Protest der Obstbauern in Berlin und am Bodensee
Der Entwurf zum geplanten Insektenschutzgesetz, der am Mittwoch, 10. Februar 2021, im Bundeskabinett behandelt wird, ruft die Bauern auf die Straße. Sie sorgen sich um ihre Existenz. Auch vom Bodensee machten sich Landwirte auf den Weg nach Berlin, um mit Berufskollegen aus ganz Deutschland zu demonstrieren.
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Dazu wurden mit einem Lkw Obstbauschlepper nach Berlin verfrachtet. Protestiert wurde aber auch vor Ort. Dazu versammelten sich heute vor dem Landratsamt des Bodenseekreises Landwirte, um gegen das Gesetzespaket zu protestieren. Die Verhandlungen der Bundesregierung zur Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz sind in der Schlussphase. Das zur Verabschiedung anstehende Gesetzespaket aus Insektenschutzgesetz und Pflanzenschutz-Anwendungsverordnung beinhaltet weitreichende negative Konsequenzen für die Erzeugung heimischer Produkte und die Existenz zahlreicher Betriebe, heißt es in einer Pressemitteilung der Obstregion Bodensee. Die Obstbauern fordern die Gesetzesinitiative zu stoppen und neu aufzuarbeiten.
Gesetzespaket verfehlt das Ziel
Dabei unterstreichen sie, dass sie die Verantwortung der Landwirtschaft bei der Förderung der Insektenvielfalt und dem Naturschutz anerkennen. Ein effektiver Insektenschutz mit geeigneten Maßanhmen liege auch im Interesse der Landwirte. Die derzeitigen Pläne zur Umsetzung des Aktionsprogramms Insektenschutz würden diesem Anspruch aber nicht gerecht und verfehlten ihr Ziel. Für die landwirtschaftlichen Betriebe entstünden große Belastungen. Erträge und Produktionsflächen seien gefährdet und die Tafelobsterzeugung werde teurer. Ein Ausgleich durch einen höheren Marktpreis gebe es aber nicht. Damit drohten einerseits Ertragsausfälle und andererseits hohe zusätzliche Kosten für die Betriebe, die damit in ihrer Existenz bedroht seien.
Als Folgen listen sie auf:
- Verlust an Produktionsfläche, neue Einschränkungen und Kostenbelastungen für Landwirte, ohne dass dies dem Insektenschutz nützt.
- Die wirtschaftlich prekäre Situation auf den Höfen spitzt sich weiter zu. Der Strukturwandel wird beschleunigt.
- Die Versorgung der Bevölkerung mit heimischen Lebensmitteln insbesondere mit Obst ist gefährdet.
- Zunehmende Verlagerung der Lebensmittelproduktion ins Ausland, wo diese Standards nicht gelten. Abhängigkeit von Importen. Gefährdung der Lebensmittelversorgung in Krisenzeiten.
- Die wertvolle Kulturlandschaft in der Region am Bodensee droht verloren zu gehen.
Einschränkung der Bewirtschaftung ohne Folgenabschätzung
Auf Kritik stößt insbesondere die vorgesehenen pauschalen Bewirtschaftungseinschränkungen ohne Folgenabschätzung und ohne zu erwartenden Nutzen. Neue Biotoptypen wie Streuobstwiesen und artenreiches Grünland würden ausgewiesen. Außerdem soll in FFH-Gebieten der Einsatz von Herbiziden und Insektiziden untersagt werden. Kritisch gesehen wird ferner die pauschale Festschreibung eines Gewässerrandstsreifens, in dem kein Pflanzenschutz mehr möglich ist.
Insgesamt sind von diesen Einschränkungen mindestens 1,2 Millionen Hektar betroffen. Auf diesen Flächen werde nicht nur die Bewirtschaftung stark eingeschränkt, die Flächen verlören auch deutlich an Wert, wofür keine Entschädigung zu erwarten sei und ohne dass es einen Mehrwert für den Insektenschutz gebe.
Kritik gesehen werden die vorgesehenen Einschränkungen zum Einsatz von Glyphosat, was insbesondere im Erwerbsobstbau zu einer starken Verteuerung der Produktion sowie zu negativen Auswirken auf das Bodenleben, bodenlebende Insekten und die CO2-Bilanz führen werde.
Insgesamt sinke durch die Einschränkungen der Bewirtschaftung die Wettbewerbsfähigkeit in Europa und weltweit, was zu geringerer Produktion im Inland, einem zunehmenden Strukturwandel und vermehrten Importen aus dem Ausland führe, wo es derartige Vorgaben nicht gebe.
Vorleistungen für den Insektenschutz nicht anerkannt
Die Obstbauern am Bodensee zeigten seit vielen Jahren, dass eine bienen- und insektenfreundliche Landwirtschaft bereits Praxis sei. Dies wurde durch Monitorings von unabhängigen Wildbienenexperten bestätigt, die eine deutliche Zunahme der Arten seit 2010 sowie die Förderung bedrohter Arten, wie der Bärtigen Sandbiene oder der Rötlichen Kegelbiene bestätigten. Auch sei der Nachweis der landesweit stark gefährdeten Schwarzblauen Sandbiene als regionale Besonderheit eingestuft worden. Für die Niederstamm-Obstanlagen in der kleinstrukturieren Bodenseeregion konnte der oftmals beklagte Rückgang der Wildbienen wiederlegt werden, heißt es in der Pressemitteilung weiter. Die nach den Grundsätzen der Integrierten Produktion bewirtschafteten Obstanlagen leisteten bereits heute einen wichtigen Beitrag zum Arten- und Umweltschutz. Dies erfolge freiwillig und im Einklang mit dem Tafelobstanbau zur Versorgung des heimischen Marktes mit frischem Obst. Diese Initiativen seien durch das neue Gesetz in Gefahr.
Forderungen an die Bundesregierung
Die Obstbauern fordern von der Bundesregierung:
- Sofortiger Stopp der Gesetzesinitiative und Entwicklung fachlich zielführender Strukturen zur Förderung der heimischen Landwirtschaft und des Insektenschutzes.
- Sinnvolle Maßnahmen müssen standortangepasst sein, gemeinsam fachlich erarbeitet werden und auf Freiwilligkeit mit Anreizen beruhen.
- Für effektiven Insektenschutz müssen Schutzmaßnahmen und wirtschaftliche Interessen der Landwirte in Einklang gebracht werden. Das ist kein Gegensatz.
- Es muss eine ausreichende Ausgangserhebung und darauf basierend eine Folgenabschätzung der Maßnahmen vorgenommen werden.
- Pauschale Regelungen sind nicht zielführend.
- Gesetzesregelungen der Länder dürfen nicht übertroffen werden. Regionale Anpassungen aufgrund von Struktur und Landschaft müssen möglich sein.
Das Gesetzesvorhaben schade der heimischen Landwirtschaft sehr stark und nütze dem Insektenschutz nicht, heißt es abschließend.
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