Unkraut vergeht, Knolle besteht
Herbizide im Vorauflauf schlagen an, wenn Landwirte die Unkräuter auf den Flächen kennen. Das Timing des Spritzens und feinkrümelige Dämme sind ebenso wichtig. Im Nachauflauf gilt es, Stress für Knollen und Blätter zu umgehen. Hans-Jürgen Meßmer vom Landwirtschaftlichen Technologiezentrum (LTZ) Augustenberg erklärt den Weg zur maßgeschneiderten Herbizid-Strategie.
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Gesunde Bestände beginnen bei der Fruchtfolge. Disteln und Ackerwinde sind hartnäckig, weshalb Anbauer sie über die Fruchtfolge am besten bekämpfen. Gegen viele Unkräuter gibt es aber passende Mittel. Wo triazinresistente Unkräuter wachsen, kommen Landwirte aber nicht um Mischungen aus unterschiedlichen Wirkstoffen herum.
Metribuzinhaltige Mittel (Arcade, Sencor Liquid und Mistral) wirken nicht mehr umfassend gegen Melde- und Gänsefußarten sowie gegen Kreuzkraut, Amarant und Schwarzer Nachtschatten. Mischungen mit Bandur wirken gegen resistente Melde- und Gänsefußarten. Wie Anbauer Bandur nutzen und kombinieren, steht im Merkblatt zum Integrierten Pflanzenschutz 2017. Das Merkblatt stellt die Wirkstärke der Bandur-Mixe gegen verschiedene Unkräuter dar. Die Feuchte und der Humusgehalt des Bodens entscheiden, wie gut Herbizide im Vorauflauf (VA) wirken.
Mischen bringt Sicherheit
Spritzfolgen oder Mischungen mit einer Vielzahl an Wirkstoffen sind vor allem bei Trockenheit sicherer als einmaliges Spritzen mit einem Mittel. Bandur sowie clomazonhaltige Produkte wie Centium, Metric oder Novitron brauchen weniger Bodenfeuchte. Produkte mit Clomazone dürfen nicht in Pflanzkartoffeln, vorgekeimten Kartoffeln und Kartoffeln unter Folie eingesetzt werden. Diese Mittel beinhalten das Risiko eines vorübergehenden Aufhellens. Das LTZ prüfte Auswirkungen von Clomazone. Nach der Anwendung regnete es stark, die Schäden wuchsen sich nach drei Wochen nahezu aus. Ertrag und Stärkegehalt waren unverändert.
In Zukunft kommen voraussichtlich oft Mischungen dreier ungleicher Wirkstoffe im VA zum Einsatz. Dazu zählen Dreier-Kombinationen wie Bandur 2,0 Liter pro Hektar (l/ha) + Metric 1,0 l/ha oder Novitron 2,0 kg/ha + Sencor Liquid 0,4 l/ha oder Proman 2,0 l/ha. Herbizide mit Chlomazone haben Auflagen:
- NT 127: bei Lufttemperaturen über 25° C keine Anwendung, bei über 20 bis 25° C nur zwischen 18 Uhr und 9 Uhr
- NT 149: Der Anwender muss in einem Zeitraum von einem Monat nach der Anwendung wöchentlich in einem Umkreis von 100 Metern um die Anwendungsfläche prüfen, ob Aufhellungen an Pflanzen auftreten. Diese Fälle sind sofort dem amtlichen Pflanzenschutzdienst und dem Zulassungsinhaber zu melden.
Hilfe für empfindliche Sorten
Eine Tankmischung bewährte sich im frühen VA des vergangenen Jahres gut in metribuzinempfindlichen Sorten und bei triazinresistenten Unkrautarten: Bandur 2,0 l/ha + Boxer 2,0 l/ha + Patoran 2,0 l/ha. Das Mittel Proman ist vorerst nur in mittelfrühen und späten Sorten zugelassen. Spritzfolgen mit verschiedenen Präparaten sind bei starker Trockenheit einmaligen VA-Kombinationen überlegen. Sehr gut wirkt die Spritzfolge mit Bandur 2,0 l/ha im frühen VA und einer Tankmischung mit Boxer 3,0 l/ha und Patoran 2,0 l/ha kurz vor dem Durchstoßen.
Bestens bewährte sich eine Spritzfolge von Teilmengen eines der VA-Mittel. Zum Beispiel mit Bandur 2,5 l/ha gefolgt von Boxer 2,5 l/ha + Sencor Liquid 0,2 l/ha oder Mistral 0,15 kg/ha kurz vor dem Durchstoßen. Bei Bedarf können Landwirte im Nachauflauf (NA) Sencor Liquid 0,3 l/ha spritzen. Das Mittel weist bei später Anwendung eine gute Blattwirkung auf.
