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Milchfachtagung in Ulm-Seligweiler

„Mehrere Standbeine minimieren Betriebsrisiko“

Aus eigener Kraft immer ein Stück mehr – so lautet das Lebensmotto von Rolf Schlüter. Der Landwirt bewirtschaftet im nordrhein-westfälischen Versmold einen Vollerwerbsbetrieb mit aktuell 120 Kuhplätzen und 700 Mastschweinen. Die Aufzucht der Rinder hat die Familie ausgelagert. Das soll sich in den nächsten Jahren ändern. „Wir planen in den nächsten drei Jahren die Erweiterung unseres Milchviehstalles auf 180 Kühe und möchten einen Abkalbe- und Rinderstall auf die vorhandenen Flächen bauen“, erläutert er den über 100 Zuhörern der CRV-Infoveranstaltung in Ulm-Seligweiler.

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Rolf Schlüter (li.), Milchviehhalter aus dem nordrhein-westfälischen Versmold, setzt auf seinem Betrieb auf mehrere Standbeine. Eine Strategie, die sich bisher bewährt habe, wie er im Gespräch mit Johannes Wolf, Manager Fleckvieh, beim Zuchtunternehmen CRV Deutschland.
Rolf Schlüter (li.), Milchviehhalter aus dem nordrhein-westfälischen Versmold, setzt auf seinem Betrieb auf mehrere Standbeine. Eine Strategie, die sich bisher bewährt habe, wie er im Gespräch mit Johannes Wolf, Manager Fleckvieh, beim Zuchtunternehmen CRV Deutschland. Ast
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Der Betrieb, zu dem 147 Hektar Acker- und Futterbau, ein Heu- und Strohhandel sowie ein Solaranlage gehören, hat sich in den vergangenen Jahren kontinuierlich weiter entwickelt, unter anderem auch deshalb, weil die Familie aufgegebene Hofstellen in dem Weiler zukaufen konnte.

Chronologie des Wachstums:

1992 entstand ein Schweinemaststall mit 700 Plätzen.

1998 folgte der Boxenlaufstall mit 180 Kuhplätzen.

2010 baute die Familie einen Kälberstall.

2013 entstand eine neue Fahrsiloanlage.

2016 kaufte die Familie das Wohnhaus eines aufgegebenen Betriebes.

2010 geplante Erweiterung des Milchviehstalles auf 180 Kuhplätze, Bau eines separaten Abkalbe- und Rinderstalles.     

„Der Bau eines neuen Rinderstalles ist uns sehr wichtig. Momentan sind sie 20 Kilometer von uns weg auf einem Aufzuchtbetrieb. Ich nehme sie lieber täglich selbst in Augenschein“, begründet der Landwirt das geplante Bauvorhaben.

Von der Milch bis hin zum Heu- und Strohhandel

Josef Berchtold vom DLV-Verlag in München moderierte die CRV-Tagung an diesem Montag in Ulm-Seligweiler. An Landwirt Rolf Schlüter hatten viele Tagungsteilnehmer Fragen. © Ast
Dass der westfälische Hof über mehrere Standbeine verfügt, ist dem Landwirt „ungeheuer wichtig“, wie er in Seligweiler deutlich macht. „Wenn man drei bis vier Betriebszweige, wie wir bewirtschaftet, sinkt das Risiko für den einzelnen Betriebszweig, beispielsweise für die auf dem Hof angesiedelte Milcherzeugung. Letztes Jahr hätten sie vom Deutschen Milchkontor (DMK) einen Auszahlungspreis von rund 20 Cent bekommen. „Das war schon ein Schluck aus der Pulle“, erinnert sich der erste Referent an diesem kühlen Novembermorgen an die damals schwierige Einkommenssituation für die Familie.

Seit 2010 füttert die Familie ihre Holsteinkühe (Durchschnittsleistung 2017: 9952 kg Milch, 3,86 Prozent Fett und 3,47 Prozent Eiweiß) GVO-frei. Aus der Milch des Betriebes wird Babynahrung für die Lebensmittelunternehmen Hipp und Humana hergestellt. Dafür gibt es pro Kilogramm erzeugte Milch einen Zuschlag von derzeit 1,5 Cent.

Kühe werden GVO-frei gefüttert

Für die tägliche Fütterung der Kühe bedeutet das den völligen Verzicht auf Sojaextraktionsschrot und einen durch das Rapsextraktionsschrot niedrigeren Fettgehalt in der Ablieferungsmilch. Zudem verlangten die Abnehmer höhere Hygienestandards, die von einem Tierarzt regelmäßig vor Ort kontrolliert werden. Über die Milcherzeugung, so Schlüter, müsse genau Buch geführt und Unterlagen penibel dokumentiert werden. Futterproben müssen, so sehen es die Abnahmebedingungen für die späteres Babymilch vor, aufbewahrt werden.

Seit drei Jahren werden die Kühe auf dem Betrieb mit Shredlage gefüttert. „Es ist nicht bewiesen, dass die Wiederkauaktivität der Tiere dadurch zugenommen hat, aber wir meinen schon“, erläutert der Landwirt seine aktuelle Fütterungsstrategie für die hochleistende Herde. Positiv an der kürzer gehäckselten Silage: Fett- und Eiweißgehalt der Milch steigen, in der TMR lässt sich Stroh einsparen.

