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Hohenloher Molkerei

Das Jahr 2020 gut gemeistert

Die Novellierung der Milchgüterverordnung, eine Mitgliederbefragung zu den Haltungsformen sowie ein Blick auf das Unternehmen und auf den Milchmarkt waren wichtige Themen auf der ersten digitalen Milcherzeugerversammlung der Hohenloher Molkerei am 25. Februar. Über 250 Teilnehmer verfolgten die Konferenzschaltung aus dem Sitzungszimmer der Molkerei heraus live von zuhause aus an ihren Bildschirmen.

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  Die Hohenloher Molkerei sitzt seit 1956 in Schwäbisch Hall-Hessental und hat an dem Standort immer wieder kräftig investiert. Geplante Projekte derzeit sind unter anderen der Bau einer doppelgeschossigen Lagerhalle und eines neuen Blockheizkraftwerks im Jahr 2022.
Die Hohenloher Molkerei sitzt seit 1956 in Schwäbisch Hall-Hessental und hat an dem Standort immer wieder kräftig investiert. Geplante Projekte derzeit sind unter anderen der Bau einer doppelgeschossigen Lagerhalle und eines neuen Blockheizkraftwerks im Jahr 2022.Hohenloher Molkerei
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Das große Thema Corona beschäftigt auch die Hohenloher Molkerei. „Die Landwirtschaft wurde zwar als systemrelevant eingestuft, was allerdings vom Handel nicht honoriert wird“, kritisierte der Vorstandsvorsitzende Manfred Olbrich. Dabei habe die Molkerei alle notwendigen Vorkehrungen getroffen, um die Milchabholung und Milchverarbeitung während der Pandemiezeit sicherzustellen, was bislang auch sehr gut gelungen sei. Olbrich bedankte sich beim Führungsteam und den Mitarbeitern sowie bei allen Lieferanten für ihren Einsatz.

Der richtige Verwertungsmix

Mit ihrem Schwerpunkt auf Konsummilch, der H-Milch und der länger haltbaren Frischmilch, die im Wesentlichen über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) verkauft wird, ist die Hohenloher Molkerei im Corona-Jahr 2020 insgesamt gut gefahren. Ein Konzept, das sich einmal mehr als tragfähig erwiesen habe, hieß es. „Wir hatten 2020 den richtigen Verwertungsmix“, berichtete Geschäftsführer Martin Boschet. Die regionale Vermarktung der Milch sei schon immer wichtige Aufgabe der Molkerei gewesen, die mittlerweile der größte Hersteller von H-Milch in Süddeutschland sei sowie der größte Trinkmilch- und Butterhersteller in Baden-Württemberg. Bei aller Sympathie für mehr Regionalität müsse man aber auch aufpassen, die Dinge nicht zu kleinkariert zu betrachten, warnte Boschet. Der Geschäftsführer zeigte in seine Präsentation, dass sich das Einzugsgebiet der Molkerei über drei Bundesländer erstreckt und in Richtung Odenwald und in Richtung Osten in den vergangenen Jahren erweitert habe.

Herausforderndes Jahr 2020

In Schwäbisch Hall wurden im Jahr 2020 insgesamt 420 Mio. kg Milch verarbeitet, 406 Mio. kg kamen von den eigenen Mitgliedern, davon 402,3 Mio. kg konventionell erzeugte Milch und 3,8 Mio. kg Biomilch. Die Biomilch wird von der Molkerei Gropper, Bissingen, verarbeitet. Hergestellt hat die Molkerei im vergangenen Jahr 63,7 Mio. kg (+3 Prozent) Frischprodukte, 11.000 t Butter (+ 9 Prozent), 265,5 Mio. kg (+0,41 Prozent) H-Milch sowie Milchversand inklusive Magermilchkonzentrat 82 Mio. kg (+18,4 Prozent). Auf dem italienischen Markt habe man gegenüber früheren Jahren deutlich Marktanteile verloren. Der Milchversand gehe heute im Wesentlichen an deutsche Partnerbetriebe. Im März 2020 gab es eine Rekordmenge bei der H-Milch von 27,6 Mio. kg oder 7,7 Mio. kg mehr als im Februar. Der Umsatz stieg dadurch im März um 30 Prozent und ging April schon wieder um 22 Prozent zurück. Ähnlich schwankend lief es jetzt zum Jahreswechsel von Dezember auf Januar. Produktionstechnisch und logistisch sei es herausfordernd gewesen, diese extremen Schwankungen auszugleichen. Nach dem enormen Absatz von H-Milch im ersten Lockdown musste man danach Magermilchkonzentrat herstellen, um die Milch verwerten zu können. „Unsere Umkehrosmoseanlage hat uns gerettet,“ so Boschet.

