
Cool und frisch durch warme Sommertage
Typischerweise werden Milchviehställe durch eine Trauf-First-Lüftung belüftet. Besonders im Sommer funktionieren der Luftaustausch und die Temperaturabsenkung jedoch oft nur bedingt. Die Folge: Die Kühe fressen weniger, ihre Milchleistungen sinken und die Fruchtbarkeit leidet. Um die Belüftung zu verbessern, kommen technische und bauliche Maßnahmen in Frage.
von Alfons Fübbeker, Landwirtschaftskammer (LWK) Niedersachsen Quelle Alfons Fübbeker, Landwirtschaftskammer Niedersachsen erschienen am 04.03.2025Auf vielen Betrieben wird die natürliche Belüftung durch benachbarte Gebäude, wie den Melkstand mit Wartehof, das Güllesilo, die Fahrsiloanlagen oder die Anbauten für den Milchtank, erheblich beeinträchtigt. Ähnliches gilt, wenn der Stall nicht quer zur Hauptwindrichtung ausgerichtet ist. Bei älteren Ställen ist wegen der niedrigeren Traufenhöhen oft weniger Luft im Stall vorhanden. Zudem ist dieser Bereich nicht selten ganz oder teilweise mit einer Mauer verschlossen. Die geringe Belüftung führt dazu, dass die erforderliche Luftwechselrate häufig nicht erreicht wird. Das kann unter anderem zu Kondenswasserbildung im Dachraum führen, was wiederum Schäden am Bauwerk verursachen kann, wie beispielsweise Pilzbefall am Holz oder schwarze Ablagerungen am Ständerwerk.
Die Wohlfühltemperatur von Milchkühen liegt im Bereich von 5 bis 15 Grad (°C). Kann eine Kuh ihre Körperwärme nicht ausreichend an die Umgebung abgeben, kommt es zu Hitzestress bei dem Tier. Hitzestress kann anhand einer erhöhten Atemfrequenz erkannt werden, wobei ein Wert von 30 bis 50 Atemzügen pro Minute als normal gilt. Je höher die Atemfrequenz ist, desto größer ist der Hitzestress. Das führt zu einer geringeren Futteraufnahme, was wiederum zu einer niedrigeren Milchleistung, erhöhten Zellzahlen und vermehrten Fruchtbarkeitsproblemen führt. Insgesamt werden die Kühe anfälliger für Krankheiten.
Die Trauf-First-Lüftung funktioniert wegen der Temperaturunterschiede zwischen innen und außen. An warmen und windstillen Tagen kommt die freie Lüftung über die Thermik oft zum Erliegen, wodurch die Tiere ihre produzierte Wärme kaum noch an die Umgebung abgeben können. In solchen Fällen ist es häufig sinnvoll, die Wärmeabgabe durch Ventilatoren zu fördern, um das Wärmepolster auf der Haut zu durchbrechen.
Wärmegedämmtes Dach reduziert Hitzebelastung
Liegt eine Giebelseite des Stalles in der Hauptwindrichtung, sollte über Lochbleche im Giebelbereich die Luftzuführung verbessert werden. Offene, hohe Traufen und eine entsprechend dimensionierte Firstentlüftung sorgen für eine gute Belüftung, wobei der Dachüberstand nicht zu kurz sein sollte, um einen Sonnenschutz für die äußere Liegeboxenreihe zu gewährleisten. Helle und wärmegedämmte Dächer sind vorteilhaft, da der Wärmeeintrag durch das Dach im Sommer reduziert wird. Der Temperaturunterschied zwischen außen und innen ist dadurch größer, was eine bessere Thermik und erhöhten Luftaustausch zur Folge hat. Eine Fotovoltaik-Anlage auf dem Dach sorgt ebenfalls für eine vergleichbare Dämmwirkung. Lichtplatten sollten auf den Dachflächen mit südlicher und westlicher Ausrichtung vermieden werden, um eine direkte Sonneneinstrahlung auf die Tiere zu verhindern.
Ventilatoren sorgen für frische Luft
Durch den Einsatz von Ventilatoren wird die Luftgeschwindigkeit erhöht, der Luftaustausch gesteigert und der Kühlungseffekt verbessert. Luftgeschwindigkeiten von mindestens 2,0 Meter (m) pro Sekunde (s) im Tierbereich sorgen bei Kühen für einen Kühlungseffekt, da die umgebende Wärmeschicht der Kuh zerstört wird. Im Vergleich dazu liegt die optimale Luftgeschwindigkeit im Kälberbereich bei unter 0,5 m pro s. Das Zuschalten der Ventilatoren und deren Steuerung sollte temperaturabhängig und automatisch erfolgen.
