Klares Ja zur Übernahme
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„Bei allen Emotionen im Vorfeld: In der Summe ist es sehr gut über die Bühne gegangen. Es wurden kritische Fragen gestellt und beantwortet. Die Zustimmung ist groß und wir sind jetzt auf einem zukunftsweisenden Weg “, meinte Wolfgang Kleiner vom Omira Aufsichtsrat am Ende der heutigen Versammlung erleichtert. Insgesamt ging dem Übernahme-Poker ein monatelanger Verhandlungsmarathon voraus, in dem über mehrere Wochen Stillschweigen wichtigstes Gebot war und an dem am Ende diese Abstimmung stand. Den meisten der rund 400 Teilnehmer war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Wobei an diesem heißen Sommertag insgesamt deutlich weniger Bauern nach Weingarten gekommen waren als angesichts der Bedeutung dieser Versammlung im Vorfeld erwartet worden war.
Presse muss draußen bleiben
Zunächst blieb die Stimmung unter den Gesellschaftern und Gästen, darunter waren die meisten Milcherzeuger, durchaus geteilt. „Manche bejubeln die Übernahme, andere denken immer noch, dass man die Sache anders hätte regeln können“, berichtet ein Teilnehmer. Insgesamt seien die Diskussionen sachlich geblieben, es gab keine heftigen Emotionen die wirklich hochkochten und den Deal hätten gefährden können, hieß es gegenüber den Pressevertretern, die nicht an der Gesellschafterversammlung teilnehmen durften. Mit auf der Tagesordnung stand auch die Lactalis-Gruppe, vorgestellt von einem Unternehmensvertreter.
Keine andere Wahl
Nicht wenige Teilnehmer zeigten sich auf Nachfrage von BWagrar enttäuscht über die Kommunikation der Omira im Vorfeld. „Da werden jede Menge Erzeugerforen veranstaltet und die wirklich wichtigen Sachen erfahren wir aus dem Radio. Das kann es nicht sein“, meinte ein Teilnehmer, der unter anderem auch darüber unzufrieden ist, dass Biolandwirte nicht mehr bei der Omira sein können und auch die Heumilch-Landwirte dort vermutlich keine Zukunft mehr haben werden. Zum Verkauf meinte er: „Wenn wir dem Verkauf nicht zustimmen, hätten wir weiter Milchgeld verloren und unsere Geschäftsguthaben.“ Deshalb habe auch er mit Ja gestimmt. Insgesamt sahen es die Obmänner als ihre Pflicht an, rational zu handeln und dem Vertrauen ihrer Milcherzeuger gerecht zu werden. Zufrieden zeigt sich ein Vertreter der Banken: „Aus meiner Sicht ist es für unsere Region mit der Standorterhaltung ein gutes Ergebnis“, meinte Norbert Martin, Vorstand bei der KSK Ravensburg.
Härle stellt die Vertrauensfrage
Laut Omira-Pressemitteilung wurden der Aufsichtsratsvorsitzende Erich Härle sowie der komplette Aufsichtsrat für das Geschäftsjahr 2016 entlastet. Um seine Arbeit für die Zukunft auf eine solide Basis zu stellen, stellte Aufsichtsratsvorsitzender Erich Härle den Gesellschaftern die Vertrauensfrage zu seiner Person. Diese sprachen ihm mit 86,5 Prozent das Vertrauen für seine weitere Tätigkeit aus.
Dämpfer für Geschäftsführer Ralph Wonnemann
Mit dem Gesamtergebnis hoch zufrieden, zeigte sich Geschäftsführer Ralph Wonnemann. Ein Wermutstropfen für ihn: Ralph Wonnemann wurde die Entlastung für das Jahr 2016 mit einem knappen Ergebnis verweigert. Wonnemann selbst zeigte sich über dieses Abstimmungsverhalten gegenüber dem SWR durchaus enttäuscht, werde dies aber versuchen abzuhaken und weiter nach vorne schauen. Zudem gab es nach der Versammlung vermehrt Stimmen, die sich deutlich hinter den Geschäftsführer stellten, nach dem Motto: „Das hat er nicht verdient“. Noch in der Versammlung sei ein Landwirt aufgestanden und habe Wonnemann öffentlich den Rücken gestärkt.