Zufriedenstellendes Ergebnis

Aktuell sind bei der Hohenloher Molkerei 878 Milcherzeuger, mit im Schnitt 435.000 kg pro Betrieb. Der Umsatz der Molkerei erhöhte sich 2020 auf 225 Mio. Euro (Vorjahr: 217 Mio. Euro). Beim Milchpreis liegt man nach eigenen Angaben 2020 deutlich über dem Bundes- und auch über Landesschnitt und könne deshalb im Vergleich mit anderen durchaus noch zufrieden sein.

Der Druck wird immer höher

Dass die Milchpreise die Kosten der Erzeuger immer weniger decken, beunruhige sehr. „In Zukunft müssen die Margen für uns wieder besser werden“, forderte Olbrich. Insgesamt werde man den Eindruck nicht los, dass die Anforderungen an die Erzeuger und Molkereien in einer Dynamik auf die Branche zurollen, dass sie kaum noch zu bewältigen seien, lautete ein Statement im Live-Chat im Anschluss an die Vorträge. Vor diesen Hintergrund werde es auch für die Molkerei immer schwerer, Investitionsentscheidungen zu treffen. Umso wichtiger sei es jetzt, vor allem die jungen Landwirte zu motivieren und zu halten.

Ausreichende Übergangszeiten

Professor Johannes Holzner und Carsten Hümmer von der Hochschule Weihenstephan-Triesdorf bestätigten, dass Anbindehalter unbedingt eine Übergangsphase von fünf bis sieben Jahre benötigen und dass die Düngeverordnung massiv in die Wirtschaftlichkeit der Betriebe eingreife. Problem sei, dass sich die Anforderungen an die Betriebe insgesamt potenzieren würden. Holzner befürchtet einen deutlich beschleunigten Strukturwandel. Nach Modell-Berechnungen der Hochschule belaufen sich die Kosten durch die neue Düngeverordnung auf durchschnittlich 26 Euro pro ha beziehungsweise auf 182 Euro pro ha, wenn es sich um Flächen in einem Roten Gebiet handelt. Grundlage für die Berechnung ist ein 100 ha-Gemischtbetrieb mit 60 Kühen plus Nachzucht auf einem mittleren Ertragsstandort. Bei konkreten Berechnungen an sechs realen Betrieben lag die Spanne zwischen 87 und 291 Euro pro ha im Roten Gebiet. Im normalen (Grünen) Gebiet lagen die Verluste zwischen 9 Euro und 105 Euro pro ha deutlich geringer. Diese breite Spanne in den Ergebnissen zeige, dass hier auf jeden Betrieb unterschiedliche Herausforderungen zukommen würden, betonte Hümmer. Olbrich wies in diesem Zusammenhang auf den teuren Technikbedarf durch die Düngeverordnung gerade auch für kleinere Betriebe hin.

Mehr Vernunft auf allen Ebenen

Nach der Befragung durch das Triesdorfer Expertenteam, in der die Antworten von 882 Mitgliedsbetrieben ausgewertet wurden, liegt der Anteil der Betriebe mit Anbindehaltung bei rund 30 Prozent (277 Anbindehaltung, 78 Kombihaltung, 453 Laufstall, 74 Laufstall mit Weide). Ein Wert, der vergleichbar ist mit dem Anteil der Anbindehaltung in Bayern. Deutschlandweit waren 2020 nur noch 11 Prozent der Tiere in Anbindehaltung. Das seien etwa 3 Mrd. kg Milch. „Man darf diese Milch nicht abkanzeln, weil dann der Gesamtmarkt unter Druck gerät. Hier braucht es Vernunft auf allen Ebenen und lange Übergangsfristen,“ hieß es in der Diskussionsrunde im Chat.

