
Chancen und Risiken neuer Technologien
Rund 86 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland setzen bereits heute digitale Technologien ein. Über Chancen und Risiken dieser Technologien diskutierte die Branche auf dem Agrartag der Volks- und Raiffeisenbanken (VR) im hohenlohischen Künzelsau.
von BWGV erschienen am 27.11.2025Die Digitalisierung ist in der Landwirtschaft angekommen. Nach einer aktuellen repräsentativen Befragung des Bundesministeriums für Landwirtschaft, Ernährung und Heimat (BMLEH) setzen bereits rund 86 Prozent der landwirtschaftlichen Betriebe in Deutschland digitale Technologien ein – von Sensortechnik über GPS-gesteuerte Maschinen bis hin zu datenbasierten Farm-Management-Systemen. Weitere neun Prozent planen in den kommenden Monaten Investitionen in neue digitale Anwendungen.
Moderne Branche
„Diese Zahlen zeigen: Die Branche ist modern, setzt auf Innovationen und investiert in Zukunftstechnologien. Künstliche Intelligenz, Robotik und digitale Technologien tragen schon heute wesentlich dazu bei, dass die Landwirtschaft stetig effizienter, produktiver sowie ressourcen- und umweltschonender wird“, betonte Dr. Ulrich Theileis, Präsident des Baden-Württembergischen Genossenschaftsverbands (BWGV).
Anlässlich des VR-Agrartags der Volksbanken und Raiffeisenbanken am 25. November in Künzelsau macht Theileis deutlich: „Genossenschaften sind wichtige Innovationstreiber. Sie bieten mit ihrem Prinzip der Kooperation ideale Voraussetzungen, neue Technologien in den Betrieben einzuführen und bestmöglich einzusetzen. Mehr als ein Drittel der landwirtschaftlichen Betriebe in Süddeutschland setzen digitale Technologien gemeinsam mit anderen Betrieben oder über Maschinenringe ein.“
Schneller, besser und leichter
Nach der BMLEH-Umfrage werden insbesondere Zeitersparnis (61 Prozent), eine höhere Produktionseffizienz (58 Prozent) und körperliche Entlastung (50 Prozent) als zentrale Vorteile der Digitalisierung gesehen. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse auch die Herausforderungen: 73 Prozent der Betriebe sehen in hohen Investitionskosten ein Hindernis, 62 Prozent beklagen bürokratische Hürden. Theileis: „Die Politik ist gefordert, über gezielte Förderung und schlanke Strukturen geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen.“
Unter dem Titel „Zukunftsfähig LandWirtschaften“ diskutierten Landwirtinnen und Landwirte sowie Vertreterinnen und Vertreter der Volksbanken und Raiffeisenbanken aus ganz Baden-Württemberg im Carmen Würth Forum in Künzelsau über innovative Ideen und die Chancen und Risiken neuer Technologien. Praxisnah und wissenschaftlich fundiert wurde erörtert, welche Potenziale intelligente Technologien bieten.
Kleineren Betrieben helfen
Die digitale Transformation ist allerdings nicht nur eine technische Frage. Sie wirft auch Herausforderungen auf – etwa im Hinblick auf Datenschutz, Schnittstellen, Kosten oder Qualifikation. „Gerade kleinere Betriebe brauchen Unterstützung, um Zugang zu Zukunftstechnologien zu erhalten“, betont Theileis. „Innovationen dürfen nicht nur großen Unternehmen vorbehalten bleiben, sondern müssen auch Familienbetrieben und regionalen Produzenten zugutekommen.“
Darüber hinaus wurde auf dem VR-Agrartag klar herausgearbeitet: Der Mensch steht nach wie vor im Mittelpunkt – Technik ist nur dienend. Theileis: „Neue Technologien können Landwirtinnen und Landwirten helfen, Entscheidungen fundierter zu treffen, Arbeitsprozesse zu vereinfachen und Kosten zu senken. Aber sie ersetzen nicht das Wissen, die Erfahrung und das Verantwortungsbewusstsein der Landwirtinnen und Landwirte. Technik ist ein Werkzeug – kein Selbstzweck.“
Impulse aus Wissenschaft und Praxis
Prof. Dr. Martin Atzmüller (Universität Osnabrück) stellte in seinem Vortrag „Wie verändern Künstliche Intelligenz und Robotik die landwirtschaftliche Praxis?“ die Potenziale der Technologie heraus – von Effizienzsteigerung bis Ressourcenschonung. Er machte deutlich, dass Künstliche Intelligenz und Robotik konkrete Lösungen für aktuelle Herausforderungen der Betriebe bieten können.
Uli Ernst, Bioland-Landwirt aus Utting am Ammersee und Trainer an der Andreas-Hermes-Akademie, schlug in seinem Vortrag „Wie ich mit Haltung und Innovation meinen Weg finden und gehen kann!“ die Brücke zwischen Praxis und Persönlichkeitsentwicklung. Eine innovationsfreundliche Haltung sei entscheidend, um betriebliche Veränderungen erfolgreich umzusetzen. „Nachhaltige Innovation beginnt mit der eigenen Haltung“, so Ernst.
Tanja Müller-Heinrich führt mit ihrem Mann einen Familienbetrieb in Bönnigheim-Hohenstein, der Ackerbau, Weinbau und innovative Zusatzangebote verbindet. Mit dem Einsatz alter Getreidesorten, pilzwiderstandsfähiger Rebsorten und vielfältiger Fruchtfolgen zeigt sie, wie ökologisches Bewusstsein und betriebliche Resilienz zusammengehen können. Gleichzeitig öffnet sich der Betrieb nach außen – etwa durch Weinerlebnisführungen oder Bildungsarbeit im Rahmen des Projekts „Lernort Bauernhof“. Auf dem Agrartag sprach sie über „Mit Innovation und Weitblick die Zukunft gestalten“.
Eine Podiumsdiskussion unter Moderation von Tamara Elbl (BWGV) mit allen Referentinnen und Referenten sowie künstlerische Einlagen von Fidelius Waldvogel rundeten das rund vierstündige Programm ab.
Insgesamt haben in diesem Herbst drei BWGV-Agrartage mit dem gleichen Programm stattgefunden: Neben Künzelsau machten die Agrartage auch Station in Sigmaringen und Laupheim.








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