Ebenfalls positiv: Der Lohnunternehmen verlangt für das Häckseln nicht mehr wie für eine gewöhnliche Maissilage. Allerdings, das sei ganz entscheidend, müsse man bei Shredlage darauf achten, dass das Gärfutter höher verdichtet wird. Der Trockensubstanzgehalt sollte 32 bis 33 Prozent nicht überschreiten.

Futterkontrakte senken Kosten für Zukauf

Rapsextraktionsschrot und Kraftfutter kauft Schlüter über Futterkontrakte zu. „Wir schließen diese Kontrakte meistens für ein Jahr ab. Wir verhandeln schon jetzt das Kraftfutter für 2019“, sagt Schlüter und verweis auf die im Schnitt vier bis sechs Prozent niedrigeren Einkaufskosten. Allerdings, das räumt er ein, könne man sich auch mal verzocken und mehr bezahlen müssen.“

Den Einfluss der Zucht beziffert der Milchviehhalter auf gut 20 Prozent. 80 Prozent beeinflussen im Gegenzug Fütterung, Management und Haltung die Wirtschaftlichkeit des Betriebszweiges. Der Betriebsleiter setzt auf gute Beine, Top-Euter und hohe Eiweißprozente bei den Kühen. „Hornlosigkeit ist mir ebenfalls wichtig“, ergänzt der Landwirt. Schlüter arbeitet mit dem Anpaarungsprogramm Sire Match von CRV Deutschland. Für Rinder wird ausschließlich gesextes Sperma verwendet, obwohl es 16 Euro mehr kostet als herkömmliches Sperma.

Die Vorteile überwiegen für Schlüter die Mehrkosten:

  • Früheres Besamen
  • Leichterer Kalbeverlauf
  • Besserer Start der Färse in die Laktation
  • Nachzucht nur von den besten Kühen
  • Schnellerer Zuchtfortschritt

Euterentzündungen werden häufig zu spät behandelt

Euterentzündungen sollten aus Sicht von Dr. Andreas Steinbeck "immer mit System behandelt werden". Ansonsten bliebe der Erfolg häufig aus, machte der Key Account Manager beim Pharmaunternehmen Boheringer Ingelheim in Ulm-Seligweiler deutlich. © Ast
Investitionen in die Eutergesundheit zahlen sich aus Sicht von Dr. Andreas Steinbeck, Key Account Manager beim Veterinärpharmaunternehmen Boehringer Ingelheim „auf jeden Fall aus“. Denn Kühe, die unter Euterentzündungen leiden und nicht gesund werden, wirken sich schnell äußerst negativ auf das Einkommen aus dem Milchviehstall aus.

Den Zuhörern in Ulm-Seligweiler empfahl der Tiergesundheitsexperte, ihre Kühe und deren Befunddaten zunächst genau zu analysieren, bevor mit einer, womöglich teuren Behandlung begonnen werde. So rechne sich eine antibiotische Behandlung bei Kühen mit chronisch wiederkehrenden, unheilbaren Mastitiden (mehr als zwei klinische Mastitiden in laufender Laktation, dreimal in Folge mit mehr als 700.000 Zellen) nicht. „Diese Tiere profitieren nicht von Antibiotika-Gaben“, stellte Steinbeck klar.

Das betrifft auch Tiere, die an Mastitiden erkrankt sind, die sich im Sekret der Milch nicht nachweisen lassen. „Das betrifft mehr als 20 Prozent der Mastitisfälle“, erläutert der Key Account Manager. Ebenfalls keinen Erfolg verspricht eine Behandlung mit Antibiotika bei subklinischen Euterentzündungen. Ausnahmen sind Infektionen mit Strep. agalactiae, Strep. canis oder Strep. dysgalactiae.    

Antibiotikum nur bei tatsächlichem Bakterienbefall 

„Ein Antibiotikum“, so Steinbeck, „sollte man nur dann einsetzen, wenn wirklich ein Bakterium hinter der Euterentzündung steckt“. Ansonsten bestimmt die Prognose die Mastitistherapie. Eine frisch auftretende Euterentzündung mit akuter Zellzahlerhöhung sollte, so der Referent in Ulm, rasch behandelt werden. Dann sei eine bakteriologische Heilung, zytologische Sanierung (weniger als 100.000 Zellen pro Milliliter Milch) und die Verhinderung von Rezidiven realistisch. Zusätzlich sollten die erkrankten Kühe mit einem Schmerzmittel/Entzündungshemmer (NSAID) versorgt werden. „Das senkt die Schmerzen, führt nur zu einer geringen Zellzahlerhöhung und reduziert den negativen Einfluss auf die Fruchtbarkeit“, erläuterte Schlüter.

Bei einer chronisch wiederkehrenden Mastitis, das heißt unheilbar kranken Kühen, sei das Ziel, die Symptome der Entzündung zu behandeln und heilen und die Lieferfähigkeit der Milch zu erhalten. Möglich sei dies mit Schmerzmitteln und/oder Entzündungshemmern beziehungsweise einer nur kurzfristigen Antibiotika-Behandlung der auffälligen Viertel.

Systematische Behandlung zahlt sich aus

Fazit von Steinbeck: Damit eine Mastitistherapie erfolgreich verläuft, muss sie systematisch angegangen werden. Ansonsten bliebe es bei den oft erfolglosen „Feuerwehr-Einsätzen“, zu hohen Zellzahlen in der Herdensammelmilch und einem womöglich zu hohen Antibiotika-Verbrauch, der in Deutschland mit einem Jahresverbrauch von rund neun Tonnen zwar rückläufig sei, der aber noch weiter gesenkt werden müsse, wie Schlüter klar stellte.       

 

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