Weitere Ergebnisse

Laut Umfrage dürfte sich die Zahl der Betriebe bei der Hohenloher Molkerei von heute 277 auf 157 in fünf bis sieben Jahren zurückgehen. Die Anbindehaltungsmilch dürfte sich in diesem Zeitraum von heute knapp 8 Prozent an der Gesamtmilch auf 4 Prozent halbieren. Interessant sei, dass sich diese Entwicklung in der Zukunft hin beschleunigen werde, weil man für die nun beginnende Planung genügend Zeit benötige. Deshalb sollte der Planungshorizont mindestens 5 bis 10 Jahre betragen, so die Empfehlung der Triesdorfer Wissenschaftler. Interessant auch: Von den 277 Betrieben in Anbindehaltung wollen 41 in den kommenden Jahren neu bauen oder umbauen. Druck für Veränderungen gebe es aber auch bei den Kombihaltern. Insgesamt wollten die meisten der Anbindehaltungsbetriebe ihre Produktion auslaufen lassen. Viele von ihnen fänden keinen Hofnachfolger, andere stünden wirtschaftlich zu stark unter Druck und/oder könnten an ihrem Standort nicht mehr weiterwachsen (keine Erweiterungsmöglichkeit).

Rückendeckung für alle Mitgliedsbetriebe

Dass die Molkerei solidarisch hinter ihren Betrieben mit Anbindehaltung steht, daran ließ Martin Boschet keinen Zweifel. Betriebe mit unter 100.000 kg Milch seien genauso wertvolle landwirtschaftliche Betriebe, die nichts dafürkönnen, dass sie ihre Tiere noch traditionell im Anbindestall halten. Hier stünde das Tierwohl genauso an erster Stelle wie in Betrieben mit modernen Laufställen, hieß es. Die Sorge, dass der LEH Milch aus Anbindehaltung künftig nicht mehr abnehmen könnte ist groß. Ein Szenario, dass man sich nicht vorstellen möchte, auf das man sich intern aber schon vorbereitet, zum Beispiel durch die Anschaffung weiterer Rohmilchtanks.

Hohe Margen für den LEL

Die Absenkung der Butterpreise durch den LEH im Januar hat die Hohenloher Molkerei hart getroffen und über einen Cent Milchgeld gekostet, berichtete Martin Boschet. Gleichzeitig habe sich der Verbraucherpreis für Butter kaum reduziert. Gewinner bei dieser Aktion sei der Handel gewesen, dessen Spanne sich hier in den vergangenen vier Jahren deutlich erhöht habe. Wegen dieser größeren Spannen könne es sich der Handel unter anderen auch mal leisten in Aktionswochen die Hofgut-Butter für 99 Cent das Päckchen anzubieten. Die Molkerei habe auf solche Aktionen keinen Einfluss. Dass der LEH Geld verdiene, sei in Ordnung, allerdings müssten die Bauern ebenfalls etwas von dem Kuchen abbekommen. „Der Butterpreis wird ab März deutlich hochgehen. Wir werden uns zurückholen, was wir im Januar verloren haben“, zeigte sich der Geschäftsführer zuversichtlich. Marktexpertin Monika Wohlfarth von der ZMB aus Berlin bestätigte in ihrem Vortrag, dass die Preisrückgänge Anfang Januar bei der Butter überzogen, vom Markt her so nicht gerechtfertigt waren und sich dies ab März aber auch wieder ändern dürfte. Sie zeigte, dass die Verbraucher preissensibel auf den Butterpreis reagieren. Bei hohen Preisen gehe der Absatz deutlich zurück. Die Margen für den Handel hätten sich im Laufe der letzten Jahre in der Tat deutlich vergrößert.

Höhere Milchmengen weltweit

In der EU-28 lag die Milchlieferung 2020 über dem Vorjahresniveau. Dies habe dazu geführt, dass der saisonale Preisanstieg für Spotmilch im Herbst 2020 ausblieb. Die Unsicherheit wegen des Brexits sei groß gewesen. Auch weltweit sei das Milchaufkommen stärker gewachsen, als erwartet (u.a. 1,9 Prozent in den USA). Dieses Wachstum habe neben den Auswirkungen der Pandemie dazu geführt, dass die Erzeugerpreise tendenziell zurückgegangen seien. Deutschlandweit liegt der Milchpreis 2020 bei 4,0 Fett nach ZMB-Schätzungen voraussichtlich bei netto 32,9 Cent (0,8 Cent weniger als 2019). Das sei schmerzlich für die Erzeuger, weil es der dritte Milchpreisrückgang in Folge ist.