Das Splitting von Arcade 2,0 l/ha im frühzeitigen VA und 2,0 l/ha im frühen NA wirkte am besten. Das zeigte ein vierjähriger Versuch der Länder Bayern, Rheinland-Pfalz und Baden-Württemberg. Der Wirkungsgrad bei der Gesamtverunkrautung lag bei 90 bis 100 Prozent über alle Standorte. Metribuzinempfindliche Sorten dürfen aber keinesfalls im NA mit Arcade, Sencor Liquid oder Mistral behandelt werden.
Regeln überarbeitet
Das flüssige Fertigprodukt Arcade enthält die Wirkstoffe Prosulfocarb und Metribuzin. Diese Wirkstoffe sind auch in der Standardanwendung Boxer + Sencor enthalten. Arcade ist flexibler beim Einsatztermin, hat aber eine strengere NT-Natur-Auflage sowie die Drainageauflage NG 405 erhalten. Es ist bis zum 31. Dezember 2026 gegen Ungräser und Unkräuter in Kartoffeln zugelassen.
Arcade ist mit 5,0 l/ha zugelassen im VA (BBCH 0-9) oder im NA (BBCH 10-15). Im Vergleich zum neuen Boxer Sencor Liquid Pack kann Arcade im frühen NA appliziert werden. Die Mitarbeiter des LTZ raten von einer Soloanwendung im frühen NA mit der zugelassenen Menge von 5,0 l/ha ab, da manche Pflanzen das Präparat in dieser Konzentration nicht gut vertragen.
Die Fachleute raten zur Splittinganwendung mit Arcade 2,0 l/ha im VA (Alternativ bei triazinresistenten Melde- und Gänsefußarten Bandur 3,0 l/ha) gefolgt von Arcade 2,0 l/ha im frühen NA bis fünf Zentimeter Wuchshöhe. Durch das lange Spritzfenster nutzen Landwirte die Blattwirkung gegen aufgelaufene Unkräuter mit. Zudem können sie den Spritztermin flexibel an das Niederschlagsmuster anpassen.
Das ändert sich
Neue Regeln gelten für den Wirkstoff Prosulfocarb (siehe BWagrar 10.2017 auf Seite 25), der unter anderem in Arcade und Boxer Sencor Liquid Pack enthalten ist. Zur Begrenzung der Abdrift sind Düsen der Abdriftminderungsklasse 90 Prozent vorgeschrieben. In Baden-Württemberg ist in einem Bereich von fünf Metern um Gewässerrandstreifen der Einsatz und die Lagerung von Pflanzenschutzmitteln verboten, auch von Saumstrukturen muss fünf Meter Abstand gehalten werden.
Landwirte sind verpflichtet, mindestens 300 Liter Wasser je Hektar zu spritzen und die Fahrgeschwindigkeit ist auf 7,5 Stundenkilometer limitiert. Die Windgeschwindigkeit darf im Mittel drei Meter pro Sekunde nicht überschreiten. Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit führt diese Bestimmungen ein, da in der Vergangenheit Wirkstoff in entfernte Flächen eingetragen wurde.
Die Zulassung von Sencor WG lief zum 31. Dezember 2016 aus, deshalb löst 2017 der Boxer Sencor Liquid Pack das Produkt ab. Durch die neue Formulierung nehmen auflaufende Unkräuter den Wirkstoff Metribuzin (Sencor Liquid) besser auf. Deshalb können Anwender die Aufwandmenge im NA reduzieren. Obwohl das flüssige Sencor Liquid weniger Wirkstoff enthält als das granulierte Sencor WG, ist die Aufwandmenge und Wirksamkeit gegen breitblättrige Unkräuter beider Mittel im VA fast gleich. Gegen Floh- und Windenknöterich sowie Stiefmütterchen wirkt Sencor Liquid durch die niedrigere Wirkstoffmenge rund fünf Prozent geringer.
Einsatz im Nachauflauf
Mit der richtigen Zeitplanung können Erzeuger Spritzschäden im NA vermeiden:
- Nach Feuchtephasen ein bis drei Tage mit Spritzen warten. So lange dauert die Regeneration der schützenden Wachsschicht auf dem Blatt bei stabilem, hellem Wetter;
- Nicht bei starken Temperaturschwankungen behandeln, etwa Tagestemperaturen von 25 °C gefolgt von acht °C bei Nacht;
- Nicht zu früh spritzen, um Spätverunkrautungen und erneutes Spritzen zu umgehen,
- Bei zu später Anwendung schirmen die Kartoffelstauden Unkräuter teilweise ab;
Rimsulfuronhaltige Mittel (wie Cato) im NA können den Wuchs von Folgekulturen wie Phacelia und Gelbsenf stören.
Auf trockenen Standorten lohnt sich meist eine Beseitigung von Ungräsern mit reinen Gräsermitteln. Im Stadium mit zwei bis vier Blättern sind Ungräser anfällig. Eine Dauerwirkung gegen Quecke erzielen Gräsermittel wie Fusilade Max, Panarex, Select 240 EC und Radiamix und CramFix mit höheren Aufwandmengen. Das neu zugelassene GramFix entspricht in der Formulierung, im Wirkspektrum und den Indikationen Targa Super.
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