Mittelbaden erwartet mehr Früchte als üblich
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Bei herber Frische und strahlender Sonne eröffnete Magdalena Ziegler, Baden-Württembergs neu gekürte Erdbeerkönigin, die anlaufende Saison. Die ersten Anlieferungen aus den wärmenden Tunneln konnte der örtliche Obstgroßmarkt Mittelbaden (OGM) bereits am 11. April empfangen. Insgesamt wird in diesem Jahr bei der Genossenschaft eine leicht überdurchschnittliche Erdbeerernte erwartet. Wegen der ausgeprägten Wetterschwankungen und der Niederschlagsneigung muss diese Voraussage allerdings unsicher bleiben.
Drei Viertel der knapp 2000 Hektar Anbaufläche in Baden-Württemberg befindet sich im ungeschützten Freiland. Dort wird das Aufkommen wahrscheinlich ab dem 12. Mai anlaufen. Zu den Tunnelflächen kündigte der Präsident des Landesverbandes Erwerbsobstbau (LVEO) Franz Josef Müller an, dass dort jetzt 20 Prozent weniger Pflanzenschutzmittel eingesetzt werden als in den bisherigen Anbaujahren.
Genossenschaft kooperiert
Neu in diesem Jahr ist auch die enge Kooperation zwischen dem OGM und der Vermarktungsorganisation Fruitfels. Das Unternehmen mit Sitz in Oberkirch-Tiergarten hat den Fruchtabsatz des OGM vollständig übernommen. Die neue Kooperation mit einem Vermarktungsunternehmen ist gleichbedeutend mit der Abkehr von der bisherigen, rein genossenschaftsbezogenen Strategie. Die vormalige Zusammenarbeit des OGM mit der Bruchsaler Obst-und Gemüse Vertriebsgenossenschaft (OGV) war im vergangenen Februar aufgekündigt worden.
Fruitfels ist ein Tochterunternehmen des westfälischen Mutterkonzerns Frutania. Dieser erzielt nur die Hälfte seines Umsatzes mit Herkünften aus Deutschland. Markus Schneider, dessen geschäftsführender Inhaber, verbreitete in Lautenbach dennoch viel Optimismus: Der Lebensmitteleinzelhandel (LEH) in Deutschland sei gegenüber seinen Lieferanten mit inländischer Ware „sehr paritätisch gestimmt“, weshalb deutsche Erzeugnisse in den Verbrauchermärkten gut platziert den Konsumenten angeboten werden können.
Weiterhin unter Kostendruck
Indirekt gab der Vermarktungsexperte aber auch eine Warnung aus: Er verwies auf laufende Veränderungen in der Kostenstruktur der Obsterzeuger. Für die heimischen Himbeererzeuger beispielsweise sei die Produktion durch die Lohnentwicklung sehr teuer geworden. Herkünfte aus Polen oder Marokko könnten erheblich preiswerter angeboten werden. „Jetzt müssen wir den Konsumenten klar machen, dass die Mehrausgaben für unsere guten Produkte gerechtfertigt sind“, erläuterte er. Bei den Erdbeeren habe in den zurückliegenden Wärmtagen Sorge bestanden, dass die Freilandherkünfte so schnell heranreifen, dass die kostenintensive Tunnelware bei den Erzeugern nicht mehr ausreichend entlohnt werden kann. Jetzt, mit der aktuellen Temperaturentwicklung, sieht Schneider dem weiteren Saisonverlauf entspannter entgegen.
Landwirtschaftsminister Peter Hauk setzte angesichts der Frostwahrscheinlichkeiten hinzu, dass der Landeszuschuss zur Ernteversicherung weiterhin aufrecht erhalten bleibe und bis 2027 gesichert sei. Für eine Erhöhung des Fördersatzes biete der Landeshaushalt keinen Spielraum, auch wenn sich in Folge der Schadensbilanz die Jahresbeiträge für die Erzeuger deutlich nach oben entwickelt hätten.
Steigende Kaufkraft
Mit Blick auf die anlaufende Erdbeersaison betonte der Minister, dass jetzt, mit der Überwindung der Nach-Coronazeit und mit dem Abschluss von großzügigen Tariflohnerhöhungen in vielen Branchen eine zusätzliche Kaufkraft bei den Verbrauchern geschaffen wurde. Hauk ist deshalb optimistisch, dass damit in dieser Saison auch mehr Kaufbereitschaft bestehen wird für die heimischen Herkünfte. Er bezeichnete die Erdbeere als ein „baden-württembergisches Marktenzeichen für die Regionalität und auch für die Saisonalität.“ Er wünschte sich dazu einen „saisonalen Spannungsbogen“ im Bewusstsein der Konsumenten. Sie sollten sich auf diejenigen Frischeerzeugnisse konzentrieren, die im Inland gerade reif sind.
Etwas anders dagegen argumentierte Markus Schneider: Er forderte ein nachfragebezogenes Vorgehen bei Erzeugern und Vermarktern. Frutania betreibe pro Fruchtart eine zeitlich kontinuierliche Märktebeschickung auf nationaler und internationaler Ebene - neben der Regionalität. Der Import von frischem Obst und frischem Gemüse aller Art sei daher ein fester Bestandteil des konzerneigenen Vermarktungskonzeptes.
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