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Bundeswaldinventur

Deutscher Wald erheblich geschädigt

Die Wälder in Deutschland tragen offenkundig nicht wie erwartet zur Speicherung des klimaschädlichen Treibhausgases CO2 bei. Das ist das Ergebnis der jüngsten Bundeswaldinventur (BWI), die Bundesminister Cem Özdemir am 8. Oktober vorgestellt hat. Die Bundeswaldinventur wird alle zehn Jahre durchgeführt und bietet umfassende, repräsentative Daten über wichtige Faktoren wie Waldfläche, Baumartenverteilung, Altersstruktur und weitere ökologische Parameter. Nach den Ergebnissen ist der Wald wegen der Klimakrise und ihrer Folgen zur Kohlenstoff-Quelle geworden.

von Redaktion Quelle BMEL, MLR, AGDW erschienen am 09.10.2024
Dem Deutschen Wald geht es insgesamt nicht gut. Das zeigen die Ergebnisse der Bundeswaldinventur. Durch diese Schwächung kann der Wald das Klima nicht so gut schützen wie erwartet. © Borlinghaus
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Unterm Strich bedeutet das, dass der überwiegende Abgang durch Stürme und Dürre sowie Käferbefall größer ist als der Zuwachs an lebender Biomasse. Seit 2017 hat sich der Kohlenstoffvorrat im Wald um 41,5 Millionen Tonnen verringert. Die Bundeswaldinventur ist die umfangreichste Erhebung zum Zustand und zur Entwicklung des Waldes in Deutschland. Dazu sagt der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft, Cem Özdemir: „Die Bundeswaldinventur bestätigt, dass die bisherigen Anstrengungen für einen klimaangepassten Wald richtig sind, wir aber noch viel Arbeit vor uns haben. Dennoch ist der Wald zur Kohlenstoff-Quelle geworden. Es braucht Geduld und Ausdauer, um dies durch den Umbau der Wälder wieder umzukehren." Und: Wir müssen schützen, was wir nutzen. Ein starker Wald heißt Klimaschutz für uns – da müssen wir hin." Der Wald, so Özdemir, sei auch ein wichtiger Wirtschaftsfaktor, der hunderttausende Arbeitsplätze sichere – "das sollte niemand leichtfertig aufs Spiel setzen", meinte Özdemir. Im zufolge brauche es ein neues Bundeswaldgesetz, welches die Besitzer dabei unterstütze, ihre Wälder zügig und effektiv umzubauen.

Ein Drittel mehr Totholz

Insgesamt zeigt die Bundeswaldinventur eine leicht positive Waldflächenentwicklung in Deutschland. Der Holzvorrat hingegen ist, nachdem er bis 2017 angestiegen war, wegen der Dürre und deren Folgen seit 2018 wieder auf das Niveau von 2012 zurückgefallen. Die Menge an Totholz ist um ein Drittel gegenüber der letzten Inventur gestiegen. Mit der Zunahme an alten und dicken Bäumen nehmen auch die vielen ökologisch wertvollen Mikrohabitate an diesen Bäumen zu. Außerdem sind die Wälder strukturreicher geworden. Sie haben eine größere Baumartenmischung und vermehrte Schichtung, auch die Naturnähe hat zugenommen. Der eingeschlagene Weg zu stabilen, arten- und strukturreichen Wäldern müsse konsequent weitergegangen werden. Waldbauliches Handeln müsse sich den neuen klimatischen Herausforderungen anpassen. Denn der Klimawandel bedrohe nicht nur die Vitalität unserer Wälder, sondern auch ihre Funktion als wirtschaftliche Grundlage vieler Betriebe.

