Kenk: "Die Kleinen dürfen nicht wegbrechen"
Noch drei Wochen bis zur Bundestagswahl. Wir stellen Kandidatinnen und Kandidaten aus Baden-Württemberg näher vor. Im Mittelpunkt stehen dabei die persönlichen Einstellungen und Motivationen. Diese Woche: Moritz Kenk, Die Linke.
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Der 22-jährige Moritz Kenk versucht für die Linke das erste Direktmandat im Westen, im Wahlkreis Lörrach-Müllheim, zu erreichen.
BWagrar: Herr Kenk, bitte stellen Sie sich kurz unseren Leserinnen und Lesern vor und beschreiben Sie bitte kurz Ihren Bezug zum Thema Landwirtschaft.
Kenk: Ich studiere Physik in Freiburg und bin schon seit längerem Kreisvorstand. Zum Thema Landwirtschaft sehe ich den Bezug durch meine sehr ländlich geprägte Heimat. Ich wohne in einer 6000 Einwohner-Stadt. Ich gehe täglich in den Reben spazieren. Meine Oma hatte einen Bauernhof, der aber leider abgebrannt ist, weshalb meine Familie dann in den Ort gezogen ist.
BWagrar: Wie sieht für Sie Landwirtschaft im Jahre 2050 aus?
Kenk: Bis dahin muss das Höfesterben kleinerer und mittlerer Agrarbetriebe gestoppt sein. Grundsätzlich sollten alle Landwirte, aber auch Erntehelfer gut von ihrer Arbeit leben können. Wenn wir nach 2050 schauen, ist natürlich das große Thema der Klimawandel, sowohl die Anpassung an den Klimawandel, aber auch die Umgestaltung der Landwirtschaft. Bis dahin ist hoffentlich weitgehend alles klimaneutral. Was wir als Linke natürlich noch einmal ganz besonders hervorheben wollen, sind alternative Konzepte wie die solidarische oder genossenschaftliche Landwirtschaft. Regionalwert-Initiativen, wie es sie beispielsweise hier in Freiburg gibt, unterstütze ich. Bei den Förderkriterien wollen wir weniger auf Fläche, sondern mehr auf ökologische Kriterien wechseln. Was aus meiner Sicht nicht passieren darf, ist, dass es in Zukunft nur noch große, auf Profit ausgerichtete Agrarkonzerne gibt und dadurch die kleinen und mittleren ganz wegbrechen. Die andere Befürchtung wäre aber natürlich auch, wenn wir auf Klima- und Umweltschutz schauen, dass einfach Maßnahmen durchgedrückt werden, dass aber nicht darauf geachtet wird, wie das sozial abgesichert werden kann und so die landwirtschaftlichen Betriebe auf den Kosten für den Umweltschutz sitzen bleiben.
BWagrar: Wenn wir von Agrarpolitik sprechen, sprechen wir häufig von EU-Politik. Wie sehen Sie die Rolle des Bundestags und wo sehen Sie Ihren Gestaltungsspielraum als Abgeordneter?
Kenk: Es wird ja immer ominös über „die EU-Politik“ geredet. Ganz wichtig ist in dem Zusammenhang immer zu erwähnen, dass die Gesetzgebung innerhalb der Europäischen Union auch mit Beteiligung der Nationalregierungen erfolgt. Dementsprechend kann auch die Bundesregierung Initiativen anstoßen. Gleichzeitig sind die Parteien, die im Bundestag sind, auch im Europaparlament vertreten. So wird beispielsweise die europäische Linksfraktion nicht auf einmal eine komplett zur deutschen Linksfraktion gegensätzliche Politik machen. Außerdem gibt es ja auch immer noch Gestaltungsräume innerhalb der Bundespolitik. Im Bundeshaushalt sind ja 1,4 Prozent oder 7,6 Milliarden Euro für das Landwirtschaftsministerium eingesetzt. Das ist im Vergleich zu den EU-Geldern natürlich wenig, trotzdem kann hiervon ja eine Lenkungswirkung ausgehen.
BWagrar: Gehen wir davon aus, dass es Ihnen gelingt, ein Mandat zu erlangen. Was möchten Sie persönlich in der nächsten Legislaturperiode erreichen?
