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Süddeutschen Butter- und Käsebörse

Wertvolle Informationen für die Milchwirtschaft

Zu ihrer Jahresversammlung trafen sich Mitglieder und Gäste der Börse am 12. Juli in Kempten. „Nichts ist so beständig wie der Wandel“, lautete die Überschrift im Vortrag von Dr. Valentin Sauerer, der im vergangenen Jahr zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Die Börse, die vor zwei Jahren ihr 100-jähriges Jubiläum feierte, muss ihr Notierungswesen auf digitale Prozesse umstellen und sich immer wieder neu auf die Bedürfnisse ihrer Mitglieder ausrichten, um weiterhin zukunftsfähig zu bleiben.  

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Borlinghaus
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Wie Dr. Valentin Sauerer berichtete, haben Rekordinflation und steigende Kosten die Milchbranche im Berichtsjahr 2022 „erheblich beeinflusst“. Milchpreise von über 60 Cent hätten selbst erfahrene Börsianer so nicht vorhergesehen und in Folge dieser Preissteigerungen habe sich der Absatz über den Lebensmitteleinzelhandel (LEH) deutlich verringert, so Sauerer. Ein Phänomen, das innerhalb nur weniger Monate deutlich spürbar wurde und das Sandra Mühlbauer von der Bayerischen Landesanstalt für Landwirtschaft (LfL) im Hauptvortrag näher erläuterte.

Weidemilch ist im Kommen

Höhere Preise für Milch und Milchprodukte haben 2022 mit dazu geführt, dass sich nach den Zahlen der ZMB und dem Nielsen Handelspanel der Absatz von Butter im Berichtsjahr um 8,7 Prozent gegenüber dem Vorjahr verringert hat, bei Konsummilch waren es 6,4 Prozent und bei SB-Käse 4,8 Prozent weniger. Gleichzeitig jedoch haben sich die Umsätze, mit Ausnahme an der Käsetheke, in allen Produktgruppen (nominal) deutlich erhöht. Beim Verbrauchsrückgang von Konsummilch im Jahr 2022 fällt auf, dass die Biomilch mit minus 10,1 Prozent (Vorjahr: +3,6 Prozent) überdurchschnittlich stark zurückgeht und die Weidemilch mit plus 32,2 Prozent deutlich zugelegt hat. Dies ist ein Trend, der sich im laufenden Jahr so weiter fortsetzen dürfte. Hat der Absatz von veganen Ersatzdrinks 2021 noch um 25,3 Prozent zugelegt, ging das Wachstum 2022 auf nur noch plus 7,3 Prozent zurück.

Hoher Angebotsdruck im laufenden Jahr

Bei der Preisbildung spielten im vergangenen Jahr neben dem Angebot und der Nachfrage sicherlich auch psychologische Effekte mit rein, ist sich Mühlbauer sicher. Vor diesem Hintergrund sei es auch in diesem Jahr schwierig, Voraussagen zu treffen, wie sich der Milchauszahlungspreis entwickeln wird. Zumal es den einen Milchpreis ihrer Einschätzung nach so gar nicht gebe, vielmehr würden hier viele Faktoren eine Rolle spielen, die Sache sei äußerst komplex. Die Milchanlieferung lag in Bayern von Januar bis April 2023 um 3,4 Prozent (plus 3,0 Prozent bei konventionell erzeugter Milch und plus 7,9 Prozent Öko-Milch) über dem Vergleichszeitraum im Vorjahr. Dies macht den hohen Angebotsdruck deutlich, der durch höhere Fett- und vor allem Eiweiß-Inhaltsstoffe nochmals verstärkt wird und der bis heute anhält.

