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Kälbervermarktung

Für Spanien-Export keine Lösung in Sicht

Am Rindfleischmarkt läuft es alles andere als rund. Vor allem bei der Vermarktung von Holstein-Kälbern klemmt es hinten und vorne. Der Export nach Spanien wurde gestoppt. In Holland gibt es genügend eigene Tiere und aus Norddeutschland werden weniger Kälber abgenommen als bislang. Das hat zur Folge, dass die Preise für diese Kälber ins Bodenlose fallen.
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Der Export von Holstein-Kälbern nach Spanien ist eingebrochen. Viehhändler und Bauern fordern klare Regelungen, wie es für Langstrecken-Transporte weitergehen soll.
Der Export von Holstein-Kälbern nach Spanien ist eingebrochen. Viehhändler und Bauern fordern klare Regelungen, wie es für Langstrecken-Transporte weitergehen soll. Viehzentrale Südwest
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Während männliche Holstein-Kälber im Schnitt noch 30 Euro einbringen, ist der Wert der weiblichen Nutzkälber praktisch gleich null. „Das Geschäft mit Holstein-Kälbern ist im Moment eine Katastrophe, so etwas habe ich noch nicht erlebt“, sagt ein altgedienter Händler aus Baden-Württemberg. Ein anderer beschreibt die Lage ähnlich: „Ein Holstein-Bullenkalb, das im Mai noch 150 Euro kostete, bringt heute gerade einmal noch 50 Euro.“ Zwischen null und 25 Euro erlöse man als Vermarkter frei Norddeutschland für ein weibliches Holstein-Kalb im Moment. Dafür müssten die Kälber aber gesammelt und nach Norddeutschland transportiert werden. In Bayern und Niedersachsen würden teilweise schon Abholgebühren verlangt. So wird der Handel massiv ausgebremst, mit der Folge, dass die Tiere irgendwann unverkäuflich auf den Betrieben stehen bleiben. Doch das will niemand. Deshalb seien dringend Ideen gesucht, wie sich die Kälber auch ohne Export vermarkten lassen oder durch gesextes Sperma vielleicht erst überhaupt nicht geboren werden? Doch solche Lösungen sind kurz- und mittelfristig nicht in Sicht und helfen den Betrieben aktuell kaum weiter.

Zu wenige Kapazitäten im Süden

Die Stall- beziehungsweise die Mastkapazitäten in Süddeutschland reichen bei weitem nicht aus, um alle hier geborenen Kälber aufzuziehen. Pro Woche verlassen schätzungsweise 2000 bis 3000 Kälber die viehhaltungsstarken Gebiete im süddeutschen Raum. Hochgerechnet aufs Jahr sind das rund 100.000 Kälber, für die es im Süden keine Kapazitäten gibt und die exportiert werden müssen. In Norddeutschland lasten aber nicht mehr alle Kälbermäster ihre Ställe voll aus. „Vergangene Woche hast du 50 Kälber gebracht, jetzt kannst du noch 40 bringen“, habe ihm ein norddeutscher Kunde mitgeteilt, berichtet ein Händler.

Spanien ist ein wichtiger Absatzmarkt

Spanien war für die Holstein-Kälber aus Baden-Württemberg bislang noch vor Niedersachsen das wichtigste Absatzgebiet. Schätzungsweise zwei Drittel der Nutzkälber aus Baden-Württemberg wurden dorthin exportiert. Seit dem Ausbruch der Blauzungen-Krankheit im Dezember 2018 ist der Spanien-Export nicht mehr möglich. Zunächst war die Krankheit dafür verantwortlich. Als dann im Mai zwischen Deutschland und Spanien eine Vereinbarung getroffen wurde, wonach der Export aus den Restriktionsgebieten wieder möglich sein sollte, kam der nächste Knüppel. Nicht von der Milch abgesetzte Kälber sollten aus Tierschutzgründen nur noch maximal acht Stunden lang transportiert werden, so die neue Linie der Veterinärämter, die die Sammelstellen in Baden-Württemberg betreuen. Üblicherweise kommt von ihnen die Freigabe für den Transport, sie stellen die Papiere aus.