Ergebnisse auf einen Blick

  • Kohlenstoffspeicherung & Klimabilanz: Verlust von 41,5 Mio. Tonnen Kohlenstoff seit 2017. Der Wald ist erstmals seit Jahrzehnten zur Kohlenstoffquelle geworden. Dies unterstreicht die Notwendigkeit dringend erforderlicher Maßnahmen zur Anpassung und Wiederherstellung der Wälder, um ihre Rolle als Klimaschützer wieder langfristig zu stärken.
  • Waldfläche: 11,5 Millionen Hektar (+15.000 Hektar seit 2012). Die Waldfläche bleibt stabil, was ein positives Zeichen für den Erhalt dieser wichtigen Ressource als Basis für seine vielfältigen Ökosystemleistungen ist, insbesondere im Kontext der Flächenversiegelung durch Siedlung und Infrastruktur in einem dicht besiedelten und stark industrialisiertem Land wie der Bundesrepublik.
  • Kalamitätsflächen: 2 Millionen Hektar Wald sind von Kalamitäten, also Schäden durch Naturgewalten, betroffen. Kalamitäten wie Dürre, Sturm und Borkenkäferbefall können einzelne Bäume, Baumgruppen oder ganze Bestände betreffen. Auf 34 Prozent der Kalamitätsflächen fand keine forstliche Nutzung statt, auf 20 Prozent wurden die abgestorbenen Bäume flächig genutzt. Die hohe Zahl der Kalamitätsflächen ist alarmierend und verdeutlicht die Notwendigkeit dringender Maßnahmen zur Stärkung der Resilienz der Wälder gegen Schädlinge und Krankheiten.
  • Holzvorrat: In unseren Wäldern sind 3,6 Milliarden Kubikmeter Holz vorrätig. Bis 2017 war der Holzvorrat auf 3,8 Milliarden Kubikmeter angestiegen. Aufgrund von Stürmen, Trockenheit sowie der darauffolgenden Kalamitäten sowie einem um 16 Prozent rückläufigen Zuwachs sank der Zuwachs auf das Niveau von 2012.
  • Totholzanteil: Die Zunahme des Totholzanteils um 32 Prozent ist sowohl ein positives als auch ein negatives Zeichen. Totholz ist wichtig für die Biodiversität und bietet Lebensraum für viele Arten. Allerdings ist der Anstieg vor allem auf Klimaschäden zurückzuführen, was die Verwundbarkeit der Wälder in Bezug auf extreme Wetterereignisse verdeutlicht.
  • Anteil der Laub- und Nadelbäume: 48 Prozent Laubbäume und 52 Prozent Nadelbäume. Der Anstieg des Anteils an Laubbäumen ist ermutigend, da es die Resilienz gegen das sich verändernde Klima steigert.
  • Mischwälder: 79 Prozent der Wälder sind Mischwälder (+2 Prozent seit 2012). Die Zunahme des Anteils der Mischwälder ist ein positives Signal für die Biodiversität und die Resilienz der Wälder. Mischwälder bieten eine höhere Widerstandsfähigkeit gegenüber Schädlingen und Krankheiten sowie eine bessere Anpassungsfähigkeit an den Klimawandel. Diese Diversität trägt dazu bei, das Risiko von großflächigen Schäden durch Klimafaktoren zu verringern.
  • Durchschnittsalter der Bäume: Erhöht auf 82 Jahre (+5 Jahre seit 2012). 30 Prozent der Wälder sind älter als 100 Jahre, 20 Prozent sind älter als 120 Jahre. Die Erhöhung des Durchschnittsalters der Bäume ist ein positives Zeichen insbesondere für die Biodiversität in den Wäldern. Dennoch ist es wichtig, eine angemessene Altersstruktur zu erhalten, um die langfristige Vitalität der Wälder sicherzustellen.

