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Zuckerwirtschaft

Rübenoffensive für Offenauer Werk

Zu einer Rübenoffensive für die Zuckerfabrik in Offenau riefen ein Unternehmensvertreter der Südzucker AG und der Verband baden-württembergischer Zuckerrübenanbauer (VbwZ) bei seiner Mitgliederversammlung in Ilsfeld-Auenstein auf. Die Anbauflächen in Baden-Württemberg müssten erhöht und neue Rübenanbauer gewonnen werden, um die Rohstoffversorgung und Wettbewerbsfähigkeit der Zuckerfabrik sicher zu stellen.
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Am Rednerpult und auf dem Podium v. l.: VbwZ-Vorsitzender Joachim Rukwied, Dr. Rainer Schechter von der Südzucker AG, VSZ-Vorsitzender Dr. Hans-Jörg Gebhard und die neue VbwZ-Geschäftsführerin Dr. Larissa Kamp.
Am Rednerpult und auf dem Podium v. l.: VbwZ-Vorsitzender Joachim Rukwied, Dr. Rainer Schechter von der Südzucker AG, VSZ-Vorsitzender Dr. Hans-Jörg Gebhard und die neue VbwZ-Geschäftsführerin Dr. Larissa Kamp.Gernard Bernauer
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In seiner „Standortbestimmung“ blickte der Verbandsvorsitzende Joachim Rukwied auf zwei sehr schwierige Kampagnen zurück und auf eine dritte „nicht wirklich vielversprechende“ voraus. Die Gründe für Rukwieds „nüchterne Vorausschau“ waren ausgebliebene Niederschläge, zunehmend gelb werdende Rübenbestände und zum dritten Mal in Folge unterdurchschnittlichen Zuckererträge pro Hektar.

Der Klimawandel hinterlässt im Rübenanbau massive Spuren im Hinblick auf Ertragssicherheit, Ertragsstabilität und Verbreitung der virösen Vergilbung der Bestände. „Wir sind bei der Vergilbung auf dem besten Weg, ähnlich katastrophale Verhältnisse wie in Frankreich zu bekommen“, befürchtet Rukwied. Allerdings reagieren die Franzosen und wollen die Neonicotinoidbeizung wieder zulassen. „Weil die französische Politik die heimische Zuckererzeugung erhalten will“, weiß Rukwied aus erster Hand von Frankreichs Agrarminister Denormandie.

Damit der Zuckerrübenanbau auch in Deutschland eine Zukunft hat, forderte Rukwied Bundesministerin Klöckner auf, die deutsch-französische Achse beim Rübenanbau im Gleichschritt marschieren zu lassen. Hier habe die Ministerin erstmals Gesprächsbereitschaft signalisiert.

Sicherheitsnetz beim Zuckergehalt

Als Reaktion auf die massiver Belastung durch die SBR-Erkrankung (niedrige Zuckergehalte) gilt ab dieser Kampagne für Baden-Württemberg eine Sonderregelung: Für alle Lieferanten, bei denen der durchschnittliche Zuckergehalt der Rüben unter 16 Prozent liegt, wird dieser auf den Werksdurchschnitt angehoben. Für den VbwZ-Vorsitzenden ist dies ein wichtiges Signal für die Landwirte, die damit ein Sicherheitsnetz für den weiteren Anbau bekommen. 

Derzeitige Preise reichen langfristig nicht aus

Preislich kann der Markt derzeit nicht dazu beitragen, den Rübenanbau langfristig zukunftsfähig zu machen. „Das gegenwärtige Preisniveau reicht allenfalls aus, den Anbau ein Stück weit zu stabilisieren“, meint Rukwied. Im Rahmen der „schmerzhaften aber notwendigen“ Restrukturierungsmaßnahmen der Südzucker AG wurden seit dem Wegfall der EU-Zuckermarktordnung und der „nicht aufgegangenen Weltmarktstrategie“ Werke in Polen, Deutschland und Frankreich geschlossen. Es wurden 700.000 t aus der Produktion genommen. „Nicht mitgezogen haben unsere Wettbewerber, die weiter auf ihre Kapazitäten besten“, beanstandet Rukwied.

Rohstoffbasis der Werke sichern

Passiv kritisierte er die weiteren Wettbewerbsnachteile, die durch die gekoppelten Zahlungen für den Rübenanbau in einigen EU-Mitgliedsstaaten entstehen. „Hier sind wir seit fünf Jahren dran, es tut sich einfach nichts. Aber wir bleiben dran“, versprach der Verbandsvorsitzende. Er sieht für die Rübe eine Zukunftsperspektive und ist von der Wettbewerbsfähigkeit der Südzucker AG überzeugt. Hierzu müssen die Anbauer die Rohstoffbasis der Zuckerfabriken sicherstellen.

Das Werk Offenau sei kostentechnisch gut aufgestellt. „Doch mit jedem Tag, an dem länger produziert wird, werden wir besser.“ Um an hoch ausgelasteten Südzucker-Werke anzuschließen, müssten in Baden-Württemberg etwa 4000 ha bis 5000 ha Zuckerrüben mehr angebaut werden, setzte Rukwied voraus.