Historische Höchststände

Bemerkenswert war der Jahresverlauf 2022 am Buttermarkt. So hat die Notierung für Blockbutter, die auch als Vorreiter für die Preise bei der 250-g-Butter gilt, erstmals die Marke von 6,50 Euro pro kg übertroffen. Im März 2022 notierte die Blockbutter 7,20 Euro – ein Rekordwert in der über 100-jährigen Börsengeschichte. Bei der Markenbutter 250 g kletterte die Notierung dann im April und Mai auf über 7,70 Euro pro kg. Seit Februar 2023 pendeln die Preise wieder bei 5 Euro. Und auch die Preise für Vollmilch- und Magermilchpulver und für Süßmolkenpulver stiegen auf ein unerwartet hohes Niveau. Damit hat man auch die bisherige Preisspitze aus dem Jahr 2007 hinter sich gelassen. Im zweiten Halbjahr sanken die Preise für Molkenpulver beinahe im freien Fall und landeten wieder auf dem Niveau der vergangenen Jahre, so Geschäftsführer Clemens Rück.

Hohe Volatilität an den Produktmärkten

Die Sorge um den Ukrainekrieg beflügelte die Volatilität der Märkte. Bei Vollmilchpulver hat sich der Abstand zu den übrigen Pulversorten bis zum Sommer 2022 deutlich vergrößert, weil wohl die Fettpreise in diesem Zeitraum explodiert sind. Und nach dem Preisrückgang in der zweiten Jahreshälfte fand erst im laufenden Jahr wieder die Preisstabilisierung statt. Ob Zufall oder nicht: Interessant ist, dass die Preiskurven über die vergangenen 23 Jahre von Erdöl und Magermilchpulver in weiten Teilen fast deckungsgleich verlaufen, was sicherlich mit den Energiekosten zusammenhängen dürfte. Interessant ist auch die Betrachtung mehrerer Jahre bei Magermilchpulver, Süßmolkenpulver, Emmentaler Käse und Deutsche Markenbutter. Während die Preise bei Butter und MMP deutlich schwanken, gab es bei Emmentaler und Süßmolkenpulver einen kontinuierlichen Preisanstieg über die Jahre 2001 bis heute.

Grundlage für einen funktionierenden Markt

Sauerer dankte seinem Vorgänger im Amt, Ministerialrat a.D. Heinz Hahn, für dessen langjährige Tätigkeit als Börsenvorsitzender. Hahn sei es erfolgreich gelungen, den Rechtsrahmen für das Notierungswesen aktiv mitzugestalten. In dessen Amtszeit fiel die Etablierung der bundesweiten Notierungen und die Umstellung der Finanzierungsbasis für die Börse, nachdem die milchwirtschaftliche Umlage abgeschafft wurde. Die wöchentlichen Notierungen und Markteinschätzungen bieten allen Marktteilnehmern eine wichtige Orientierung. Und die von der Börse bereitgestellten Daten dienen angefangen bei den gesetzlichen Vorgaben der Meldeverordnungen unter anderen an die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) bis hin zur Datengrundlage für die EEX, den Kieler Rohstoffwert und ife-Börsenmilchwert sowie den vielen Milchkäufern und -verkäufern als Basis für Preisverhandlungen und Kontraktabschlüsse. „Diese Informationen stellen sicher, dass der Markt funktioniert“, so Sauerer.

Neues vom Geschäftsbetrieb

Derzeit stünden Überlegungen im Raum, bestimmte Daten künftig auch kostenpflichtig bereitzustellen. Schließlich verfügt die Börse über ein einmaliges historisches Datenmaterial, das man möglicherweise gemeinsam mit Finanzierungspartnern erfolgreich vermarkten könnte.  Klar ist, dass die Bereitstellung der Informationen auch Geld kostet. Zwar lassen sich mithilfe von Online-Konferenzen Kosten sparen. Gleichzeitig aber nehmen auch die Service-Kosten für die IT zu und der Finanzierung der Börse als gemeinnützigem Verein über die Länder Bayern, Baden-Württemberg und Sachsen sind enge Grenzen gesetzt. „Im Jahr 2022 wurde der Zweck der staatlichen Zuwendung, nämlich die Deckung des Personalaufwandes und des Unterhalts der Börse, vollumfänglich erreicht“, zeigte sich Geschäftsführer Clemens Rück mit dem Geschäftsverlauf zufrieden. Erweitert wurde im Berichtsjahr die Molkenpulverkommission um jeweils einen Sitz auf der Verkäufer- und der Käuferseite. Zudem wurde das Meldegebiet bei der Blockbutter auf alle EU-Länder ausgeweitet, um noch bessere Zahlen für die Notierung zu bekommen.

