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EIP-Projekt Fleckviehzucht

Zuchtfortschritt fängt auf der Waage an

Im Januar dieses Jahres startete die Rinderunion Baden-Württemberg (RBW) das EIP-Agri-Projekt „FLECKfficient“. Ziel ist der Aufbau einer weiblichen Lernstichprobe bei Fleckvieh. Unterstützt wird das Projekt vom Landesverband für Leistungs- und Qualitätsprüfungen in der Tierzucht (LKV), den Beratern für Rinderzucht vom Landwirtschaftlichen Zentrum Aulendorf (LAZBW) sowie vom Zuchtwertschätzteam des Landesamtes für Geoinformation und Landentwicklung (LGL).

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Die mobile Waage zum Wiegen der Tiere kann flexibel im Laufstall aufgestellt werden. So zeigen die Kühe keine Scheu, wenn Reinhold Haag sie auf seinem Betrieb in Sulzbach-Berwinkel (Landkreis Rems-Murr) der Waage zutreibt.
Die mobile Waage zum Wiegen der Tiere kann flexibel im Laufstall aufgestellt werden. So zeigen die Kühe keine Scheu, wenn Reinhold Haag sie auf seinem Betrieb in Sulzbach-Berwinkel (Landkreis Rems-Murr) der Waage zutreibt.Herold
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Nachdem in den ersten Projektmonaten zunächst die gesamte Logistik aufgebaut werden musste, bekommen mit der August-Zuchtwertschätzung ein Großteil der bereits teilnehmenden Betriebe die ersten genomischen Zuchtwerte für ihre weiblichen Tiere – vom Kalb bis zur Erstkalbskuh. Ein weiteres Anliegen von „FLECKfficient“ ist es, die Erfassung neuer Merkmale flächendeckend in den teilnehmenden Zuchtbetrieben zu etablieren. Möglichst viele Zuchtbetriebe sollen am Projekt beteiligt werden. Insgesamt können über „FLECKfficient“ 20.000 weibliche Tiere genotypisiert werden.

Neue Merkmale

Dabei werden in jedem teilnehmenden Bestand bei der Erstaufnahme alle weiblichen Tiere vom Kuhkalb bis zur erstlaktierenden Kuh (bis 200. Melktag) gestanzt. Danach werden alle neugeborenen weiblichen Kälber gestanzt. Die weibliche Lernstichprobe soll die baden-württembergische Fleckviehpopulation repräsentativ abbilden. Damit können künftig Zuchtwerte der aktuellen Population noch sicherer ermittelt werden. Die Projektteilnehmer verpflichten sich, den Deckbulleneinsatz auf ein Minimum zu beschränken und in der künstlichen Besamung vorwiegend auf genomische Bullen zu setzen. Diese Strategie verspricht den Betrieben in Kombination mit der Herdentypisierung den höchstmöglichen Fortschritt in ihren betriebsindividuellen Zuchtzielen.

„FLECKfficient“ soll die Doppelnutzungseigenschaften von Fleckvieh weiter stärken und die Effizienz der Rasse fördern. Die Doppelnutzung bedeutet sowohl ökonomische als auch ökologische Vorteile: Mit dem Verkauf von Kälbern für die Mast erzielt der Betrieb neben dem Milchverkauf weitere Erlöse. Altkühe erbringen wegen ihres gut bemuskelten Schlachtkörpers ebenfalls einen Zusatzerlös. Eine Doppelnutzungsrasse stößt zudem weniger klimarelevante Gase – bezogen auf die Menge an produzierter Milch und Fleisch – aus.

Darüber hinaus bedingt die Züchtung auf zwei unterschiedliche Merkmalskomplexe einen ausgeglichenen Metabolismus. Somit zeichnen sich Fleckviehtiere im Allgemeinen durch eine gute Gesundheit und Widerstandsfähigkeit aus. Um all diese Eigenschaften von Fleckvieh weiter zu stärken und noch besser in der Zuchtwertschätzung und im Zuchtprogramm abbilden zu können, liegen die Schwerpunkte bei der Merkmalserfassung auf dem Gewicht sowie der Gesundheit, den Klauen und dem Verhalten. Um möglichst viele Fleckviehzüchter an „FLECKfficient“ beteiligen zu können, gibt es drei unterschiedliche Erhebungsstufen – Basis, Premium und Premium plus (+).

Die Bereitschaft, Merkmale im Rahmen der Erhebungsstufen Basis, Premium beziehungsweise Premium + zu erfassen, wird durch eine garantierte kostenfreie Typisierung für anderthalb Jahre, drei Jahre beziehungsweise auf unbegrenzte Zeit unterstützt. Bewusst wird auf die Sachkenntnis der Fleckviehzüchter gesetzt, indem diese Beobachtungen direkt erfassen. Alle teilnehmenden Zuchtbetriebe erfassen die Geburtsgewichte männlicher und weiblicher Kälber. Zudem werden in einigen Premium- und in allen Premium+ -Betrieben zu verschiedenen Zeitpunkten Rinder- und Kühe gewogen. Ziel des Projektes ist es, Rinder zur Erstbelegung sowie Kühe jeweils am Anfang und am Ende der ersten Laktation zu wiegen. Daraus ergeben sich drei Wiegetermine pro Betrieb und Jahr.