Handlungsbedarf im Anbau und bei der Verarbeitung

Mit Blick auf die zunehmende Renationalisierung der EU-Agrarpolitik stellte Dr. Hans-Jörg Gebhard, Vorsitzender des Verbandes Süddeutscher Zuckerrübenanbauer (VSZ), die Frage, ob man angesichts vorhandener Wettbewerbsverzerrungen sich nicht wieder verstärkt auf eigene anbaustabilisierende Maßnahmen konzentrieren sollte. Ein Stück weit sind die Landwirte auf ihre eigenen Fähigkeiten und Kreativität angewiesen, weil Hilfen sehr rar sind, stellte Gebhard fest. Der Trend schwindender Anbauflächen (vier bis neun Prozent seit 2016) müsse gestoppt werden.

Auch er sieht Handlungsbedarf für das Werk Offenau, weil man unter einer Verarbeitungsdauer von 120 bis 125 Tagen gegenüber den europäischen Wettbewerbern nicht mehr konkurrenzfähig ist. Das große Problem sind die Zuckerverkaufspreise (EU: 379 Euro/t Weißzucker). „Obwohl sie sich etwas gebessert haben, erreichen sie nicht das Niveau, um Rübenpreise auszubezahlen, die Spaß machen“. Die Preismisere hat in den vergangenen zwei Jahren bei Südzucker zu den tiefroten Zahlen in diesem Segment geführt (2018/19: minus 239 Mio. Euro, 2019/20: minus 236 Mio. Euro im operativen Ergebnis).

In dieser Situation habe die gute Aufstellung der weiteren Geschäftsfelder zur Stabilität des Unternehmens beigetragen. Die laufenden Strukturprogramme bei der Südzucker können zu weiteren Kosteneinsparungen bis knapp in den dreistelligen Millionenbereich beitragen, sagte Dr. Gebhard voraus.

30 Euro/t für die Basisrüben bewertet er momentan als Untergrenze für die Landwirte, um die Zuckerrübe weiterhin in der Fruchtfolge halten zu können. Gegenüber den Zeiten der Marktordnung sind auch in der Zuckerwirtschaft Änderungen und Anpassungen erforderlich, wie sie in landwirtschaftlichen Betrieben seit Generationen erfolgen, erklärt der VSZ-Vorsitzende.

Erntevorschau

Dr. Rainer Schechter von der Südzucker-Geschäftsleitung stellt zu Beginn der Kampagne für das Unternehmen insgesamt eine Ernteprognose im Durchschnitt von 74 t/ha. Nicht zufrieden zeigte er sich mit der unterdurchschnittlichen Vorschau für den Bereich des Offenauer Werks mit 68 t/ha. Der Südzucker-Manager unterstützt die Rübenoffensive für Offenau: „Es müssen alle Register gezogen werden, um die Anbauflächen zu erhöhen und neue Anbauer zu gewinnen.“

Am europäischen Zuckermarkt wird der Verbrauch mit 17,7 Mio. t aktuell höher eingeschätzt als die erwartete Produktion mit 16,5 Mio. t. Bei einer Nachfrage auf Vorjahresniveau würde dies auf einen unterversorgten Markt und Preisanstieg schließen lassen. Doch sei die künftige Nachfrage in Zeiten von Corona mit einem großen Fragezeichen verbunden, dämpfte Dr. Schechter allzu große Erwartungen. Im privaten Verbrauch habe sich der Verbrauch wegen Corona eher verschoben als vermehrt. Im industriellen Bereich zeigt sich eher Zurückhaltung, weil große Veranstaltungen nicht mehr stattfinden.

Die deutlich höhere Zuckerproduktion vor allem in Brasilien schlägt sich im Weltmarktpreis von rund 300 Euro/t nieder im Vergleich zu rund 400 Euro/t noch im Frühjahr. Infolge Corona und dem wirtschaftlichen Einbruch wurde in Brasilien sehr schnell von der Ethanol-Produktion auf Zucker umgestellt, berichtet Dr. Schechter. Dadurch habe sich das für 2020 erwartete große Defizit von 10 Mio. t auf dem Weltzuckermarkt rasch auf ein nur noch sehr geringes Defizit verkleinert.

Weichen gestellt

Mit den eingeleiteten Restrukturierungsmaßnahmen und der reduzierten Zuckerproduktion habe Südzucker die Weichen gestellt, um deutlich flexibler am Markt agieren zu können. Die Anbauer können von ihrem Unternehmen erwarten, dass es nicht unter Zugzwang zu niedrigen Weltmarktpreisen verkaufen muss. Es soll vielmehr jene Kunden aussuchen können, die ihm die besten Preise ermöglichen, versprach Dr. Schechter.

Er hob klar hervor, dass in den beiden letzten Jahren die Rübenpreise gestützt werden konnten, weil das Unternehmen in seinen anderen Segmenten Geld verdient hat. Ohne die ausbezahlte Rohstoffsicherungsprämie von sieben Euro und mehr wäre das Risiko für den Anbau in nicht gewohntem Umfang zu hoch gewesen. Diese Unterstützung sicherte Dr. Schechter den Rübenanbauern auch in Zukunft zu, wenn die Notwendigkeit dazu besteht.

Die Mitglieder, von denen Corona bedingt etwa 60 am 21. September 2020 in die Tiefenbachhalle nach Ilsfeld-Auenstein eingeladen waren, erteilten Vorstand und Geschäftsführung einstimmig Entlastung. Ebenso einstimmig votierten sie für die Verschiebung der Ausschuss-Wahlen ins nächste Jahr. 

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