Diskussion um Biomilch

Angesichts der Kaufzurückhaltung bei den Konsumenten und gleichzeitig mehr ökologisch wirtschaftenden Betrieben ist der Absatz von Biomilch ins Stocken geraten. In der anschließenden Diskussion kam die Frage auf, wie viel von der Biomilch aktuell als konventionelle Milch verarbeitet werden muss. Die Antwort auf diese spannende Frage allerdings sollte nach Ansicht eines Mitglieds besser nicht in konkreten Zahlen veröffentlicht werden, weil solch sensible Daten die Verhandlungsposition der Molkereien gegenüber dem Handel schwächen würden, so die Befürchtung. Offenkundig scheint der Biomarkt nicht mehr so abgekoppelt zu sein vom konventionellen Markt, wie es früher schon eine Zeit lang der Fall war. Ende 2022 waren die beiden Milchsorten preislich fast gleichauf. Mittlerweile ist der konventionelle Preis zwar wieder deutlich stärker zurückgegangen als der Biomilchpreis. Doch auch der Biopreis kann sich diesem Rückgang nicht entziehen, weil die rentable Verwertung bei Bio momentan nicht für die gesamte Milchmenge erfolgreich ist.

Grußworte und Schlusswort

Grüße von Oberbürgermeister Thomas Kiechle für die Stadt Kempten überbrachte Erna-Kathrein Groll, die dritte Bürgermeisterin der Stadt. Die Stadt ist stolz auf die Börse, auch als Teil des wichtigen Kompetenzzentrums für Milchwirtschaft in Deutschland. „Ohne Milch und Käse wären wir im Allgäu aufgeschmissen“, so Groll. Sie lobte den Gestaltungswillen der Börsianer und lud Mitglieder und Gäste zur Allgäuer Festwoche Mitte August ein.  

„Die Stärke der süddeutschen Milchwirtschaft im europäischen und weltweiten Wettbewerb ist auch der konsequenten Marktbeobachtung und Transparenz der Börse zu verdanken“, lobte Lea May, Referentin für tierische Märkte am Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz (MLR). Vom Leitsatz der Börse „Wahrheit und Klarheit“ profitiere nicht nur die Vermarktung, vielmehr werde durch die Notierungen auch die Planbarkeit für die ganze Branche verbessert, was gerade in unsicher Zeit besonders wertvoll ist. Der Klimawandel werde auch den Milchmarkt zunehmend beeinflussen, sagte May voraus.  Allein im vergangenen Jahr haben sich die Milchprodukte um rund 25 Prozent verteuert. „Ich hoffe, dass sich nach den Preissenkungen 2023 auch die Nachfrage belebt, sodass sich der Milchmarkt wieder stabilisiert“, so May. Sie ermunterte die Börse ihre Kommunikation auch in Richtung Milcherzeuger weiter zu verbessern und auf eine noch breitere Basis zu stellen.

Im Schlusswort dankte Dr. Markus Albrecht, der stellvertretende Vorsitzende der Börse, den Mitgliedern für deren Zusage, das Notierungswesen weiter zu unterstützen. Für das Börsen-Team sei es ein starkes Signal, dass die Daten und Marktberichte im Tagesgeschäft der Unternehmen ihre Anwendung finden und dort auch im Sinne eines funktionierenden Marktes regelmäßig benötigt werden.  

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