Bei hohen Temperaturen suchen die Kühe aktiv angenehme, kühlere Bereiche im Stall auf. Der Liegebereich ist besonders wichtig, da sich die Tiere hier am längsten aufhalten sollen. Um angenehme Bedingungen durch angepasste Luftgeschwindigkeiten sicherzustellen, sind mehrere Ventilatoren erforderlich. Deckenventilatoren mit großen Durchmessern, die häufig mittig über dem Futtertisch (Dachraum) angebracht werden, drücken die Luft nach unten und von dort nach außen. Hindernisse, wie Aufkantungen am Fressgitter oder Liegeboxenabtrennungen, können Verwirbelungen verursachen und die Luftgeschwindigkeit reduzieren, wodurch der Kühlungseffekt deutlich geringer ist. Oft wird die erforderliche Luftgeschwindigkeit zur Abkühlung von mindestens 2,0 m pro s nur unterhalb des Ventilators (Durchmesser) erreicht.
Axial-Ventilatoren mit einem Durchmesser von circa 1,20 m haben eine Wurfbreite von 4 bis 5 m und erreichen Wurfweiten von bis zu 20 m. Durch die Anordnung der Ventilatoren in Längsrichtung über den Liegeboxenreihen mit einem Abstand von 15 bis 20 m und einem Neigungswinkel von 15 bis 25° wird ein guter Kühleffekt erzielt. Werden die Ventilatoren hingegen über den Laufgängen platziert, führt das dazu, dass diese Bereiche zusätzlich ausgetrocknet werden, während der Kühlungseffekt im Liegebereich der Kühe nahezu ausbleibt. Für einen gleichmäßigen Luftstrom sollten die Axial-Ventilatoren fixiert (nicht pendelnd) eingebaut werden und nicht entgegen der Hauptwindrichtung (natürliche Lüftung) ausgerichtet sein.
Aber auch Hindernisse, wie zum Beispiel Kraftfutterabrufstationen oder das Ständerwerk im Liegeboxenbereich, bremsen den Luftstrom aus. Hier sollte nach einzelbetrieblichen Lösungen gesucht werden. Ab einer Höhe von 2,70 m (Ventilatorunterkante) über der Standfläche ist kein Schutzgitter am Ventilator erforderlich. Schutzgitter reduzieren die Leistung des Ventilators um bis zu 30 Prozent (%), insbesondere dann, wenn sie verschmutzt sind. Je höher die Lufttemperatur im Stall ist, desto höher ist die erforderliche Drehzahl der Ventilatoren. Nur dann lässt sich sicherstellen, dass die Luftgeschwindigkeiten zur Abkühlung ausreichen. Vielfach laufen die Ventilatoren im einem Leistungsbereich von 10 bis 80 %. In diesem Bereich und bei langen Laufzeiten sind EC-Motoren beziehungsweise eine Frequenzsteuerung sinnvoll. Diese reduzieren die Stromkosten und rechtfertigen damit vielfach die höheren Investitionskosten.
Kosten und Nutzen abschätzen
Um eine effektive aktive Lüftungsunterstützung sicherzustellen, wird ungefähr ein Axialventilator mit einem Durchmesser von etwa 1,20 m für jeweils 20 Kühe beziehungsweise Kuhplätze benötigt (Mittelwert aus Einzel- und Doppelliegereihe). Die Investitionskosten je Lüfter liegen im Bereich von 2500 Euro, einschließlich EC-Motor oder Frequenzsteuerung sowie des Einbaus. Die jährlichen Kosten belaufen sich daher auf ungefähr 20 Euro pro Kuh. Hinzu kommen Stromkosten von etwa 25 Euro (50 bis 80 Kilowattstunden (kWh) Strombedarf pro Kuh). Die Gesamtkosten liegen im Bereich von 45 Euro pro Kuh und Jahr und sind oft deutlich geringer als der Nutzen allein durch die höhere (nicht abgefallene) Milchleistung.
Wasserverdunstung erhöht den Kühleffekt
Durch den Einsatz von Wasser zur Befeuchtung über Verneblungs- oder Berieselungsanlagen wird der Kühlungseffekt zusätzlich erhöht. Allerdings ist die Luftfeuchtigkeit vielfach ein limitierender Faktor. Bei Werten von über 70 % sollte der Einsatz von Wasser zur Befeuchtung vermieden werden. Eine Wärmeabgabe durch die Kühe ist dann nicht mehr möglich (Saunaeffekt). Die wichtigste Maßnahme zur Reduzierung von Hitzestress im Milchviehstall besteht darin, ausreichend hohe Luftgeschwindigkeiten an den Tieren sicherzustellen.
1In Milchviehställen wird die Luftgeschwindigkeit und damit der Luftaustausch durch den Einsatz von Ventilatoren erhöht. Luftgeschwindigkeiten von über 2,0 m pro s bewirken einen Kühlungseffekt und eine Verringerung der Wärmebelastung bei den Tieren. Das ist besonders wichtig für "verbaute" und ältere Ställe, bei denen die natürliche Belüftung bereits bei niedrigen Temperaturen nicht ausreicht. In vielen Fällen sind die Kosten für Technik und Strom oft niedriger als der Nutzen allein durch die höhere beziehungsweise nicht abgefallene Milchleistung. Bei Neubauten sollten auch die Möglichkeiten der Wärmedämmung des Stalldaches in Betracht gezogen werden.
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