Die Betriebe liquide und stabil halten
Die Fremdfinanzierung über Bankkredite und die Sicherstellung ausreichender flüssiger Mittel wird für die Landwirte angesichts wachsender Betriebsgrößen, niedriger Agrarpreise und des anhaltenden und weitreichenden Strukturwandels immer wichtiger.
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Die langfristige Liquiditätsplanung, Tipps zur Vorbereitung auf Bankgespräche und Verbesserung des Banken-Ratings standen deshalb im Mittelpunkt der Öhringer Veranstaltung. Weitere VR-Agrartage der baden-württembergischen Volks- und Raiffeisenbanken finden traditionell in Oedheim, Sigmaringen und Laupheim statt. In diesem Jahr unter dem Titel: „Ohne Geld ist alles nichts. Ist Geld dennoch alles?“
Weiche Faktoren kann man beeinflussen
Vor nahezu 500 Landwirten und Vertretern der VR-Banken und landwirtschaftlichen Genossenschaften nannte Direktor Gerhard Schorr vom veranstaltenden Baden-Württembergischen Genossenschaftsverband die Erhaltung der Liquidität das „A und O“ der Unternehmensführung und einen unverzichtbaren Bestandteil der Kreditsteuerung. Er rief die Tagungsteilnehmer auf, das Thema Zins im beginnenden Bundestagswahlkampf auf die politische Agenda zu bringen. „Die gegenwärtige Verhältnisse sind ungesund für die Volkswirtschaft, was auf die Dauer nicht gut gehen kann“, warnte Schorr.
Neben den harten betriebswirtschaftlichen Kennzahlen würden ebenso weiche Faktoren zu etwa 30 Prozent Eingang in das Rating-Ergebnis finden, wusste Britta Bannick, Finanzierungs-Expertin der DZ Bank für den Agrarbereich. Als Beispiele, die zu einem besseren Rating und damit günstigeren Kreditzinsen verhelfen können, nannte sie regelmäßige, zeitnahe und aussagekräftige Informationen für die Bank, Zuverlässigkeit bei den Absprachen, ein gutes familiäres Umfeld und die zukunftsgerichtete Weichenstellung der Nachfolge. „Die weichen Faktoren sind viel leichter zu beeinflussen, als die Kenngrößen aus dem Jahresabschluss“, betont Bannick.
Das Rating, das im Genossenschaftsbereich speziell auf die Landwirtschaft ausgerichtet ist, soll die Bonität eines Kreditnehmers messbar machen. Wie die Expertin verdeutlichte, spielen Sicherheiten alleine weder für das Rating noch für die Kreditvergabe eine Rolle. Die Banken seien vielmehr daran interessiert, ob eine Investition für den Betrieb langfristig wirtschaftlich ist. Daher würden Fragen der Liquidität und der Stabilität des Produktionsunternehmens in den Vordergrund rücken. Für die Landwirte bedeute dies, auf gutes Management und langfristige Liquiditäts- und Investitionsplanung zu achten. Aus eigener Beratererfahrung rät Bannick den Betriebsleitern, ihre Betriebsdaten und unternehmerischen Ziele „möglichst so auf das Papier zu bringen, damit es auch Dritte verstehen“, denn bei der Kreditvergabe gelte mindestens das Vier-Augen-Prinzip.
Liquidität geht vor Rentabilität
Liquidität geht vor Rentabilität oder nur Bares ist Wahres. Dieser alte Betriebswirtschafts-Klassiker gewinnt in der gegenwärtigen Agrarkrise wieder an Bedeutung, unterstrich Cord Brinkmann von der Göttinger Ländlichen Betriebsgründungs- und Beratungsgesellschaft (LBB). Wobei Liquidität ohne Wirtschaftlichkeit auf Dauer auch nicht funktioniere. Den starken Druck, unter dem die Bertriebe stehen, veranschaulichte der Berater an der Rentabilität im Ackerbau anhand der Durchschnittszahlen von 200 Betrieben in Westdeutschland. Für das laufende Wirtschaftsjahr sagte der Spezialist bei einer aktuellen Grundrente von durchschnittlich 500 Euro/Hektar nach Abzug der Pacht ein negatives Unternehmensergebnis von fünf Euro je Hektar voraus. „Da haben Sie nur noch Geld gewechselt“, sagte Brinkmann und empfahl den Betriebsleitern, daraus Konsequenzen bei künftigen Pachtpreisverhandlungen zu ziehen. Noch krasser stellt sich stellt sich die Rentabilitätsauswertung in der Milchproduktion dar. Hier konnte der Durchschnittbetrieb in den zurückliegenden 21 Jahren nur in vier Jahren kostendeckend arbeiten. Die aktuelle Krise habe vor allem die Wachstumsbetriebe getroffen. Trotz steigender Milchpreise sieht Brinkmann die Krise längst nicht überwunden. In Einzelfällen können nach wir vor Insolvenzen drohen.
Obwohl es in der Milchbranche hart bleiben wird, erwartet der Berater, dass Deutschland wegen seines Know-hows und seiner guten natürlichen Grünlandstandorte eines der führenden milchproduzierenden Länder bleiben wird. Reserven sieht der Berater beim Pflanzenbau im genetischen Ertragspotenzial und in der Vermarktung. Mit Blick auf die Kostendisziplin warnte er davor, „zu viel Geld in schönes Blech zu investieren.
Die harten Zeiten verlangen nach einem guten, monatlichen Liquiditätsplan und Controlling, wozu Brinkmann konkrete Empfehlungen gab. Damit könne der Landwirt finanzielle Engpässe frühzeitig erkennen und behalte die Möglichkeit, diese rechtzeitig und selbstbestimmt auszugleichen.
Geht’s immer nur ums Geld?
Der Frage, ob es im Leben immer nur ums Geld geht, ging Johannes Hüger von der Tempus GmbH aus Giengen nach. „Wir brauchen Werte, damit unser Leben etwas taugt“, lautete die Antwort des Mastertrainers. Die ideellen Werten, wie sie bereits die alten Griechen beschrieben haben, wie Wahrheit, Gerechtigkeit bzw. Aufrichtigkeit, Mut, Maß halten und Wertschätzung zahlen sich langfristig auch in der Wirtschaft aus. „Geld ist wie atmen“, sagte Hüger: „Wie brauchen Geld zum Leben. Doch wir leben nicht, um zu atmen.“
In der Diskussionsrunde mit den Referenten lobt der Vizepräsident des Landesbauernverbandes, Klaus Mugele, das Engagement der Genossenschaften mit seinen Agrartagen auch dem Berufsnachwuchs die Möglichkeit zu geben, sich über Finanzierungsfragen und angesichts des verbreiteten Egoismus in der Gesellschaft auch mit Fragen des sozialen Verhaltens vertraut zu machen. Letzteres sei für die sachliche Argumentation der berufsständischen Interessen sehr wichtig. Mit Blick auf den Ferkelbereich kritisierte Mugele die neuen Gesetze und Verordnungen heftig, „die mit den praktischen Anforderungen in keinster Weise übereinstimmen“ und trotzdem von den zuständigen Gremien so beschlossen werden. Für Mugele wäre es wichtig, „dass sich fachfremde Politiker wenigstens bei den Fachleuten informieren würden und nicht nach Gutdünken und Populismus Entscheidungen treffen.“
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