliter hoch; gute Malz- und Brauparameter; sehr hoher Fibrilimeterwert (BSL 8).
KWS Somerset (zz): etablierte Braugerste mit unterdurchschnittlichen Erträgen in beiden Intensitäten; mittlere Halm- und Ährenstabilität; geringer Ramulariabefall (3,3), mittlere Blattgesundheit, aber mehltauanfällig (4,5); sehr hoher Vollgerstenanteil; gute Braueigenschaften; sehr niedrige Viskosität (BSL 1)
Leandra (zz): Sommerbraugerste; in V1 unterdurchschnittlich, in V2 mit guten Erträgen; kurz und standfest; mittlere agronomische Eigenschaften; sehr gute Mehltauresistenz, deutlicher Befall mit Ramuaria, überdurchschnittlicher Befall mit Netzflecken, Zwergrost und Rhynchosporium; Vollgerstenanteil hoch; hervorragende Braueigenschaften
Lyberac (zz): Erträge in V1 überdurchschnittlich; in V2 leicht unterdurchschnittlich; frühes Ährenschieben; mittlere agronomischen Eigenschaften; Schwächen bei Mehltau (4,3), Ramularia (4,3) und Netzflecken (3,3); sehr gute Brauqualität: sehr hoher Vollgerstenanteil, hohes hl-Gewicht, sehr niedriges Protein; der Malzextraktgehalt ist in der BSL mit 9 bewertet.
Zophia (zz): unterdurchschnittliches Ertragsniveau; mittelspäte Sorte mit guter Halm- (3,3) und Ährenstabilität (2,0); mittlere Standfestigkeit; unterdurchschnittlicher Ramulariabefall (3,3), geringe Rhynchosporiumanfälligkeit (1,9), stärkster Mehtaubefall (4,8) in den LSV; Vollgerstenanteil und Hektoliter mittel bis hoch; sehr hoher Fibrilimeterwert (BSL 8) und Malzextraktgehalt (BSL 8).
Detaillierte Einzelortergebnisse, länderübergreifende Verrechnungen sowie die Ergebnisse der Kleinvermälzung bei der Versuchs- und Lehranstalt für Brauerei in Berlin werden zeitnah auf der Internetseite des LTZ www.ltz-augustenberg.de unter >Arbeitsfelder>Pflanzenbau>Sorten eingestellt.
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