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Interview mit Prof. Dr. Reiner Doluschitz

Halten Genossenschaften den Anpassungsdruck aus?

Prof. Dr. Reiner Doluschitz analysiert im Gespräch mit BWagrar den Anpassungsdruck für ländliche Genossenschaften und erläutert, wie diese sich an den strukturellen Wandel anpassen können. Der Direktor des Food Security Center leitet an der Universität Hohenheim das Fachgebiet Agrarinformatik und Unternehmensführung und die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen.
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Prof. Dr. Reiner Doluschitz, Universität Hohenheim
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Interview mit Prof. Dr. Reiner Doluschitz

Halten Genossenschaften den Anpassungsdruck aus?

Prof. Dr. Reiner Doluschitz, Direktor des Food Security Center, leitet an der Univer sität Hohenheim das Fachgebiet Agrarinformatik und Unternehmensführung und die Forschungsstelle für Genossenschaftswesen.

 

BWagrar: Herr Prof. Doluschitz, wie ändern sich die Strukturen in ländlichen Genossenschaften und bei deren Mitgliedern?

Doluschitz: Beginnen wir mit den Mitgliedern, den Landwirten. Ungebrochen findet im Agrarsektor in Deutschland ein starker Strukturwandels statt, verbunden mit einer abnehmenden Zahl an Betrieben und steigender Faktorausstattung der verbleibenden Betriebe, aber auch einem stabilen Segment kleinerer Nebenerwerbsbetriebe.

Für ländliche Genossenschaften bedeutet dies, dass die Zahl ihrer Mitglieder zurück geht, das potenzielle Umsatzvolumen pro Mitglied hingegen steigt.
Auch die ländlichen Genossenschaften verzeichnen einen zum Teil sehr deutlichen Strukturwandel. So ist beispielsweise die Zahl der Milchgenossenschaften gegenüber 1990 auf unter ein Viertel gesunken, die der Vieh- und Fleisch- und Warengenossen- schaften auf jeweils ein gutes Drittel.

BWagrar: Wie hoch ist der Anpassungsdruck für ländliche Genossenschaften und wie können sich diese an den strukturellen Wandel anpassen?

Doluschitz: Der Wettbewerb auf den Produkt- und Rohstoffmärkten verschärft sich. Globalisierung, Digitalisierung und Strukturanpassungen im wirtschaftlichen Umfeld der Agrar- und Ernährungswirtschaft sind unter anderen maßgebliche Treiber.

Auch die Kundenerwartungen verändern sich. Kunden wünschen sich Partner nicht allein zum Austausch und zur Bündelung von ländlicher Ware. Vielmehr erwartensie Zusatzservices, unter anderem in Form einer kompetenten, möglichst betriebsindividuellen Beratung.

„Speziell jüngere Mitglieder müssen gewonnen und für die Genossenschaftsidee begeistert werden.“
Prof. Dr. Reiner Doluschitz, Universität Hohenheim

BWagrar: Welche Anpassungsstrategien sehen Sie perspektivisch für ländliche Genossenschaften, damit diese die strukturellen Herausforderungen bestehen und dem Marktdruck standhalten können?

Doluschitz: Für künftig positive Weiterentwicklungen wird es mehr denn je darauf ankommen, die angesichts der genannten Änderungen notwendigen unternehmensinternen und externen Entwicklungserfordernisse unter Beachtung der rechtsformspezifischen Stärken von Genossenschaften hervorzuheben und weiter zu entwickeln.

Im Zentrum stehen hierbei die Mitglieder- und Werteorientierung als Alleinstellungsmerkmale, wobei insbesondere jüngere Mitglieder gewonnen und für die Genossenschaftsidee begeistert werden müssen.

Die genossenschaftliche Solidarität ist heute keine Selbstverständlichkeit mehr, sondern will auf Basis eines partnerschaftl- chen Dialogs erarbeitet werden. Um bei den Mitgliedern ein genossenschaftliches Be- wusstsein hervorzurufen, das sie langfristig an die Genossenschaft bindet, muss die Mitgliedschaft hinreichend attraktiv gestaltet werden. Transparenz, Mitgliederkommunikation und -partizipation stehen somit im Mittelpunkt bezüglich der Erhaltung des bewährten demokratischen Prinzips in Genossenschaften. Bei der Wahl der Kommunikationskanäle und -medien ist darauf zu achten, dass gerade auch Mitglieder der jüngeren Generation adäquat erreicht werden.

Schließlich bleibt festzustellen, dass es sich für die Mitglieder von Genossenschaften künftig mehr denn je lohnen muss, ihre Genossenschaft als mündige, unternehmerisch denkende Individuen zu nutzen, sie als „Kritische Freunde“, externe Impuls- und Feedback-Geber mit strategischem Blick auf die Geschäftspolitik zu begleiten und sich aktiv dadurch zu beteiligen, dass durch Mitwirkung in den Organen auch Verantwortung übernommen wird. Solche Mitglieder bilden in geradezu idealer Weise das belastbare Rückgrat jeder leistungsstarken Genossenschaft, von der deren Mitglieder durch wirt schaftliche Vorteile und Stärkung ihres eigenen Leistungsvermögens wiederum profitieren.

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