Eine Stunde Pause reicht nicht

An der EU-Tierschutztransport-Verordnung wurde nichts geändert, nur die Lesart der Veterinärbehörden sei eine andere geworden. Die Behörden sind zu der Auffassung gekommen, dass es noch keine zugelassenen Kälbertränkeanlagen für die zwei bis vier Wochen alten Tiere auf den Lkws gibt. Hier müssten die Hersteller nachlegen. Bisher lief es so: Die erlaubte Fahrzeit nach Spanien betrug maximal 19 Stunden. Vor der Reise werden die Kälber sorgfältig versorgt. Nach neun Stunden Fahrt gibt es eine Stunde Pause. Danach geht es neun Stunden weiter bis zur Sammelstelle am Zielort. Der Knackpunkt aus Sicht der Behörden: Auf einem dreistöckigen Lkw reicht die eine Stunde Pause nicht aus, um alle rund 150 Tiere mit ausreichend Milchaustauscher zu versorgen. Um das zu gewährleisten, müssten die Tiere abgeladen werden und anschließend versorgt werden. Das Tränken der Tiere dauert mindestens zwei bis drei Stunden. Die Praxis hätte nun gezeigt, dass die Tiere während der einen Stunde Pause nur unzureichend trinken. Außerdem gebe es angeblich Vermutungen, dass Transporteure ein Abladen der Tiere lediglich vorgetäuscht hätten.

Klare Regelung gefragt

In Bayern hatten einzelne Veterinärämter noch bis vor etwa fünf Wochen Spanien-Transporte genehmigt. Mittlerweile sind auch sie auf die Linie ihrer Kollegen eingeschwenkt. „Wir sehen derzeit keine Notwendigkeit, dass man die Kälber noch bis nach Spanien bringen muss“, so eine Begründung.
„Bis heute gibt es für uns keine echte Regelung“, kritisiert ein Händler. Klare Vorgaben seien für die Transporteure aber dringend nötig. „Wir wollen wissen, wie Kälber auf längeren Strecken künftig transportiert werden sollen“, fordern Branchenvertreter mit Blick auf den Spanien-Export. Die Kälber, die in Spanien gemästet werden, sollen nun aus Polen, Tschechien, Lettland, Estland und Irland kommen – also über noch weitere Distanzen, heißt es.

Den heimischen Markt stärken

Auch bei den Fleckvieh-Kälbern ist von den schlechten Bullenpreisen ausgehend Druck am Markt. Das Thema Exportabhängigkeit spielt dort aber keine so große Rolle. Tiere guter Qualität gehen für runde fünf Euro pro Kilogramm gut weg, der Absatz für Kälber mittlerer und schlechterer Qualität sei etwas schwieriger. Hinzu kommen Abschläge für Tiere, die nur innerhalb des Blauzungen-Restriktionsgebietes gehandelt werden können. Sorgen macht der Branche die Frage, inwieweit der Lebensmitteleinzelhandel sich wieder stärker zur Ware aus deutscher Herkunft bekennt. Für die Tierhalter wäre dies ein wichtiges Signal. So hatten die Mäster im Sommer bereits einen tiefen Einbruch der Jungbullenpreise zu beklagen. Wenn die Preise nicht wieder steigen, was sie derzeit nur zögerlich tun, fahren die vergleichsweise wenigen Mastbetriebe, die es noch gibt, kontinuierlich Verluste ein und stallen nicht wieder auf. Zudem müsse die große Spanne zwischen dem Rindfleischerzeugerpreis und dem Ladenpreis für Rindfleisch endlich wieder verkleinert werden. Um die Märkte nicht zu verlieren, stehen für die Branchenkenner derzeit zwei Dinge im Fokus: Erstens: „Wir müssen die Kälber wegbringen.“ Zweitens: „Die Preise für Jungbullen müssen sich wieder deutlich erholen.“

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