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Neue Getreidesorten im Fokus

Was Landwirte zur Sortenprüfung wissen müssen

Vor den Landessortenversuchen durchlaufen die Sorten erst Prüfrunden beim Bundessortenamt. Auf einer Fachveranstaltung für Landwirte des Getreidefonds Z-Saatgut e. V. gab Dirk Rentel vom Bundessortenamt einen umfassenden Überblick über die neuesten Entwicklungen in der Getreidezüchtung und die Bedeutung der Sortenwahl für den landwirtschaftlichen Erfolg.

von Jonas Klein erschienen am 17.09.2025
Auch bei den aktuellen Landessortenversuchen zu Bio-Roggen werden Angaben zur Anfälligkeit für Mutterkorn basierend auf der Beschreibenden Sortenliste gemacht. © Jonas Klein
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Dirk Rentel vom Bundessortenamt legte zunächst die klare Aufgabenteilung zwischen dem Bund und den Ländern im Bereich der Sortenzulassung und -prüfung dar. „Es ist wichtig zu verstehen, dass der Bund primär für die eigentliche Sortenzulassung und die Erstellung der detaillierten, beschreibenden Sortenliste verantwortlich ist. Diese Liste dient als umfassendes Nachschlagewerk für Landwirte und gibt Auskunft über die Eigenschaften der zugelassenen Sorten. Die Länder hingegen spielen eine entscheidende Rolle in der praktischen Umsetzung. Sie sind es, die die Landwirte vor Ort beraten, spezifische Sortenempfehlungen für die jeweiligen regionalen Anbaubedingungen aussprechen und die wichtige Aufgabe der Saatgutanerkennung übernehmen“, erläuterte Rentel. Diese klare Trennung der Zuständigkeiten gewährleistet eine umfassende Betreuung der Landwirte von der Zulassung neuer Sorten bis hin zur erfolgreichen Aussaat und Ernte.

Nur die besten kommen durch

Im Anschluss daran widmete sich Rentel ausführlich dem komplexen Sortenzulassungsverfahren. Er betonte, dass dieses Verfahren strengen Kriterien unterliegt, um sicherzustellen, dass nur qualitativ hochwertige und leistungsfähige Sorten für den Anbau zugelassen werden. „Grundlegende Voraussetzungen für die Zulassung einer neuen Sorte sind ihre Unterscheidbarkeit von bereits existierenden Sorten, ihre Homogenität, also die Einheitlichkeit der Pflanzen innerhalb der Sorte, und ihre Beständigkeit über mehrere Generationen hinweg“, erklärte der Experte. Diese drei Kriterien bilden die Basis für die Identifizierung und den Schutz neuer Züchtungserfolge. Doch für die eigentliche Zulassung ist ein weiteres Kriterium von entscheidender Bedeutung: der landeskulturelle Wert. „Der landeskulturelle Wert einer neuen Sorte bemisst sich am züchterischen Fortschritt, den sie im Vergleich zu den bereits zugelassenen Sorten aufweist. Dies kann sich in höheren Erträgen, einer verbesserten Qualität, einer besseren Widerstandsfähigkeit gegenüber Krankheiten oder Schädlingen oder anderen positiven agronomischen Eigenschaften äußern“, führte Rentel weiter aus. Dieser Aspekt stellt sicher, dass nur Sorten zugelassen werden, die tatsächlich einen Mehrwert für die Landwirtschaft bieten.

Dreijährige Wertprüfung

Ein Kernstück des Sortenzulassungsverfahrens ist die sogenannte Wertprüfung. Diese aufwendige Prüfung erstreckt sich über einen Zeitraum von drei Jahren und wird an einer Vielzahl von Standorten im gesamten Bundesgebiet durchgeführt. „Wir führen die Wertprüfung an 10 bis 20 verschiedenen Orten durch, um die Leistungsfähigkeit der neuen Sorten unter unterschiedlichen klimatischen und Bodenbedingungen zu testen“, erklärte Rentel. Dabei werden die Sorten auf mindestens 10 m² großen Ernteparzellen angebaut, und jede Parzelle wird zur statistischen Absicherung der Ergebnisse zweimal wiederholt. Um die Reaktion der Sorten auf unterschiedliche Anbaustrategien zu untersuchen, werden die Prüfungen in zwei verschiedenen Intensitätsstufen durchgeführt: eine Stufe ohne und eine Stufe mit dem Einsatz von Wachstumsregulatoren und Fungiziden. Im Rahmen dieser umfassenden Wertprüfung werden zahlreiche wichtige agronomische und qualitative Eigenschaften der neuen Sorten detailliert erfasst und bewertet. Dazu gehören die Reifezeit, die Winterhärte, die Standfestigkeit der Halme, die Anfälligkeit für verschiedene Krankheiten und Schädlinge sowie das Potenzial für hohe Erträge und die Qualität des erzeugten Getreides.

