
Robuster Pflanzenbau im Fokus
Um Reduktionspotenziale im Pflanzenschutz und züchterische Möglichkeiten ging es im zweiten Forum, der den Nachmittag des LBV-Unternehmertages eröffnete.
von Silvia Rueß erschienen am 29.01.2025Pflanzenschutz ist notwendig, um stabile Erträge zu generieren, Pflanzen gesund zu erhalten und letztlich gute Qualitäten des Erntegutes und damit hochwertige Nahrungsmittel zu erhalten. Doch gesellschaftlich wird der Mitteleinsatz zunehmend kritisch gesehen. Drei Referenten stellten am Nachmittag des LBV-Unternehmertages vor, welche Möglichkeiten Landtechnik, Züchtung und Mittelhersteller heute schon und auch mittelfristig bieten, um den Pflanzenschutzmitteleinsatz zu reduzieren oder umweltfreundlicher zu gestalten.
Thomas Ludwig, Retail Manager Fendt GmbH, berichtete, dass es bei den Pflanzenschutzmittelreduktionszielen in der Landtechnik um die Frage gehe: „Wie bringe ich den kleinen Tropfen effizient auf die Zielfläche“. Er stellte zudem klar, dass nicht nur chemische Pflanzenschutzmittel „gespritzt“ werden. Auch Flüssigdünger oder Spurenelemente werden so aufgebracht. In der Wahrnehmung der Verbraucher sei leider alles in einem Topf. „Dabei ist Pflanzenschutz nur ein kleiner Baustein im erfolgreichen Ackerbau“, so Ludwig.
Gute fachliche Praxis erfordere deutlich mehr Aspekte, wie Fruchtfolge, Sortenwahl, mechanische Unkrautbekämpfung, aber auch Digitalisierung. Intelligente Maschinensteuerungen sollen künftig dafür sorgen, dass der genannte Tropfen kontrolliert auf die Pflanze kommt. Ein Beispiel sei der teilflächenspezifische Pflanzenschutz. „Diese Technik nutzen wir heute schon“, stellte Ludwig fest. Möglichkeiten zur Reduktion biete zudem eine Einzeldüsenschaltung. Dabei werden elektropneumatisch Düsen gezielt abgeschaltet. „Gerade in klein strukturierten Gebieten ist das eine unerlässliche Technik, die viel Sinn macht“, so Ludwig.
Im Blick haben müsse man stets die Abdrift. Fendt biete hier eine intelligente Düsenschaltung. Düsen werden angelernt, zu welcher Geschwindigkeit oder Ausbringmenge sie sich zuschalten, um immer die gleiche Größe an Tropfen zu haben. Vorteile biete auch die Pulsweitenmodulation (PWM-System). Bis zu 30 Mal in einer Sekunde öffne ein Magnetventil die Düse und schließt sie wieder. So werde die Mittelapplikation reduziert.
Spot-Spray-Technik fürs Feld
Königsklasse sei die Einzelpflanzenerkennung. Über Applikationskarten werden Unkräuter erkannt und digital übertragen, teilweise in Echtzeit oder mittels einer Drohne, die eine Fläche vor der Überfahrt überfliegt und die Karte erstellt. In der Folge steuern die Spritzdüsen bei der Überfahrt nur die unerwünschten Beikräuter an. Auch wenn es herausfordernd sei, mit den Kameras Beikräuter von Kulturpflanzen zu unterscheiden (Green on green-Verfahren).
Für Ludwig steht fest, dass es bereits eine ganze Reihe Methoden gibt, die die Landtechnik biete, um Mittel einzusparen. Wichtig sei, dass die Technik zum Betrieb passe. Er rät es einfach auszuprobieren. „Disteln wachsen jedes Jahr an der gleichen Stelle“, da lohne es sich, einmal eine Drohne überfliegen zu lassen und eine Karte zu erstellen um, gezielt zu bekämpfen.