Von der Ohrstanze zum Zuchtwert

Über „FLECKfficient“ steht ein Set an mobilen Waagen zur Verfügung. Ein Team der RBW unterstützt die Betriebe bei den Wiegeterminen. Jeder teilnehmende Betrieb bekommt über das Projekt eine Fangeinrichtung gestellt, die auf dem Betrieb verbleibt. Zusätzlich zu den Gewichten werden verschiedene Körpermaße erfasst. Die Kombination aus Maßen und Gewichtsdaten soll dazu dienen, im Zuge des Projektes eine Formel zu entwickeln, mit der die Gewichte künftig geschätzt und die Tiere nicht mehr gewogen werden müssen. Hierfür wird bei den Kälbern der Kronsaumumfang gemessen sowie bei den Rindern der Brustumfang und bei den Kühen in der ersten Laktation der Brust- und Bauchumfang. Bei Rindern und Kühen wird außerdem der Body-Condition-Score zum Wiegezeitpunkt bestimmt.

Alle Gewichte, Maße und der BCS werden am gleichen Termin erfasst. Hier unterstützen die Berater für Rinderzucht des LAZBW das Team der RBW. Die Gewichtsdaten sollen zum einen der Verbesserung der Zuchtwertschätzung auf Fleischleistung dienen. Eine verbesserte Zuchtwertschätzung Fleisch trägt zur Optimierung der Doppelnutzung beim Fleckvieh bei. Zum anderen sind Gewichtsdaten eine wichtige Information für verschiedene Effizienzmerkmale. Wichtig in Bezug auf eine effiziente Erzeugung ist auch die Gesundheit und Fitness vom Kalb bis zur Kuh. Ein wichtiger Bestandteil der Beobachtungen zur Tiergesundheit ist in „FLECKfficient“ der Ketose-Test bei erstlaktierenden Kühen. Das dafür benötigte Test-Set wird allen teilnehmenden Betrieben kostenlos zur Verfügung gestellt.

In den teilnehmenden Betrieben werden bei der Erstaufnahme alle weiblichen Fleckviehtiere mit dokumentierter Abstammung und genomisch untersuchten oder nachkommengeprüften Vater bis zur Erstkalbskuh bis zum 200. Laktationstag für eine Genotypisierungs-Probe gestanzt. Über die gesamte Projektlaufzeit werden dann alle weiteren geborenen weiblichen Kälber in den Betrieben ebenfalls gestanzt. Die Genotypisierung der Gewebeproben erfolgt beim Institut für Fortpflanzung landwirtschaftlicher Nutztiere in Schönow (IFN Schönow).

Tierdaten jederzeit abrufbar

Die Ergebnisse fließen dann in die Genomdatenbank des LKV Bayern ein. Alle „FLECKfficient“-Merkmale sollen die Landwirte möglichst direkt am Tier mittels der RDV-App oder aber über den LKV-Herdenmanager erfassen. Beide Werkzeuge werden im Rahmen des Projektes dementsprechend weiterentwickelt. Als Ergänzung gibt es die „FLECKfficient“-App, die offline einsetzbar ist und mit der geburtsnahe Beobachtungen, also Geburtsgewichte und Saugverhalten, unmittelbar über die Mutter erfasst werden können. So müssen keine separaten Listen geführt werden und es wird sichergestellt, dass alle für die Leistungsprüfung und das Projekt erfassten Daten in den RDV einfließen und von dort weiter verteilt werden.

Für die Betriebe bedeutet das, dass alle gesammelten Informationen von Bestandstieren digital im Lebenslauf verdichtet werden und jederzeit Einblick zu wichtigen Managementdaten einzelner Tiere besteht (zum Beispiel Geburts-/Beleggewicht, Körperkondition, wiederkehrende Krankheitsfälle und Klauenproblematiken, Zuchtwerte und vieles mehr). Das gilt auch bei größeren Herden für jeden, entweder am Computer über den LKV-Herdenmanager oder direkt im Stall und am Tier auf dem Smartphone.

Zusätzlich werden die gesammelten Informationen durch verschiedene Auswertungen übersichtlich aufbereitet, beispielsweise als Betriebsvergleich (Wo stehe ich bei der Klauengesundheit, bei Stoffwechselkrankheiten und bei der Fruchtbarkeit im Vergleich zu anderen Betrieben?).

Jungtiere gezielt anpaaren

Das Zuchtwertschätzteam Bayern–Baden-Württemberg, Österreich, Tschechien (DAC-ZWS-Team) schätzt anhand der Genotypisierungsergebnisse aus der Genomdatenbank sowie den aus dem RDV bereitgestellten Ergebnissen der Leistungsprüfung und Projektdaten Zuchtwerte. Diese werden über den RDV wieder an die Fleckviehzüchter zurückgeliefert. So können monatlich genomische Zuchtwerte für weibliche Tiere ausgegeben werden. Zunächst natürlich nur für die Merkmale, für die bereits eine genomische Zuchtwertschätzung besteht. Im Laufe des Projektes sollen weitere Zuchtwerte hinzukommen. „FLECKfficient“ unterstützt die Fleckviehzüchter beim Herdenmanagement und der Zuchttierselektion. Die Genotypisierung von Kälbern erlaubt eine gezieltere Jungviehselektion und -anpaarung und ermöglicht ein genomisch optimiertes Herdenmanagement, gerade auch für Gesundheits- und funktionale Merkmale. 

Hintergrund

FLECKfficient ist ein Europäisches Innovationspartnerschafts (EIP)-AGRI-Projekt und wird aus dem europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) durch die EU und das MLR Baden-Württemberg finanziert.

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