Waldbewirtschaftung bleibt wichtig

Die Familienbetriebe Land und Forst sehen in den Ergebnissen der vierten Bundeswaldinventur (BWI) einen weiteren Beweis dafür, dass eine flexible und aktive Waldbewirtschaftung der Schlüssel zur Anpassung der Wälder an die Klimakrise ist. Max von Elverfeldt, Vorsitzender der Familienbetriebe Land und Forst, betont: „Die jüngsten BWI-Daten zeigen klar, dass die regionalen Rückgänge der Holzvorräte eine Folge extremer Wetterereignisse wie Stürmen, Dürre und Borkenkäferbefall – kurz eine Folge des Klimawandels sind. Unsere Familienbetriebe haben trotz dieser Herausforderungen verantwortungsvoll gewirtschaftet und gezielt Maßnahmen ergriffen, um die Wälder klimaresilient zu machen.“ Elverfeldt weist darauf hin, dass die aktive Bewirtschaftung der Wälder – insbesondere durch gezielte Durchforstung und den Umbau zu stabilen Mischwäldern – entscheidend ist, um den klimatischen Herausforderungen zu begegnen. Gleichzeitig spricht sich Elverfeldt klar gegen die geplante Novellierung des Bundeswaldgesetzes aus: „Die Novelle würde den dringend nötigen Waldumbau erschweren. Ideologische Vorgaben zur Baumartenwahl, Einschlagsbeschränkungen und unsinnige bürokratische Auflagen verhindern notwendige Maßnahmen. Das bremst die Anpassung der Wälder an den Klimawandel und behindert den Klimaschutz.“

Vorratsabbau bei der Fichte

AGDW-Präsident Prof. Andreas Bitter erklärt: „Stürme und Trockenheit sowie Dürre und insbesondere die Schäden durch den Borkenkäfer spiegeln sich in den Ergebnissen der Bundeswaldinventur wider. Gleichzeitig dokumentiert die Bundeswaldinventur die Erfolge einer nachhaltigen Bewirtschaftung unserer Wälder in der Klimakrise. Zu diesen Erfolgen gehört die gezielte Entwicklung hin zu strukturreichen Mischwäldern mit einem deutlich gestiegenen Anteil der Fläche an Laubbäumen ebenso wie die effiziente Nutzung des nachwachsenden Rohstoffes Holz als Klimaschützer." Laut den Ergebnissen der Bundeswaldinventur erreicht der Holzvorrat bundesweit 3,7 Milliarden Kubikmeter (Mrd. cbm) und ist damit gegenüber der vorherigen Inventur 2012 konstant geblieben. Während die vom Borkenkäfer geplagte Fichte kalamitätsbedingte Verluste zu verzeichnen hatte, ist der Vorrat fast aller anderen Baumarten spürbar gestiegen. In Deutschland steht damit weiterhin mehr Holz als in jedem anderen Land der Europäischen Union. „Der Vorratsabbau bei der Fichte ist auf die klimabedingt entstandenen Waldschäden zurückzuführen. Infolge von Dürre und Borkenkäferbefall fielen auf mehr als 600.000 ha die Wälder kahl, deren Eigentümer erlitten schwere Einbußen“, erläutert Prof. Bitter.

Der Waldumbau schreitet voran

Forstminister Peter Hauk (MdL,CDU) aus Baden-Württemberg kommentiert die Ergebnisse mit den Worten: „Die 4. Bundeswaldinventur zeigt: unsere Wälder sind laubbaumreicher, naturnäher und gemischter geworden – ein Verdienst unserer Waldbesitzer und Forstleute. Der Klimawandel erfordert aktive Waldwirtschaft und Holzverwendung.“ Die Ergebnisse seien eine wichtige Grundlage, um die nachhaltige Forstwirtschaft weiter zu entwickeln und um die notwendigen politischen Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Die Bilanz zeige, dass der Klimawandel zunehmend seine Spuren hinterlässt. „Aber auch, dass wir in Baden-Württemberg, insbesondere mit der bei uns praktizierten nachhaltigen Waldwirtschaft, auf einem guten Weg sind und die richtigen Maßnahmen angepackt haben. Wir machen den Wald widerstandsfähiger und erhöhen seine Biodiversität", so Hauk. Und: „Auf 88 Prozent der Landesfläche finden wir heute Mischwälder, ein Anstieg um 20 Prozent in den letzten 35 Jahren. Klimalabile Fichtenwälder haben im selben Zeitraum um rund 12 Prozent abgenommen, damit auch das Risiko. Diese Erfolge sind nicht nur das Ergebnis langfristigen Engagements unserer Waldbesitzerinnen, Waldbesitzer und Forstleute, sondern auch eines liberalen Landeswaldgesetzes, das den Bewirtschaftern Freiheiten lässt, ihnen Angebote macht, sie unterstützt und motiviert,“ so der Minister für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz, Peter Hauk.

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