Zukunft ohne Hof
Das Schuljahr ist zu Ende. Für viele Schüler und Auszubildende endet damit ein Lebensabschnitt. So geht es auch Landwirtsgesellin Constanze Knaupp. Sie beendet demnächst ihre Ausbildung will jetzt durchstarten.
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Constanze Knaupp hat keinen eigenen Betrieb. Es ist ein schöner sonniger Nachmittag als ich sie treffe. Kräftige Kälber stehen vor den Iglus auf der Wiese zwischen Stall und Haus. Gierig warten sie auf ihr Futter. Da naht die Erlösung: Constanze Knaupp kommt mit einem Eimer warmer Milch vom Stall herunter.
Eine Zukunft ohne eigenen Hof
Seit zwei Jahren macht die 21-jährige eine landwirtschaftliche Lehre auf dem Haselhof in Eintürnen, Landkreis Ravensburg. 120 melkende Kühe stehen auf dem Grünlandbetrieb. Zuhause ist Constanze in Adelmannsfelden im Ostalbkreis. „Die Zeit war schwer, da ich nur jedes zweite Wochenende nach Hause zu meinem Freund fahren konnte. Ich hatte Heimweh, aber es hat sich gelohnt, ich bin in der Ausbildung eigenständiger geworden.“ Auf dem Haselhof betreut Constanze mittlerweile selbständig die Kälberaufzucht. „Ich bin froh, dass mein Chef mir so viel Vertrauen entgegenbringt.“ Gerade hat sie an der Berufsschule in Leutkirch ihre theoretische Prüfung hinter sich gebracht: „Es lief gut“, sagt sie. Das Ende der Ausbildung ist nahe. Nur noch die praktische Abschlussprüfung in wenigen Tagen fehlt. Doch, was kommt danach?
„Mich begeistert mein Beruf“, sagt Constanze, „Landwirtin wollte ich schon werden, seit ich denken kann. Auf dem Betrieb meiner Großeltern war ich als Kind schon beim Melken dabei.“ In der Schulzeit machte sie ein Praktikum auf einem modernen Milchviehbetrieb mit Embryonentransfer. „Das war spannend.“ Mit 13 Jahren wollte sie eine kurze Zeit lang Friseurin werden, aber sonst stand immer die Landwirtschaft an erster Stelle. „Was genau ich nach meiner Lehre mache, wusste ich trotzdem bis vor kurzem nicht.“
„Man darf sich aber keine romantischen Vorstellungen machen“
Verschiedene Optionen wägte sie ab: Die Arbeit als Betriebshelferin wäre ihr emotional zu belastend, da man ständig auf neue schwierige Verhältnisse auf Betrieben trifft. Einen Meister zu machen oder zu studieren kommt für Constanze momentan auch nicht infrage. „Ich bin nicht so der Schultyp, sondern praktisch veranlagt. Wie man einen neuen Traktor bedient, verstehe ich durch ausprobieren.“ In ein paar Jahren kann sie sich gut vorstellen, gemeinsam mit ihrem Freund dessen elterlichen Milchviehbetrieb im Ostalbkreis zu leiten.
Längst haben die Kälber die Eimer leergesaugt. Constanze verteilt noch etwas Heu. Im Stall nebenan warten noch weitere Jungtiere auf ihr Futter.
Ab September hat sie nun erstmal eine Festanstellung auf einem Milchviehbetrieb daheim im Ostalbkreis gefunden. „Ich freue mich schon sehr darauf. Da habe ich dann auch meine erste eigene Wohnung.“ Bei ihren künftigen Arbeitgebern hat sie einfach angerufen und wurde eingeladen vorbeizukommen. „Als ich auf den Hof kam, haben sie mich nach zehn Minuten Gespräch eingestellt.“ Samstags, wenn sie zuhause ist, hilft sie schon auf dem Betrieb aus: „Es harmoniert“, sagt Constanze glücklich. Wichtig war ihr, mit Milchvieh zu arbeiten. Eingesetzt wird sie dort in allen Bereichen und nimmt auch am Familienleben teil. Das gefällt ihr: „Die Kinder der Familie freuen sich wahnsinnig auf mich.“
Landwirtschaft ist eine Lebensaufgabe
Ihre eigene Familie, die Eltern und ihre drei Schwestern, sind in Bezug auf ihre Berufswahl gespalten. „Mein Vater arbeitet selbst im landwirtschaftlichen Gewerbe und findet meine Entscheidung gut.“ Ihre Mutter hat Vorbehalte gegenüber den Generationenkonflikten auf landwirtschaftlichen Betrieben. Die beiden jüngsten Schwestern sind begeistert und kommen sie gerne bei der Arbeit besuchen. Ihre 19-jährige Schwester kann wenig mit der Berufswahl anfangen, sie macht gerade eine Ausbildung zur Hotelfachfrau.
Constanze liebt ihren Beruf. „Man darf sich aber keine romantischen Vorstellungen machen“, betont sie. Viele Mitschüler in der Berufsschule haben nach kurzer Zeit aufgehört. „Landwirtschaft ist kein Job, sondern eine Lebensaufgabe. Eine Milchkuh kann zu jeder Uhrzeit kalben. Einen Achtstundentag gibt es nicht. Zudem ist jeder Betrieb verschieden und jeder arbeitet anders.“
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