Blick in die Pflanzenzüchtung
Dr. Stefan Streng, Geschäftsführer der Saatzucht Streng-Engelen GmbH & Co KG aus Mittelfranken, hat als praktizierender Landwirt immer noch einen Fuß auf der Scholle, wie er sagt. Als Getreidezüchter sucht er beruflich nach Lösungen für weniger Pflanzenschutzmittel und mehr Nährstoffeffizienz in Kulturpflanzen.
Wer als Landwirt eine Weizensorte kaufe, wolle den guten Ertrag, gute Backqualitäten, eine hohe Krankheitsresistenz und bevorzugt Sorten, die wenig Stickstoff fordern. Problem sei, dass Ertrag und Backqualität sowie Ertrag und Proteinqualität negativ miteinander korrelieren. Mit klassischer Züchtung versuchen Züchter hier gegenzuhalten und haben auch Erfolge. „Wir konnten jüngst 30 neue Genome identifizieren, die uns hier helfen“, so Streng.
Züchtung könne einiges leisten. Beispielsweise lägen die Stickstoffgaben in Deutschland heute auf dem Stand des Jahres 1961, die Erträge von Weizen dagegen haben sich verdoppelt. Dr. Streng beschrieb Vorgehensweisen und Projekte, wie Züchter vorgehen, um Gene zu identifizieren. Beispielsweise helfe die Digitalisierung bei der Genomanalyse. So könnte die schnelle Selektion bei Sorten erfolgen. Auch neue Verfahren zur Züchtung seien notwendig, wie Verfahren, in denen gezielt ein Gen ausgeschaltet werde, um Effekte zu erzielen, wirbt er für moderne Verfahren wie CRISPR/Cas.
„Wir Züchter glauben, dass es für uns neue Methoden interessant sein könnten“, sagte Streng. In der klassischen Zucht werden Sorten gekreuzt und mehrfach rückgekreuzt. Das sei mühsam und wirke sich oft auf andere Vorteile auf. Neue genomische Technologien hingegen lassen Editierung an einzelnen Genen zu. Das habe schneller Effekte mit exakterem Ergebnis. Potenzial sieht er hier vor allem für Krankheiten, bei denen es wenig andere Ansätze gibt, beispielsweise bei SBR/Stolbur. Wichtig sei: „Wir setzen innerhalb der Pflanzenzüchtung auf alle Methoden zur Verfügung haben“, so Streng. Dafür gehöre für ihn definitiv auch CRISPR/Cas.
Was machen die Pflanzenschutzmittel
Dr. Jürgen Huff, Vice-Präsident BASF Agricultural Solutions, gab zum Abschluss einen Überblick über Forschung und Entwicklung im konventionellen und ökologischem Pflanzenschutz. Huff erinnerte daran, dass sich die weltweite landwirtschaftliche Fläche nicht vermehren lasse. Damit damit die Produktivität weiter steige, forsche seine Abteilung daher an zahlreichen Mitteln und stellte neben einem neuen Herbizid auch dessen neuen Wirkmechanismus vor. Das Mittel durchbreche den Vermehrungszyklus von Acker-Fuchsschwanz und befinde sich im Zulassungsprozess. Neue Mechanismen gebe es auch bei den Insektiziden. So gebe es demnächst ein neues Insektizid gegen saugende und stechende Insekten, welches kompatibel ist mit Nützlingen.
Auch in Mittel für den ökologischen Anbau werde geforscht. Neue Nematoden zum Einsatz gegen Schadinsekten werden in Fermentationsprozessen vermehrt. Entwickelt werde zudem auch für die Saatguterzeuger ein Raps-Beizmittel, welches auf lebenden Bakterien beruht. „Die Wirksamkeit gegen Phoma lingam ist vergleichbar mit konventionellen Saatgutbehandlungen“, wirbt Huff in seinem Ausschnitt, was die BASF tut.
Bei der anschließenden Diskussion kam aus dem Plenum der Wunsch, dass vor allem neue Schädlinge und Erreger in den Mittelpunkt rücken und hierfür Hilfsmittel gesucht werden müssen.
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