Landwirte fordern praktikable Systeme
Bis jetzt ist die Kastenstandhaltung von Sauen im Abferkel- und Besamungsbereich bis zum 28. Trächtigkeitstag erlaubt. Doch die Aufstallung der Sauen in den Ständen steht immer häufiger in der Kritik. So ist die Entscheidung des Oberverwaltungsgerichtes (OVG) Magdeburg vom November 2016 inzwischen in vielen Bundesländern zur Maxime des Verwaltungshandelns geworden. Für Zuchtsauenhalter könnte das Konsequenzen haben.
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Das Verwaltungsgerichtsurteil interpretiert den Wortlaut von Paragraf 24 (Absatz 4 Nummer 2) der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung mit der Formulierung, dass „Sauen in Kastenstandhaltung ermöglicht werden muss zu jeder Tages- und Nachtzeit eine Liegeposition einzunehmen, bei der die Gliedmaßen auch an dem vom Körper entferntesten Punkt nicht an Hindernisse stoßen“.
Damit wird bei der bislang üblichen Bauweise von Kastenständen eine Standweite fest geschrieben, die der Schulter- beziehungsweise Widerristhöhe entspricht. Bis vor einiger Zeit wurden die Vorgaben der Ausführungshinweise (65 Zentimeter beziehungsweise 70 Zentimeter lichte Weite) zur Nutztierhaltungsverordnung als Mindestmaße akzeptiert.
Diese wurden den Überwachungsbehörden – je nach Bundesland – in der Regel per Erlass an die Hand gegeben. Bundesweit wurden die Neubauten nach diesen Maßen projektiert und im Falle von Fördermaßnahmen entsprechende Zweckbindungsfristen festgeschrieben. Diese Ausführungshinweise sind allerdings nicht geeignet, um von einem Gericht entschieden werden zu können, das ist nur der Wortlaut der Verordnung.
Verschiedene Lösungsansätze
Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz kann die zuständige Behörde dem Wortlaut der Interpretation von Paragraf 24 durch das OVG folgen. Das muss sie aber nicht, denn die unbestimmten Rechtsbegriffe der Verordnung eröffnen einen Ermessensspielraum, den jede Kontrollbehörde ausüben kann. Um diese Probleme zu lösen, gibt es die Möglichkeit die Kastenstände so zu konstruieren, dass der gerichtlichen Formulierung entsprochen wird oder die Zeitdauer der Kastenstandhaltung erheblich verkürzt wird. Die verkürzte Kastenstandhaltung wird vom Tierschutz favorisiert. Es ist jedoch fraglich, ob damit das in der Verordnung angelegte Dilemma auf Dauer gelöst wird. Denn die Formulierung greift auch, wenn die Sauen nur wenige Stunden fixiert werden.
In Zusammenarbeit mit der Industrie wird deshalb versucht, zwei Kastenstand-Varianten zu entwickeln. Eine soll der Formulierung in der Nutztierhaltungsverordnung beziehungsweise der Interpretation des OVG in Sachsen- Anhalt entsprechen und gleichzeitig das Umdrehen verhindern. Eine andere soll eine dynamische herdenindividuelle Anpassung (in den Maßen von 60, 70, 80 oder 90 Zentimetern (cm)) möglich machen.
Da der Ausstieg politisch eigentlich beschlossen ist, gleichzeitig aber verbindliche Kastenstandmaße vorgeschrieben werden sollen, die 15 Prozent geringer sind als die Widerristhöhe (siehe Kasten), wären solche Systeme wieder vorn einzuordnen. Jeden zweiten Kastenstand frei zu lassen, wie das verschiedene Konzeptpapiere in Anlehnung an das OVG-Urteil vorschlagen, reduziert die gehaltene Herdengröße um 50 Prozent.
Aber auch bei der zeitlich verkürzten Kastenstandhaltung sind viele Fragen offen. Die bislang genehmigte Praxis, Sauen bis zum 28. Trächtigkeitstag im Kastenstand zu halten, ist der Arbeitswirtschaft und Arbeitssicherheit sowie der Stabilität bei den biologischen Leistungen der Tiere geschuldet. Die Sauen im unmittelbaren Zeitraum der Brunst zu fixieren, ist aber nicht nur für optimale Besamungsergebnisse erforderlich, sie dient auch dem Schutz von Mensch und Tier vor Verletzungen. Die vom Tierschutz geforderte Ausübung des Brunstverhaltens ist in erster Linie verletzungsgefährlich, besonders auf Spaltenboden. Auf Stress durch Rangordnungskämpfe reagieren besonders nicht und nicht vollständig in die Gebärmutter implantierte Embryonen bis zum 21. Trächtigkeitstag.
Bundesagrarministerium berät über Eckpunktepapier
Mittlerweile liegt vom Bundesagrarministerium (BMEL) ein Eckpunktepapier vor, dass folgende Punkte enthält. Das wird diskutiert:
- Die Sauen dürfen nur noch während der Rausche im Kastenstand festgesetzt werden. Diskutiert werden fünf bis acht Tage.
- Für die zulässigen Kastenstände werden Mindestmaße und eine Länge von 220 cm vorgesehen, die lichte Weite wird etwa 15 Prozent unter der Widerristhöhe eingeordnet.
- Für Altanlagen werden Übergangsfristen von zehn bis 15 Jahren vorgeschrieben.
- In Altanlagen müssen die Vorgaben der Ausführungshinweise (65 und 70 cm lichte Weite) umgesetzt werden.
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