Mehr Wellness für die Kühe hat seinen Preis
Ein neuer Milchviehstall kostet viel Geld, vor allem dann, wenn der Neubau Kühen, Umwelt, nicht zuletzt den Betreibern gerecht werden soll. Die Erlöse aus der tierischen Erzeugung decken solch eine Investition nicht ab. Das Land fördert diese Bauvorhaben deshalb mit einem Agrarinvestitionsförderprogramm (AFP). Am Donnerstager dieser Woche informierte das Regierungspräsidium (RP) Tübingen Pressevertreter auf einem Milchviehbetrieb in Isny, worauf es bei solchen Wellness-Ställen ankommt.
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Draußen läuft an diesem strahlendblauen Vormittag der Sommer zur Höchstform auf, drinnen, in dem luftig, hellen, am Trauf fünf Meter hohen Offenfrontstall ist es angenehm kühl – Panoramablick für die 145 dort untergebrachten Milchkühe inklusive. Die Betreiber, Karl Anwander und sein Bruder Georg Anwander, haben an alles gedacht, als sie vor zwei Jahren beschlossen haben, neu zu bauen.
Es sollte ein Boxenlaufstall werden, in dem sich die Braunvieh-, Fleckvieh- und Holsteinkühe wohlfühlen, in dem sie in Ruhe fressen, liegen, sich bürsten und aus großen Wassertrögen saufen können. Und, in dem sie entscheiden, wann sie sich melken lassen wollen. Das übernehmen seit dem Einzug vor einem Jahr zwei Melkroboter, die in der Mitter des 2x2-reihigen Boxenlaufstalles platziert sind.
Tierwohl im Brennpunkt
„Wir wollten, dass es den Kühen gut geht und wir die Herde arbeits- und betriebswirtschaftlich erfolgreich führen können“, erläutert Karl Anwander beim Gang durch das neue Stallgebäude. Seit 30 Jahren bewirtschaftet er mit seinem Bruder Georg Anwander den Familienbetrieb in Neutrauchburg-Zell (Landkreis Ravensburg), unweit von Isny.
Zusätzlich betreiben die beiden Landwirte eine Biogasanlage mit 180 KW und haben in eine Fotovoltaikanlage investiert. Auf ihrer alten Betriebsstätte unweit des auf einer Anhöhe gelegenen Neubaus seien sie eingeengt gewesen und sie hätten sich gefragt, wie es auf lange Sicht um die Zukunft der Biogaserzeugung bestellt sei, macht der Allgäuer Milchviehhalter vor Regierungspräsident Klaus Tappeser deutlich, der an diesem heißen Julitag mit Mitarbeitern aus Tübingen angereist ist, um sich vor Ort ein Bild über das AFP-geförderte, beispielhafte Bauvorhaben zu machen.
Schließlich, so hatte es der RP-Chef zuvor deutlich gemacht, spiele Tierwohl, Umweltverträglichkeit und die Sicherung einer leistungsfähigen und regional verankerten Landwirtschaft in den viehstarken Regionen im Allgäu und Oberschwaben eine gewichtige Rolle. Genau mit solch einen tiergerechten Milchviehstall, mit viel Platz, durchgängig Licht und Luft liebäugelten Anwangers schon seit längerem.
Hohe Investitionen
Die Kühe sollten sich, so ihr Ziel, rundum wohlfühlen und wie Karl Anwander es bildhaft beschreibt, „auf den außen gelegenen Futtertischen bei schönem Wetter in der Sonne frühstücken können“. Dass dieses Vorhaben hohe Investitioen (rund 14.000 Euro pro Kuhplatz) nach sich ziehen würde, sei ihnen nach den ersten Kalkulationen schnell klar gewesen.Schließlich planten sie das neue Stallgebäude – die Einnahmen aus der Fotovoltaik- und Biogasanlage im Rücken – mit einem kalkulierten Milchpreis von 32 Cent. „Nicht gerade viel, was die Arbeitsentlohung anbelangt, aber machbar“, blickt Karl Anwander auf die damalige Entscheidungsfindung zurück.
Eine Aussage, die dabei ziemlich genau den Zwiespalt vieler bauwilliger Landwirte beschreibt. Denn die Invesition in einen tiergerechten Stall ist teuer. Noch schlagen sich diese Ausgaben nicht in durchweg höheren Erzeugerpreisen nieder, obwohl die öffentliche Diskussion darüber voll entbrannt ist.
Unterstützung nötig
Die Landwirte bleiben vielfach auf den höheren Kosten für Tier- und Umweltschutz sitzen. Diese Lücke wolle das Agrarinvestitionsförder-programm (AFP) schließen, erläutern Regierungspräsident Tappeser und Dr. Otmar Röhm, der stellvertretende Leiter des Referats Betriebswirtschaft, Agrarförderung und Strukturentwicklung am RP Tübingen den mitgereisten Journalisten.
„Für investitionswillige Landwirte ist es bei den in Deutschland niedrigen Lebensmittelpreisen nicht möglich, moderne Ställe ohne öffentliche Förderung zu bauen“, stellt Tappeser klar. Jede Stallbaumaßnahme, die über die gesetzlichen Anforderungen hinausgehe, verteuere ein Bauvorhaben. Das fängt bei einem höheren Stalldach an und höre bei breiteren Laufgängen und mehr Fressplätzen auf. Noch mehr Geld kostet solch ein Wellnessstall schließlich, wenn wie im Falle der Anwander GbR, die Tierwohlinvestitionen noch weiter ausgedehnt werden, als es das AFP als Voraussetzung für die Prämien-Bezuschussung ohnehin vorgesehen hat.
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