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Sparkassen Agrar-Forum 2019

Welternährung 2050

Über Landwirtschaft und Ernährung im Jahr 2050 sprach Otto Körner, Direktor Landwirtschaftliche Lehranstalten Triesdorf, beim diesjährigen Agrar-Forum 2019 am 20. November im Bauernhaus-Museum in Wolfegg. Eingeladen hatte die Kreissparkasse (KSK) Ravensburg.
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Mehr Menschen, weniger Ackerflächen: Eine Verknappung der Lebensmittel werde sich künftig kaum zu vermeiden lassen, meinte Otto Körner, Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Triesdorf. Eine große Herausforderung der Zukunft sei es, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen.
Mehr Menschen, weniger Ackerflächen: Eine Verknappung der Lebensmittel werde sich künftig kaum zu vermeiden lassen, meinte Otto Körner, Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Triesdorf. Eine große Herausforderung der Zukunft sei es, die Verschwendung von Lebensmitteln einzudämmen.Borlinghaus
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„Das Liquiditätshilfeprogramm haben wir nicht gebraucht“, freute sich Norbert Martin, Vorstand bei der Kreissparkasse Ravensburg, in der vollbesetzten Zehntscheuer des Bauernhaus-Museums. Die wirtschaftliche Situation der Landwirte im Kreis Ravensburg sei insgesamt stabil. Sowohl bei der Liquidität als auch in der Ertragssituation habe es kaum Engpässe gegeben. Dennoch spüre man im Investitionsverhalten eine „gewisse Beruhigung“. Der Bau neuer Ställe ging leicht zurück, ebenso Investitionen in die Bereiche Fotovoltaik und Biogas. Ferienwohnungen hingegen wurden verstärkt neu gebaut, berichtete Martin am Rande des Forums.

Landwirtschaft in der Imagekrise

„Was uns Sorge bereitet, ist die Stimmungslage in der Landwirtschaft. Es gibt viele Landwirte, die demotiviert sind und Zukunftsängste haben“, so Martin. Grund dafür sei ein wachsender öffentlicher Druck gegen die bestehende Art der Landwirtschaft. Martin kann diese Kritik nicht nachvollziehen und warnte: „Wir schaffen in Deutschland nicht nur die Autos, sondern auch noch die Landwirtschaft ab.“ Der Vorstand sicherte den über 100 Forums-Teilnehmern die Unterstützung des Geldhauses zu. „Die Landwirtschaft hat Zukunft: weltweit und auch bei uns in der Region“, ist Martin überzeugt.

Urbanisierung: Eine Milliarde Menschen in 50 Megacities

Otto Körner, Direktor der Landwirtschaftlichen Lehranstalt Triesdorf, legte in seinem Vortrag bemerkenswerte Zahlen vor: Etwa 80 Prozent der Menschen auf der Welt werden 2050 voraussichtlich in Städten wohnen, „und es wird die wichtigste Aufgabe sein, solche Zentren mit Nahrungsmitteln zu versorgen.“ Bereits heute lebt rund eine Milliarde der insgesamt 7,5 Milliarden Menschen in einer der 50 Megacities. Die Weltbevölkerung wächst jährlich um etwa 80 Millionen Menschen – so viele, wie heute in Deutschland leben. Hochgerechnet bedeutet das, dass im Jahr 2050 etwa 10 Milliarden Menschen die Erde bevölkern werden. Kinshasa zum Beispiel, die Hauptstadt der Demokratischen Republik Kongo, wurde vor 25 Jahren für 50.000 Einwohner gebaut - Schachbrett mäßig entworfen am Reißbrett mit geraden Straßenzügen etc.. „Das hat nicht lange gehalten. Heute dort leben 10 Mio. Menschen, im Jahr 2030 werden es 20 Mio. Menschen sein. Sie alle wollen sich ernähren, wollen an die Fleischtöpfe ran“, so Körner.

Großer Flächenbedarf: 1950 standen 5000 m2 Ackerland pro Person zur Verfügung, heute sind es nur noch 1800 m2 in Deutschland. China zum Beispiel hat innerhalb von zehn Jahren so viel Fläche zugebaut wie die gesamte Ackerfläche Deutschlands (10 Mio. ha). China hat deshalb auch ein Problem: 1,4 Milliarden Menschen und nur 90 Mio. ha Ackerfläche (800 m2 pro Kopf). Hier wird die Ackerfläche richtig knapp. Entsprechend erwerben oder pachten Länder wie China im großen Stil Ackerland.