Wie es zum Verkauf kam: Der Rückstand beim Milchgeld verunsicherte die Omira-Milcherzeuger und verringerte ihre Bereitschaft, die gemeinsam aufgestellte Strategie "Omira 2020plus" konsequent weiter zu verfolgen, heißt es in der Pressemitteilung. Daraus resultierende Kündigungen und Kündigungsandrohungen sorgten für Planungsunsicherheit im Hinblick auf die notwendigen Investitionen und Weiterentwicklungen. Diese Situation habe das Unternehmen veranlasst, die Partnergespräche zu intensivieren. Es wurde mit mehreren Kandidaten gesprochen. Dabei habe sich die Lactalis-Gruppe als optimaler Partner herauskristallisiert. Durch die heutige Zustimmung zur Übernahme werde allen Omira-Milcherzeugern eine gute Planungsgrundlage und eine langfristige Perspektive geboten, heißt es. Das unternehmerische Risiko liege künftig bei der Lactalis-Gruppe.
Über diese Verträge wurde abgestimmt: Im Zuge des so genannten Anteilskaufvertrages wird das Stammkapital der Gesellschaft auf von 25 Mio. Euro auf 25.000 Euro herabgesetzt (25.000 Geschäftsanteile je 1 Euro). In einem Ausgliederungs- und Übernahmevertrag ist geregelt, dass der komplette Geschäftsbetrieb der Oberland-Milchverwertung GmbH auf die Omira Industrie GmbH ausgegliedert wird. Dieser Omira Industrie GmbH wird dann über einen sogenannten Optionsvertrag das Recht eingeräumt, den Grundbesitz mit Gebäuden am Standort Ravensburg zu kaufen. Die bisherigen Lieferverträge zwischen der Omira Oberland Milchverwertung GmbH und den Erzeugern bleiben durch die Übernahme unberührt bestehen. In dem neuen Konstrukt jedoch wird die gesamte Milch künftig von der Oberland-Milchverwertung GmbH an die Milch Industrie GmbH verkauft.
Gute Zukunftsaussichten
Mit dem Verkauf an Lactalis sichert sich die Omira nach eigenen Angaben gute Zukunftsaussichten für beide Standorte und eine 10-jährige Milchpreisgarantie für alle Milcherzeuger. Ein zentraler Punkt der Gesellschafterversammlung war die Abstimmung über das Zukunftspaket, das die Übernahme der Omira durch die Lactalis-Gruppe vorsieht. Wichtige Bestandteile dieses Paketes sind unter anderem:
• die Sicherung eines auf lange Sicht hohen Milchgeldes für alle Milcherzeuger. Es wird allen Omira-Milcherzeugern für mindestens 10 Jahre ein Milchpreis garantiert, der dem Milchpreisindex AMI-Bayern entspricht und zuzüglich der für die Landwirte individuellen Omira-Zuschläge, wie Mengenzuschlag und GVO-Zuschlag über dem bayerischen Durchschnitt liegen wird.
• die Rückzahlung der Geschäftsguthaben an die Milcherzeuger.
• der Zugang zu internationalen Märkten und damit Schaffung neuer Absatzkanäle.
• die Weiterentwicklung und Investition in die Standorte Ravensburg (Bereich Pulver & Ingredients) und Neuburg (Frische).
• interessante Perspektiven für die Mitarbeiter.