Starkes Jahr für die Konsummilch

Die EU-Exporte 2020 seien bis auf Magermilchpulver in allen Bereichen gestiegen, bei Konsummilch, Butter, Käse, Sahne, Molkenpulver und Vollmilchpulver. Interessant sei auch, dass durch Corona im Jahr 2020 die Produktion von Konsummilch wieder deutlich zugelegt hätte, nachdem sie in den Jahren davor stetig zurückging. EU-weit stieg die Produktion von Konsummilch um 3,4 Prozent, in Deutschland lag das Plus bei mindestens einem Prozent. Beim Verkauf über den LEH gab es mengenmäßig ein Plus von 4,8 Prozent, wertmäßig um 10 Prozent. Aber auch von Sahne, und Joghurt, Quark, Käse im SB Bereich und Butter wurde mehr verkauft.

Steigende Preise 2021

Seit Jahresbeginn 2021 seien die Preise für Agrarprodukte deutlich gestiegen. Damit erhöhen sich auch die Futterkosten. Das wiederum werde wahrscheinlich dazu führen, dass die Milcherzeugung 2021 weniger stark wachsen wird als dies in den vergangenen Jahren der Fall war. Neben dem Futter steigen die Preise für die Energie (CO2-Bepreisung), die Umsetzung der Düngeverordnung kostet ebenfalls Geld, aber auch das Insektenschutzgesetz und ein höheres Tierwohl werde die Produktion verteuern. Steigende Ölpreise seien in der Vergangenheit übrigens immer auch ein Indikator, dass die Magermilchpulverpreise am Weltmarkt steigen. Positiv sei es, dass es im Corona-Jahr 2020 keine Einbrüche im Export gab, dass sich keine Bestände aufgebaut hätten und so die Aussichten wegen einer weltweit steigenden Nachfrage und moderaten Anlieferungsmengen für 2021 tendenziell positiv seien.

Neuigkeiten vom Milchprüfring

Dr. Markus Albrecht, Geschäftsführer des Milchprüfrings Baden-Württemberg, stellte die überarbeitete und ab 1. Juli gültige Rohmilchgüteverordnung (RohmilchGüt V) vor. Geändert wird der Umrechnungsfaktor von 1,02 auf 1,03. Der Fett/Eiweißwert-Mittelwert wird mengengewichtet. Die S-Klasse fällt weg, kann aber auf Molkereiebene weitergeführt werden. Eine bisherige sogenannte „Besserstellungsregelung“ bei Zell- und Keimgehalten in der Milch fällt ebenfalls weg. Neu geregelt ist auch die Definition der Betriebsstätten. Die weitestgehenden Veränderungen gibt es im Bereich Hemmstoffuntersuchung. Getestet werde die Milch auf bestimmte Antibiotikagruppen mit insgesamt 30 Einzelsubstanzen. Sechs dieser Gruppen würden über die regulären Hemmstofftests vier Mal im Monat untersucht. Tests in der Gruppe der Chinolone würden zwei Mal jährlich durchgeführt. „Der Aufwand für diesen Test ist hoch“, so Dr. Albrecht. Durch diese Erweiterung der Tests dürfte es grundsätzlich nur wenig mehr Positivfälle geben, denn fast 99,9 Prozent der Proben seien negativ. Einzelbetrieblich könne es beim ein oder anderen Betrieb zu weiteren Hemmstofffällen kommen. Über die beste Teststrategie auf dem Betrieb (Kuhprobe und/oder Tankprobe) sollte man sich informieren beziehungsweise mit dem Milchprüfring abstimmen. Ausführliche Informationen zur neuen RohmilchGütV versendet der Milchprüfring im Juni 2021.

Im Schlusswort bedankte sich der Aufsichtsratsvorsitzende Ralf Klenk bei allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Tagung. Er zeigte sich zuversichtlich, dass die Milchpreise 2021 wegen eines geringeren Angebots bei gleichzeitig stiegender Nachfrage wieder steigen könnten.


 

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