Geben Sie einen Suchbegriff ein
oder nutzen Sie einen Webcode aus dem Magazin.

Geben Sie einen Begriff oder Webcode ein und klicken Sie auf Suchen.
50 Jahre VdAW

Die richtigen Antworten

Der Verband der Agrargewerblichen Wirtschaft e. V. (VdAW), Stuttgart, wurde vor zwei Jahren 50 Jahre alt. Mitte November wurde das Jubiläum in Präsenz nachgeholt.
Veröffentlicht am
/ Artikel kommentieren
Artikel teilen:

Wilhelm Lohrmann ist Präsident des VdAW und Seniorchef eines Agrarhandelsunternehmens im Zollernalbkreis. Das ist Brauch beim süddeutschen privaten Agrargewerbe, dass ein praktizierender Unternehmer an der Verbandsspitze steht. Der 67-Jährige kennt die Sorgen und Nöte seiner Berufskolleginnen und -kollegen, die in unterschiedlichen Zweigen der Agrarwirtschaft tätig sind und beim VdAW in neun Fachgruppen zusammengefasst sind: Dazu gehören Landhandel, Getreidemühlen, Landtechnik, Motorgeräte, Lohnunternehmen, Wein, Fruchtsaft, Vieh- und Fleischwirtschaft. Zusammen bringt es der in Stuttgart ansässige Verband auf 1200 Mitgliedsfirmen.

In seiner Begrüßung in der Filderhalle in Leinfelden-Echterdingen ging Wilhelm Lohrmann auf die aktuelle Agrarpolitik ein. Nach seinem Geschmack ist sie nicht. Im Land, im Bund und in der Europäischen Union werde Bauern, Verarbeitern und Vermarktern eine zunehmend extensive Landwirtschaft gepredigt. Das lehnt der VdAW-Präsident ab, denn dieser Weg schade den Landwirten sowie ihren Vorlieferanten und ihren nachgelagerten Geschäftspartnern.

Extensivierung unerwünscht

„Wir befürworten die regionale Erzeugung, die regionale Vertragsproduktion und die regionale Vermarktung“, betonte Lohrmann. Aber „in unserer Region“ finde keine intensive Landwirtschaft statt und die Tierhalter pflegten einen ethischen Umgang mit ihren Tieren. Weitergehenden Extensivierungswünschen erteilte Lohrmann eine klare Absage.Auf Dünger und moderne Agrartechnologie zu verzichten, würde bedeuten, dass der Agrarstandort Süddeutschland substanziell geschwächt werde. Zudem werden mit einem solchen Vorgehen Lohrmann zufolge weitere Teile der Lebensmittelerzeugung ins preiswertere und weniger regulierte Ausland abwandern.

Auch das Stichwort Bürokratieabbau ist für den Kaufmann ein rotes Tuch. „Das ist eine Luftnummer geworden“, kritisierte er vor 160 Mitgliedern und Gästen in Leinfelden die zuständigen Behörden in Baden-Württemberg, in Deutschland und in der EU.

Nachhaltigkeit und Personal

Zu den aktuellen Arbeitsthemen des Verbands zählen die Schlagworte Nachhaltigkeit und Personal. Nachhaltigkeit spiele in prakisch alle Geschäftsbereiche hinein, wie Fachreferent Timo Schumann auf der Bühne erläuterte. Etwa in die Unternehmensfinanzierung, in die Logistik, in den Energiebezug, selbst in die Nachwuchsgewinnung. Nach seiner Einschätzung habe der Mittelstand höchstens noch ein Jahr Zeit, sich darauf einzustellen. Ohne eine betriebsbezogene Nachhaltigkeitsstrategie werde es in naher Zukunft nicht mehr möglich sein, öffentliche Fördermittel zu ergattern, mahnte Schumann.

Die Gewinnung neuer Mitarbeiter brennt auch dem privaten Agrargewerbe auf den Nägeln. Der Nachwuchs will heutzutage einer sinnstiftenden Arbeit nachgehen, nannte Fachreferent Samir Bendt eine der Anforderungen für Arbeitgeber. Künftige Mitarbeiter legten Wert auf eine vielseitige Ausbildung beziehungsweise auf eine abwechslungsreiche Tätigkeit. Umweltverträgliche CO2-Bilanzen, Nachhaltigkeit und ein gutes Image des Arbeitgebers seien weitere Aktivposten für die Personalsuche.

Fünf Jahrzehnte im Fokus

Breiten Raum nahm an diesem Verbandstag die Rückschau auf fünf Jahrzehnte Verbandsgeschichte ein. Bekannte Persönlichkeiten aus der baden-württembergischen Agrarwirtschaft wie der verstorbene Landwirtschaftsminister Gerhard Weiser kamen darin ebenso vor wie zahlreiche persönliche Erfahrungen, die von Zeitzeugen in Erinnerung gerufen wurden. Etwa der Anlass für die Gründung des Verbandes.

Gut 25 Jahre nach dem Zweiten Weltkrieg waren die landwirtschaftlichen Genossenschaften im Land bereits wieder gut organisiert. Das private Agrargewerbe hingegen nicht. Bei den EU-Fördermitteln beispielsweise oder in der landwirtschaftlichen Berichterstattung hatten die Privaten oft das Nachsehen, wusste der frühere und langjährige Geschäftsführer Erich Reich. Das änderte sich mit der Gründung des Verbandes im Jahr 1970. Dem VdAW gelang es in den Folgejahren zunehmend Brüsseler Gelder an die Mitglieder seiner zahlreichen Fachgruppen zu lotsen.

Der Zeitzeuge Helmut Heydt (80) aus Aulendorf, landwirtschaftlicher Lohnunternehmer im Ruhestand, begleitet den Verband seit der Gründung. Heydt erinnerte daran, dass es in den Anfangsjahren darum ging, die Wettbewerbssituation zu verbessern. Deshalb wurde eine Organisation mit hauptamtlichen Mitarbeitern geschaffen, die den Mitgliedsfirmen Schulungen in Unternehmens- und Buchführung vermittelte oder in ihrem Namen Anträge für Brüsseler Fördergelder formulierte. Offensichtlich hatten die Gründerväter und ihre Nachfolgenden vieles richtig gemacht: Egal wie die Zeiten waren, der VdAW habe immer versucht, die richtigen Antworten für seine Mitglieder zu finden, hieß es mehrfach anerkennend bei dem Jubiläumsverbandstag in der Filderhalle.

Besondere Ehrung

Wilhelm Neyer aus Bad Waldsee, von 1999 bis 2021 Vorsitzender der VdAW-Fachgruppe Landtechnischer Handel, wurde beim Verbandstag eine besondere Ehrung zuteil. Der gelernte Schmid, Landmaschinenmechanikermeister und frühere Geschäftsführer der Neyer Landtechnik erhielt für sein besonderes und langjähriges Engagement die VdAW-Ehrennadel. Präsident Wilhelm Lohrmann steckte dem 74-Jährigen das Ehrenzeichen persönlich ans Revers. 

Mehr zum Thema:
0 Kommentare
Was denken Sie? Artikel kommentieren

Zu diesem Artikel liegen noch keine Kommentare vor.
Schreiben Sie den ersten Kommentar.

Artikel kommentieren
Was denken Sie? Artikel kommentieren
Ort ändern

Geben Sie die Postleitzahl Ihres Orts ein.