Unternehmenskennzahlen und Milchmenge
Trotz der turbulenten Rahmenbedingungen ist es der Omira gelungen, das Unternehmen 2016 ergebnismäßig und bilanziell stabil zu halten. Die Omira-Gruppe schloss das Jahr mit einem positiven Jahresüberschuss in Höhe von 1,6 Mio. Euro ab. Die Gesamteigenmilchanlieferung der Omira-Gruppe ging in 2016 leicht auf 810 Mio. kg zurück. Für 2017 werden voraussichtlich 750 Mio. kg verarbeitet. Rechnet man alle aktuell vorliegenden Kündigungen mit ein, wären es zum Stichtag 1. Januar 2019 rechnerisch etwa 600 bis 650 Mio. kg. Gleichwohl rechnet man mit der Lactalis-Übernahme jetzt mit einem Ende der Kündigungswelle beziehungsweise wieder mit Neuzugängen.
Milchgeld 2016: Unter Berücksichtigung aller Kontrakte, Zuschläge und Milchgeldzahlungen errechnet sich auf die gesamte Milchmenge der Omira für 2016 ein durchschnittlicher Milchpreis (4,2 Prozent Fett und 3,4 Prozent Eiweiß) von netto 27,72 Cent/kg.
Standorte bleiben erhalten
In Ravensburg will man künftig noch mehr Spezialmilchpulver herstellen und den Fettbereich noch besser veredeln. Die Frische-Produkte wie Sahne und Joghurt gehen nach Neuburg. Für Lactalis ist Omira der erste produzierende Betrieb in Deutschland. Die Marke Omira mit Minus L sowie die regional Marke wird es weiterhin geben.
Über Lactalis
Die Lactalis-Gruppe, ein 1933 gegründetes französisches Familienunternehmen, ist innerhalb von drei Generationen zur weltweiten Nummer 1 der Milchbranche aufgestiegen. Durch die Treue zu einem einzigen Handwerk, der Milchverarbeitung in all ihrer Formen, hat das Unternehmen ein Know-how erworben, das ihm die Möglichkeit eröffnet, auf allen Erdteilen in denen es vertreten ist, alle Kategorien der Milchverarbeitung anzubieten. 2016 hat die Lactalis-Gruppe einen Umsatz von 17,3 Milliarden Euro erzielt. Mit mehr als 236 Produktionsstätten in 44 Ländern und Vertriebsniederlassungen in insgesamt 85 Ländern ist Lactalis rund um den Globus erfolgreich präsent. Fast 75.000 Mitarbeiter waren in 2016 weltweit für Lactalis tätig.
So geht es jetzt weiter: Nach Zustimmung des Kartellamts, die im Verlauf des Monats August erwarten wird, wird zunächst der Geschäftsbetrieb mit den Beschäftigungsverhältnissen, inklusive der für die Mitarbeiter wichtigen Bestandteile wie tarifliche Bindung und Betriebszugehörigkeiten, auf die Omira Industrie GmbH übertragen. Im nächsten Schritt übernimmt die Lactalis-Gruppe dann die Omira Industrie GmbH.
Das reine Milchgeschäft bleibt in Bauernhand
Die Omira Oberland-Milchverwertung GmbH wird ab Zustimmung des Kartellamtes eigenständig im Eigentum der Milcherzeuger verbleiben und ausschließlich für die Beschaffung und Verwaltung der Rohmilch zuständig sein. Sie wird weiterhin die Milchmengen aller Omira-Milchlieferanten sowie der angeschlossenen Genossenschaften bündeln und die Milch dann selbstständig an die Lactalis-Gruppe verkaufen. Vertreten wird die Omira Oberland-Milchverwertung GmbH auch weiterhin durch die Mitglieder des aktuellen Aufsichtsrats. Die Verträge zwischen den Milcherzeugern sowie der angeschlossenen Genossenschaften und der Omira Oberland-Milchverwertung GmbH bleiben inklusive der bisherigen Kündigungsfristen unverändert bestehen. Ab dem 1. September 2017 gelten dann für alle Omira-Milcherzeuger die vertraglich von der Lactalis-Gruppe zugesicherten Milchpreisgarantien mindestens bis 31. Dezember 2027.
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