Verteilungskampf und Pachtpreisbremse

Aber auch hierzulande verteuern sich die Pachten so massiv, dass Landwirte den Mehrertrag der vergangenen Jahre für höhere Grundstückspreise und moderne Technik aufwenden mussten. Eine Mitpreisbremse oder eine Strompreisbremse gebe es schon: Ohne eine Pachtpreisbremse, so Körner, werden die höheren Erträge wohl nie beim Produzenten, sondern immer beim Grundbesitzer landen.

Ökoanbau stößt an Grenzen

Mit Blick auf die ökologische Landwirtschaft rechnete Körner vor, dass die landwirtschaftliche Fläche in Deutschland exakt ausreiche, um die Bevölkerung zu ernähren. Wird der Öko-Anteil weiter ausgebaut, benötigt man mehr Anbaufläche. Bei 100 Prozent Bio- Landwirtschaft wären das 30 Prozent mehr Anbaufläche.

Immer mehr Fisch

Wie werden sich die Verbrauchergewohnheiten ändern? Laut Körner wird der Fisch mehr in den Mittelpunkt rücken. In den 50er-Jahren hat man in Deutschland pro Kopf und Jahr 2,0 kg Fisch gegessen. Heute sind es 15 kg. Weltweit sind es 20 kg. Der Chinese verspeist 32 kg und der Japaner 70 kg. Fisch kommt überwiegend aus den Weltmeeren. Doch bei mehr als 80 Mio. t pro Jahr droht Überfischung. Entsprechend wurden in den vergangenen Jahren die Aquakulturen immer mehr ausgebaut, auf heute ebenfalls 80 Mio. t Fisch. Diese Aquakulturen wachsen jährlich um rund sechs Prozent. Weil hier das Futter größtenteils aus der Landwirtschaft kommt, werden dafür auch immer mehr landwirtschaftliche Ressourcen benötigt. Im Jahr 2025 wird man vermutlich schon bei 140 Mio. t Fisch aus der Aquakultur liegen. „Das ist momentan der größte Markt, der heranwächst“, so Körner.

Weltweit auch mehr Fleisch

In der Europa werden im Schnitt 87 kg Fleisch pro Kopf und Jahr gegessen. Die größten Fleischesser mit 110 kg sind die Spanier. Insgesamt ist der Trend beim Fleisch in Europa rückläufig. Weltweit gesehen geht der Trend aber nach oben. In Australien und Südamerika wird Rindfleisch günstig erzeugt. 60 kg Rindfleisch ist der Durchschnittsverzehr in Argentinien. In Asien wird in erster Linie Schweinefleisch verzehrt. In China sind es 45 kg Fleisch pro Kopf und Jahr, im Jahr 2025 dürften es laut Prognose 65 kg Fleisch sein.
Insgesamt gibt es auf der Welt mehr Einkommen durch das Wirtschaftswachstum, und damit auch mehr Geld für die „Fleischtöpfe“. Ab einem bestimmten Einkommen allerdings nimmt der Fleischkonsum ab. In Deutschland war der Höhepunkt 1990 mit damals 100 kg Fleischverzehr pro Person.

Die Tierhaltung nicht schlechtreden

Ansätze, weniger Fleisch zu essen, seien vernünftig, dürfen aber nicht dazu führen, die Tierhaltung abschaffen zu wollen. Das wäre fatal. Denn ohne Tiere, müsste man auf die 3,5 Mrd. ha Grünland verzichten. Dabei könnten nur die Wiederkäuer (Rinder, Schafe und Ziegen) das Gras als optimal verwerten. Dies gelte übrigens auch für Getreideabfälle und Nebenprodukte. „Die Tierhaltung an sich hat viel mehr Aspekte, als nur der verengte Blick auf den reinen Fleischverzehr“, meinte Körner.

Betriebliches Wachstum neu denken

„Wie können wir künftig wirtschaftlich bestehen?“, lautete eine Frage aus dem Publikum im Anschluss an den Vortrag. Körner sprach den Landwirten im Allgäu Mut zu. Durch eine Einkommenskombination unter anderen zum Beispiel mit dem Tourismus ließen sich die Tierbestände vergleichsweise niedrig halten, ohne an Wirtschaftskraft zu verlieren. Dies sei in vielen anderen Regionen so nicht möglich. Im Kreis Ansbach zum Beispiel gebe es heute schon zwölf Betriebe mit über 300 Kühen. Das hätte vor ein paar Jahren kaum einer für möglich gehalten, meinte Körner. So sei man an einem Punkt angelangt, wo es mit der Familie allein nicht mehr geht, den Betrieb wirtschaftlich umzutreiben. Als Reaktion darauf werden verstärkt Fremdarbeitskräfte eingesetzt, Betriebszweige ausgelagert oder Kooperationen eingegangen.
 

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