Widerstandsfähige neue Sorten

Neben der standardmäßigen Wertprüfung werden auch spezielle Resistenzprüfungen durchgeführt, die sich auf Krankheiten konzentrieren, die nicht in allen Anbaugebieten regelmäßig auftreten. „Für Krankheiten wie beispielsweise Gelbrost oder Ährenfusarium, die in bestimmten Regionen oder unter bestimmten Witterungsbedingungen verstärkt auftreten können, führen wir zusätzliche Prüfungen durch, um die Widerstandsfähigkeit der neuen Sorten zu beurteilen“, erklärte Rentel. Doch wie lässt sich sicherstellen, dass die Pflanzen während des Anbauzeitraums auch mit den entsprechenden Krankheitserreigern in Kontakt kommen? Um in diesen Prüfungen einen ausreichend hohen Infektionsdruck zu gewährleisten und somit aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten, wird eine künstliche Infektion der Pflanzen vorgenommen. Der Experte ging auch auf die kontinuierliche Anpassung der Prüfverfahren an neue Entwicklungen in der Landwirtschaft ein. „Wir beobachten sehr genau, wie sich die Anbau- und Nutzungsweisen verändern, und passen unsere Prüfungen entsprechend an. Beispielsweise berücksichtigen wir zunehmend den Anbau von Getreide als Ganzpflanzensilage für Biogasanlagen oder die späte Herbstaussaat, die in einigen Regionen praktiziert wird“, führte Rentel aus. Für spezielle Verwendungsrichtungen des Getreides, wie beispielsweise die Produktion von Stärkeweizen für die industrielle Weiterverarbeitung, werden zudem spezielle Sonderprüfungen durchgeführt, um sicherzustellen, dass die zugelassenen Sorten auch die spezifischen Qualitätsanforderungen dieser Verwendungszwecke erfüllen.

Resistenzen und Ökolandbau

Ein besonders wichtiger Punkt in Rentels Ausführungen war die Thematik der Resistenzentwicklungen bei verschiedenen Getreidekrankheiten. „Wir stellen fest, dass sich die Resistenzsituation bei einigen Krankheiten im Laufe der Zeit verändern kann. Daher ist es für uns von großer Bedeutung, unsere Prüfungen kontinuierlich an diese Veränderungen anzupassen“, betonte er. Als konkrete Beispiele nannte er das Gelbmosaikvirus bei Gerste und das Gelbverzwergungsvirus, die in den letzten Jahren in einigen Regionen zu erheblichen Ertragsausfällen geführt haben. „Durch die Zulassung neuer, resistenter Sorten können wir den Landwirten wirksame Werkzeuge an die Hand geben, um diesen Herausforderungen zu begegnen“, so Rentel.

Seit dem Jahr 2012 werden auch separate Ökowertprüfungen auf ökologisch bewirtschafteten Flächen durchgeführt. „Wir haben erkannt, dass die Anforderungen an Getreidesorten im ökologischen Landbau teilweise andere sind als im konventionellen Anbau. Daher führen wir spezielle Prüfungen durch, die beispielsweise die Konkurrenzkraft einer Sorte gegenüber Unkräutern in den Fokus rücken. Hierbei werden zusätzliche Parameter wie der Bodendeckungsgrad und die Massebildung der Pflanzen bewertet“, erläuterte der Experte. Abschließend gab Rentel einen Überblick über die aktuellen Sortenumfänge und die Dynamik im Bereich der Getreidezüchtung. „Wir verzeichnen nach wie vor eine sehr hohe Anzahl von Neuanmeldungen, insbesondere bei Winterweizen und Wintergerste. Dies zeigt, dass die Züchter aktiv an der Entwicklung neuer, leistungsfähiger Sorten arbeiten. Unsere Aufgabe ist es, aus dieser Vielzahl von Kandidaten die besten Sorten für die Zulassung auszuwählen. Die Ergebnisse dieser Selektion fließen dann in die Beschreibende Sortenliste ein, die den Landwirten als wichtige Entscheidungshilfe bei der Sortenwahl dient“, fasste Rentel zusammen. Auch in den LSV, die aktuell vom LTZ Augustenberg zum Erscheinen freigegeben wurden und werden, wird häufig auf Angaben aus der Beschreibenden Sortenliste des Bundessortenamts zurückgegriffen.

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