Markt bleibt unter Druck
Nach dem insgesamt guten Jahr 2014 steckt der Milchmarkt aktuell in einer sehr schwierigen Phase. Das war auch auf der Mitgliederversammlung der Süddeutschen Butter- und Käsebörse am 8. Juli 2015 in Kempten zu spüren.
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Der Markt hat sich grundlegend gewandelt, meinte der Vorsitzende Heinz Hahn. Entsprechend schlecht sei die Stimmung unter den Milcherzeugern, den Molkereien und im Milchhandel. Händler und Verarbeiter haben mit Absatz- und Preisproblemen zu kämpfen. Der von Russland im vergangenen August erlassene Importstopp hat hierzu erheblich beigetragen, ebenso wie ein deutlicher Rückgang der Nachfrage nach Milchpulver in China bei gleichzeitig steigender Milchproduktion weltweit. In der Folge sanken auch die Preisnotierungen für Butter und für Milchpulver an der Börse in Kempten. Beim Magermilchpulver in Lebensmittelqualität sind die Preise von knapp 3,40 Euro/kg im Januar 2014 auf aktuell 1,80 Euro/kg besonders stark gefallen, ebenso beim Schnittkäse von über 3,70 auf aktuell 2,30 Euro/kg. „Leider muss man sagen, dass in absehbarer Zeit kaum mit positiven Veränderungen zu rechnen ist, nach allem, was wir heute einschätzen können“, so Hahn. Es fehlten positive Marktsignale und Impulse. Umso mehr seien auf der Unternehmensseite Flexibilität und Ideenreichtum gefragt. Die Erschließung neuer Absatzkanäle sei bereits in vollem Gang, berichtete Hahn. Er betonte, dass das Auslaufen der Milchquotenregelung nicht Auslöser dieser Preismisere ist. Auslöser waren vielmehr die Handelsblockaden und die seit längerem erkennbaren Verschiebungen von Angebot und Nachfrage am Weltmarkt. Für Hahn gilt aber auch, dass mit Abschaffung der Quote die Politik wieder mehr gefordert ist, Maßnahmen zur Marktstabilisierung zu ergreifen, wie Liquiditätshilfen oder die Anhebung der Interventionspreise.
Gewaltige Investitionen in Sachsen
Dr. Doris Reimann aus Dresden, Vorstandskollegin von Heinz Hahn (Bayern) und Dr. Markus Albrecht (Baden-Württemberg), berichtete von einem Investitionsvolumen in Sachsen im Förderzeitraum 2007 bis 2013 in Höhe von 308 Mio. Euro mit insgesamt 1200 Einzelmaßnahmen. Ein Schwerpunkt in Sachsen war die Verbesserung der Melktechnik, darunter fielen auch Großställe mit bis zu 21 Robotern pro Betrieb sowie drei Melkkarussellen, weitere Karusselle seien im Bau. In Sachsen werden 1,7 Mio. t Milch erzeugt (9271 kg Milchleistung pro Kuh). Zum Vergleich: In Baden-Württemberg sind es 2,3 Mio. t und in Bayern 7,9 Mio. t. Aktuell müsse es darum gehen, dass sowohl die Politik als auch die Wirtschaft aktiv mithelfen, den weiteren Absturz der Milchpreise verhindern, mahnte Reimann an.
Börsianer setzen auf Transparenz
Die Süddeutsche Butter- und Käse-Börse leistet mit ihren wöchentlichen Notierungen und Preisfeststellungen für Butter, Milchpulver, Emmentaler und Weichkäse einen wertvollen Beitrag für alle Marktbeteiligten. „Wir wollen aktuell sein, engen Kontakt zur Wirtschaft pflegen und uns noch besser vernetzen,“ so Hahn. Die Gesamteinnahmen der Börse betrugen 2014 rund 360.000 Euro, Löwenanteil der Einahmen sind die Zuwendungen aus den drei Trägerländern Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen, berichtete Geschäftsführer Clemens Rück.
Klaus Kocks plädiert für starke Marken
Der renommierte Berater Klaus Kocks appellierte daran, einem drohenden Imageverlust der Milch durch aktive Kommunikation entgegenzuwirken. "Wenn ich höre, was Sie so alles von sich geben, zeigt sich, dass Sie bösgläubig geworden sind," meinte Kocks. Das bedeute, dass man Dinge, die einem vorgeworfen werden, selbst anfängt zu glauben. Kocks warnte: „Wer sich verteidigt, klagt sich selbst an." Seiner Meinung nach läuft die Milchbranche in ihrer Kommunikation in die falsche Richtung. Nach dem Motto: "Freispruch für die Milch. Glück gehabt. Milch trinken macht nach den Ergebnissen neuer Studien nun doch nicht krank." Im Zuge einer solchen Argumentationsschiene sei es schwierig, den Absatz von Milch- und Milchprodukten anzukurbeln. Stattdessen forderte Kocks:
- Man muss sich einen Namen geben wollen. Einen Namen, der den eigenen Ansprüchen gerecht wird und nicht der eigenen Herkunft. Die Herkunft, die Bodenständigkeit der Branche, behindert sie ungemein.
- Mit dem Namen allein ist es nicht getan. Man muss sich auch ein Sinnbild geben wollen. Möglichst ein griffiges symbolhaftes Sinnbild, das jeder versteht.
- Man muss in der Lage sein, einen erstrebenswerten Sinn zu erzeugen. Denn: Erst wenn die Käufer auf eine Marke stoßen, sind die Preise richtig gut.
Wie so etwas idealerweise funktionieren kann, machte er am Beispiel des iPhones der Firma Apple deutlich. Die Versprechung von Apple mit dem angebissenen Apfel symbolisierten die Aufhebung der Vertreibung aus dem Paradies. "Das ist eine Versprechung von Unschuld. Das ist frech, kühn und anspruchsvoll", so Kocks. Das führe dazu, dass diese Handys deutlich teurer seien als andere. "Ich glaube nicht, dass es bei der Auseinandersetzung mit dem Zeitgeist darum geht, die Wirklichkeit zu zeigen. Vielmehr geht es darum, Geschichten erzählen zu können. Das ist die Definition von einer Marke. Da müssen Sie hinkommen," so Kocks. Große Handelshäuser springen auf jeden Trend auf, der die Menschen ins Regal greifen lässt, meinte Kocks. Verbraucher kauften preisbezogen, aber auch sinnorientiert, geschichten- und imageorientiert. "Die Leute wollen glücklich werden. Da muss man ihnen die Geschichte zum Glücklichwerden aber auch liefern", so Kocks.
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