Kenk: Sollte es mir gelingen, als erster Linker in Westdeutschland ein Direktmandat zu gewinnen, würde ich erst einmal feiern. Es wäre mir aber ein wichtiges Anliegen, dass die Arbeit unserer agrarpolitischen Sprecherin Kirsten Tackmann, die aus dem Bundestag ausscheidet, fortgeführt wird. Ihr großes Thema ist auch, wie wir es schaffen, die sozialen Aspekte verstärkt durchzusetzen und gleichzeitig natürlich auch den Klimaschutz voranzutreiben.
BWagrar: In den letzten Jahren haben immer mehr Landwirte ihrer Unzufriedenheit mit der Agrarpolitik öffentlich Luft gemacht. Trecker-Demos in Berlin und vielen anderen Städten. Was sagen Sie diesen Landwirten?
Kenk: Zunächst einmal denken wir als Linke, dass diese Landwirte völlig Recht haben, unzufrieden zu sein. Aus unserer Sicht ist aber weniger das Problem, dass wir immer mehr Ausgaben durch Umweltauflagen haben, sondern es liegt eher in einer schlechten Bezahlung. Die Macht der Discounter und der Discounter-Ketten wollen wir als Linke ebenfalls begrenzen..
BWagrar: Was sagen Sie zu den Ergebnissen der Borchert-Kommission?
Kenk: Aus meiner Sicht setzt der Abschlussbericht viele wichtige Akzente. Unter anderem auch, dass der Umbau der Landwirtschaft nicht alleine vom Verbraucher und Staat finanziert werden kann. Das haben wir auch als Partei immer wieder betont. Auch wenn es nicht so explizit im Bericht beschrieben ist, wird ja der Weg zum Systemwechsel beschrieben, der alle in die Pflicht nimmt. Diesen Ansatz haben wir als Partei schon länger vertreten. Wir brauchen jetzt tragfähige Finanzierungskonzepte, basierend auf diesem Bericht. Gerade die Profiteure des bisherigen Systems, also Verarbeitung und Vermarktung, müssen angemessen an diesen Kosten beteiligt werden.
BWagrar: Wir können in diesem Interview die Schlagworte, mit denen die Landwirtschaft sich gerade beschäftigt, nicht außen vor lassen. Bitte kommentieren Sie diese jeweils so knapp wie möglich:
Kenk: Fördermittel wollen wir stärker nach sozialen und ökologischen Gesichtspunkten vergeben als nach der Fläche. PSM-Reduktion ist natürlich notwendig und die für Mensch und Natur gefährlichsten Wirkstoffe sollten aus unserer Sicht sofort verboten werden. Die Mengen sollten dabei anhand von unabhängigen wissenschaftlichen Untersuchungen festgelegt werden. Biodiversität ist leider sehr gefährdet. Zum Schutz müssen mehr Blühstreifen entstehen und politisch entsprechend gefördert werden, aber auch ganz unabhängig von der Landwirtschaft die Innenstädte begrünt werden.
BWagrar: Warum engagieren Sie sich politisch und bewerben sich um ein Mandat?
Kenk: Ich bin nach der letzten Bundestagswahl in die Partei eingetreten. Als ich gesehen habe, dass so viele Menschen AfD gewählt haben und den vermeintlich einfachen politischen Lösungen nachgelaufen sind, wollte ich dem konstruktive andere Lösungen entgegensetzen. Davor war ich schon politisch interessiert, aber nicht engagiert.
BWagrar: Herr Kenk, Ihr Schlusssatz. Landwirtschaft ist für mich …
Kenk: … lebensnotwendig zur Ernährung der Bevölkerung. Gleichzeitig natürlich systemrelevant, wie wir durch Corona gemerkt haben und bedarf daher auch einer stärkeren Förderung, damit der Wandel zu mehr Klimaschutz gewinnt.
In Baden-Württemberg haben 27 Parteien eine Liste zur Bundestagswahl beim Landeswahlleiter eingereicht. Wir konzentrieren uns auf die im aktuellen 19. Bundestag vertretenen Parteien. Bis zur Wahl am 26. September werden Sie jede Woche in alphabetischer Reihenfolge Interviews der AfD, Bündnis 90 / Die Grünen, CDU, Die Linke, FDP und SPD lesen.
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